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Entfuehrt

Entfuehrt

Titel: Entfuehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Tyler
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andere auszubilden?«
    »Und mir anhören, wie die Jungs jammern, weil es so hart ist, den Anforderungen zu genügen?«
    »Du hast dich nie beklagt?«
    »Nie jemandem gegenüber, der wichtig war«, sagte er.
    Sie arbeitete rasch. Jetzt befand sie sich auf sicherem Terrain, dort kannte sie sich aus. Sie wusste, wie man half und heilte. »Nach dem, was ich gehört habe, hast du dich nie beklagt.«
    »Du hast die Gerüchte gehört«, meinte er bloß. »Diese Scheißlegenden.«
    »Jedes Gerücht enthält auch ein bisschen Wahrheit.« Sie zog den letzten Knoten zu und schnitt den Faden ab. »Das wäre geschafft.«
    Er öffnete die Augen. »Du verwöhnst mich, Doc. Ich bin es nicht gewohnt, von einer Schönheitschirurgin zusammengeflickt zu werden.«
    »Ich habe gehört, du lässt überhaupt keine Ärzte an dich ran. Bei dieser Naht dürfte keine Narbe zurückbleiben.«
    »Jede Wunde hinterlässt Narben«, sagte er, und als sie ihn ansah, starrte er an die Decke.
    Sie begann, den Verband um seinen Oberkörper zu entfernen. Sobald sie die Wunde freigelegt hatte, stellte sie zufrieden fest, dass die meisten Stiche gehalten hatten.
    Sein Handy klingelte, und er griff danach und führte das Gespräch, während sie ihre Arbeit fortsetzte.
    »Ja? Nein, das ist kein Problem. Ich habe das Paket bereits erhalten«, sagte er. »Ich werde es nicht zurückschicken.«
    Er lauschte einige Sekunden lang aufmerksam, ehe er auflegte. »Du wirst mir weitere Fragen stellen, hab ich recht?«
    »Ja.«
    Er stöhnte. Sie ignorierte es.
    »Warst du schon mal verheiratet?«, fragte sie, weil der Gedanke, Jake mit einer anderen zu teilen, ihr nicht sonderlich gefiel. Auch nicht, wenn diese andere Frau der Vergangenheit angehörte. Sein Schnauben interpretierte sie als Nein.
    »Und was ist mit dir?«, fragte er.
    »Ich war verlobt. Aber es hat nicht funktioniert. Wir haben uns schon vor meiner letzten Reise mit Ärzte ohne Grenzen voneinander entfernt. Wir waren nie so richtig zusammen, denke ich.«
    »War er auch Arzt?«
    »Ja. Ein netter Kerl, aber er hat nie verstanden, was mich nach Afrika gezogen hat. Er hätte es auch nie verstanden, warum ich jetzt für die Navy arbeite.« Sie beendete die Naht, säuberte die Wunde mit etwas feuchter Gaze und wischte das Blut und das Betaisodona fort. Dann lehnte sie sich auf ihrem Stuhl zurück.
    »Ich bin sicher, viele Leute werden den Reiz daran nicht verstehen. Ich meine, du wirst hier bestimmt nicht das gleiche Geld verdienen wie draußen«, sagte er.
    »Darum geht es gar nicht. Auch wenn Onkel Cal ein bisschen auf mich einreden musste, ist mir die Entscheidung schließlich ganz leichtgefallen. Ich habe das Gefühl, es liegt mir im Blut. Mein Vater hat bei der Navy Karriere gemacht. Er ist gefallen. Ich meine, als es passiert ist, war ich noch ziemlich klein, aber ich kann mich daran erinnern.« Sie atmete tief durch. »Wahrscheinlich klingt das ziemlich dumm und idealistisch.«
    Er zögerte einen Moment. Dann fuhr er sich mit der Hand durchs Haar. Noch immer starrte er an die Decke. »Mein Stiefvater ist eine Zeitlang bei den Marines gewesen. Hat zweimal versucht, bei den Kampfschwimmern aufgenommen zu werden, aber er hat’s nie geschafft. Als ich an der Reihe war, habe ich alles gegeben, damit es klappt.«
    Sie wollte sagen: Er muss stolz auf dich sein. Aber kein Wort kam ihr über die Lippen. Weil sie wusste, dass es nicht stimmte.
    Ihr Schweigen dauerte etwas zu lang. Jake wandte ihr den Kopf zu und schaute sie an. Seine Augen hatten die Farbe einer dunklen Gewitterwolke, und sie bekam das ungute Gefühl, er habe das Gespräch absichtlich in diese Richtung gelenkt.
    Seine Lippen waren zu einer schmalen, grimmigen Linie zusammengepresst. Sein Blick versank in ihrem, aber er machte keine Anstalten, sich vom Bett zu erheben. »Du erinnerst dich an alles , was in der Nacht deiner Rettung passiert ist, stimmt’s?«
    »Jake, wenn ich doch bloß …«
    »Antworte mir.« Den Befehlston, der in seiner Stimme mitschwang, konnte sie nicht ignorieren.
    »Ja«, sagte sie. »Lass es mich bitte erklären.«
    »Ich will keine Erklärungen hören. Und ich will niemandem irgendwas erklären müssen.«
    »Ich wusste ja nicht, dass ich ein Niemand bin«, erwiderte sie wütend. Sie beugte sich vor und wollte Jake zu Ende verbinden und dann schleunigst dieses Haus verlassen.
    Aber Jake hatte andere Pläne. Er stützte sich auf einen Ellbogen, umfasste mit der anderen Hand ihren Nacken und zog ihren Kopf zu sich

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