Entfuehrt
sie über Nacht bei ihrem Onkel blieb.
Und trotzdem war er bemüht, sich von dem unguten Gefühl zu befreien, dass Cal zu versuchten schien, ihm seine Arbeit zu erschweren. Aber er konnte das Gefühl nicht abschütteln. Und bisher hatte Jake noch immer auf seinen Instinkt vertraut.
Es gab in seiner Vergangenheit nur einen einzigen Tag, an dem er nicht auf sein Bauchgefühl gehört hatte, und damals war er fast ums Leben gekommen. Nein, ganz so stimmte es nicht. Er hatte auf seinen Instinkt vertraut, doch war er Steve trotzdem in die Wohnung gefolgt, damit das geschah, was vermutlich hatte geschehen müssen.
Letztlich war aber sein Überlebenswille stärker gewesen.
Sein Handy klingelte erneut, als er auf den Parkplatz der Bar fuhr, die sich am anderen Ende der Stadt befand.
Dad.
»Hast du es neulich heil nach Hause geschafft?«, fragte Jake. Er hoffte, damit alle weiteren Fragen abzuwehren. »Wir haben dir Nachrichten hinterlassen, aber wir haben nichts mehr von dir gehört. Wir haben uns Sorgen gemacht.«
»Versuch bloß nicht, mich mit diesem umgekehrten Psychologiescheiß auszutricksen, junger Mann. Würdest du mir bitte sagen, was mit dir los ist?«
»Nichts ist los.«
»Jake …«
»Ich kann darüber nicht reden.«
»Du kannst nicht, oder du willst nicht?«
»Unter normalen Umständen halbe-halbe, aber in diesem Fall kann ich wirklich nicht darüber reden.«
»Also gut. Ich weiß nur, dass du keine Überraschungen magst.«
»Von welcher Art Überraschung redest du?«, wollte Jake wissen. Er sprach leiser, weil er gerade die ungewöhnlich ruhige Bar betrat.
»Ich habe gedacht, du wolltest nicht darüber reden.«
»Ich kann nicht. Aber ich kann dir zuhören.«
»So funktioniert das aber nicht«, erklärte ihm sein Vater. »Tu mir nur einen Gefallen: Du darfst dein Bauchgefühl nicht ignorieren.«
Jake seufzte. Er legte auf, schüttelte über die Scharfsichtigkeit seines Vaters den Kopf und fragte sich, ob Chris wohl auch schon durchschaute, was er tat. Zum Glück waren seine Brüder heute Nacht auf dem Stützpunkt, weil sie an einer Übung teilnahmen.
Dieses Mal war Jake sich nicht zu schade, auf sein Bauchgefühl zu hören. Er hätte sich belügen und so tun können, als sei sein Interesse an dem Söldner namens Rafe rein beruflicher Natur. Doch das machte er sich nicht vor. Für ihn war Isabelle weit mehr als bloß ein Job, und er hatte den Großteil der vergangenen Nacht damit zugebracht, sich zu zwingen, nicht darüber nachzudenken, was er dem Mistkerl antun würde, wenn er ihm zu nahe kam. Denn wenn er das zuließ, würde er die Kontrolle verlieren.
Je näher Jake ihr kam, umso mehr hasste er es, sie zu belügen. Es passte nicht zu ihm, jemanden anzulügen. Das hatte es noch nie.
Er hatte alle Möglichkeiten ausgeschöpft, hatte alle möglichen Szenarien durchgespielt. Rafes Akten hatten eine hohe Sicherheitseinstufung, sodass es fast schien, als existiere der Mann überhaupt nicht. Zum Teil aus Sicherheitsgründen, zum Teil weil man so abstreiten konnte, dass er dazugehörte. Das übliche Vorgehen bei den Special Forces.
Er hatte einen anderen Weg einschlagen müssen. Darum hatte er beschlossen, sich mit Nicks Kontaktmann in Verbindung zu setzen. Der Mann hieß Clutch, und vielleicht konnte er ihm weiterhelfen.
Clutch war bei Delta als Scharfschütze eingesetzt worden und nahm inzwischen private Aufträge an, seit er entdeckt hatte, wie viel Geld ihm seine Fähigkeiten auf dem freien Markt einbrachten. Wenn es irgendjemand gelingen konnte, Rafe aufzutreiben, dann vermutlich Clutch.
Ein Söldner, der in Afrika untertauchen wollte, konnte das ohne Probleme tun. Die Fähigkeiten eines ehemaligen Soldaten der Special Forces waren umfassend. Auch Rafe fand wahrscheinlich mehr als genug Aufträge.
Nick hatte Clutch vor Jahren kennengelernt, als sein altes Team und Clutchs Delta-Team bei einer Mission zusammengearbeitet hatten. Nick hatte außerdem letztes Jahr einen geheimen Auftrag für Clutch erledigt. Aber seit Kenny ihn und auch Chris und Jake gewarnt hatte, sie sollten keine unnötigen Risiken eingehen, hatte er nicht mehr für Clutch gearbeitet. Zumindest soweit Jake wusste. Sein Bruder redete aber immer wieder davon, wie es wäre, sich Clutch anzuschließen, sobald seine Zeit bei den SEALs vorbei war. Chris versuchte, Nick dieses Vorhaben auszureden. Er sollte sich vor allem nicht auf den Söldnerscheiß einlassen, solange er noch bei der U.S. Army unter Vertrag stand. Aber er
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