Enthuellung
zurückzukehren, und folgt mir hinein, lässt aber die Tür offen. »Können Sie sie schließen?«, frage ich und bedauere die Bitte fast sofort. Plötzlich sind wir zusammen in einem winzigen Büro, und wir sind uns dessen beide bewusst. Am liebsten würde ich weglaufen. »Ich habe gesehen, dass Sie sich heute mit Alvarez getroffen haben.«
Er lehnt sich an die Tür und verschränkt die Arme vor der Brust. »Wir haben einige geschäftliche Angelegenheiten zum Abschluss gebracht.«
Er lässt mich absichtlich warten, ehe er mich richtig informiert.
»Hat er nichts über mein Treffen mit ihm gesagt?«
Er verzieht die Lippen. »Er hat mir gesagt, ich solle Sie nicht verderben, so wie ich Rebecca verdorben habe.«
Für einen Moment bin ich sprachlos. »Und Sie haben ihm was gesagt?«
»Ich habe ihm gesagt, dass Sie selbst durchaus in der Lage sind zu entscheiden, wer Sie verdirbt.«
Ich nehme an, das ist ein Kompliment. Oder auch nicht. Bei Mark weiß ich das nie so recht. »Er hat mich gebeten, mit ihm Kaffee zu trinken.«
»Und hat er während dieses Kaffeetreffens bekommen, was er von Ihnen wollte?«
»Ich weiß nicht, was er von mir will.« Ich klinge so verärgert, wie ich bin. »Sie reden beide so, dass ich es nicht entschlüsseln kann.«
»Nun denn, lassen Sie es sich von mir erklären, Ms McMillan, denn ich bin es offen gesagt müde, Spielchen zu spielen. Er will Rebecca. Er kann sie nicht haben. Er gibt mir die Schuld. Ich hatte gedacht, dass Sie ihm vielleicht helfen könnten, Geschäft und Privatleben voneinander zu trennen. Nachdem ich heute mit ihm gesprochen habe, glaube ich nicht, dass das möglich ist.«
Seine offene Antwort entwaffnet mich. »Nein. Ich denke auch nicht, dass es das ist.«
»Dann werden wir keine Geschäfte mehr mit ihm machen. Manche Dinge, Ms McMillan, lässt man besser sein.« Ich denke sofort an Rebecca, aber er lenkt mich schnell ab, indem er fragt: »Haben Sie heute in der Schule gekündigt?«
»Ja.«
»Exzellent. Dann gehören Sie jetzt ganz mir.« Seine Augen funkeln, und ich weiß, er hat die Worte im vollen Bewusstsein gewählt. »Gute Nacht, Ms McMillan.«
Er dreht sich um, und ich weiß nicht, was über mich kommt, aber ich platze heraus: »Haben Sie es getan?«
Er erstarrt und dreht sich dann wieder um, fixiert mich mit seinem stählernen Blick. »Habe ich was getan, Ms McMillan?«
»Haben Sie Rebecca verdorben?«
»Ja.«
»Und?«, frage ich, weil mir nichts anderes einfallen will.
»Und offensichtlich war es ein Fehler, sonst wäre sie immer noch hier.«
Ich bin mal wieder sprachlos. Ich kann einfach nicht die richtigen Worte finden.
Mark nutzt die Pause, um sich mir mit einer weiteren, unerwarteten Frage anzunähern. »Sie wissen doch, dass Chris durch und durch verkorkst ist, nicht wahr?«
Meine Antwort kommt sofort und ist beschützend. »Sind wir das nicht alle?«
»Nicht so wie Chris.«
Ich frage mich, woher er das weiß. Es könnte der Club sein. Vielleicht eine Freundschaft, die einst bestand und jetzt zerbrochen ist. Es spielt keine Rolle. »Es sind seine Unvollkommenheiten, die ihn vollkommen machen«, gebe ich zurück, und meine Stimme klingt überzeugend.
Sein Blick ist grimmig und durchdringend. »Ich will einfach nicht, dass Sie verletzt werden.«
Da ist eine leichte Brüchigkeit in seiner Stimme, die ich noch nie zuvor bei ihm gehört habe, und ich glaube ihm. »So wie Sie Rebecca verletzt haben?«
Irgendein Gefühl flackert in seinen Augen auf und ist so schnell verschwunden, wie es erschienen ist. Schuld? Schmerz?
»Ja.« Seine Stimme ist sanft, ihr fehlt der unerschütterliche Kommandoton. »Wie ich Rebecca verletzt habe.«
»Ist das der Grund, warum sie fortgegangen ist?«
»Ja.«
Dieser Mann und seine Taten verwirren mich mehr denn je. »Warum versuchen Sie dann, mich auf diesen Pfad zu führen?«
»Sie sind nicht Rebecca, so wenig, wie ich Chris bin.«
Er verlässt mein Büro, und ich starre ihm nach.
Ich trete durch die Vordertür der Galerie und entdecke den 911er am Straßenrand. Die Erleichterung darüber, dass Chris hergekommen ist, trägt kaum dazu bei, mein ungutes Gefühl zu zerstreuen. Ich weiß, dass er sich über mein Treffen mit Ricco aufregen wird.
Die Tür geht auf, und allein sein Anblick bringt mich fast um den Verstand – in einem Augenblick, in dem ich nicht von Chris um den Verstand gebracht werden will. Nicht bei meiner Unsicherheit darüber, wohin dieses Wochenende uns geführt hat.
Ich beuge mich
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