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Enthuellung

Enthuellung

Titel: Enthuellung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Renee Jones
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»Meine Adresse steht bei Ihren Kontakten. Mein Angebot gilt unbegrenzt. Wenn Sie mich brauchen, ist meine Tür offen.«
    Ich hinterfrage seine Motive nicht, denn ich bin nicht in der Gemütsverfassung, um irgendetwas beurteilen zu können. »Das weiß ich zu schätzen.«
    Er mustert mich. »Ich warte, bis Sie sicher im Haus sind.«
    Ich wühle in meiner Handtasche und lasse den Kopf gegen die Tür fallen. »Ich habe meinen Schlüssel nicht.«
    Mark lehnt sich an die Tür, um mich anzusehen. Sein Jackett ist offen, und mir fällt selbst jetzt auf, wie ansehnlich er ist und wie beherrscht. Ich beneide ihn darum. »Kommen Sie mit mir nach Hause«, sagt er. »Erlauben Sie mir, mich heute Nacht um Sie zu kümmern.«
    Ich hebe den Kopf und schaue in seine silbrig grauen Augen, und ein Teil von mir will sich einfach seinem Willen beugen, will sich ihn zu eigen machen. Aber nein. Wenn Chris wüsste, dass ich mit Mark nach Hause fahre, und sei es auch nur, um in einem Gästezimmer zu schlafen, würde ihn das am Boden zerstören. Oder vielleicht auch nicht. Ich entscheide mich dafür zu glauben, dass er mich genug liebt, dass es ihn am Boden zerstören würde. »Das werde ich Chris nicht antun.«
    Mark mustert mich lange, und seine Miene ist so undeutbar wie immer. »Wohin dann?«, fragt er und stößt sich von der Tür ab.
    »Zu Chris’ Apartment …« Mir fällt etwas ein. Abermals wühle ich in meiner Tasche und habe unfassbares Glück. Ich habe Ellas Schlüssel. Ich halte ihn hoch. »Das Apartment meiner Nachbarin. Sie ist außer Landes.« Ich deute auf ihre Tür, schiebe den Schlüssel ins Schloss, und dankenswerterweise öffnet sie sich. Ich knipse das Licht an und drehe mich zu Mark um. »Nochmals vielen Dank.«
    »Sind Sie sich sicher, dass Sie hier zurechtkommen?«
    »Ja. Ganz sicher.«
    Er zögert. »Rufen Sie mich an, wenn Sie mich brauchen.«
    »Das werde ich.«
    Ich beobachte, wie er um die Ecke geht, bevor ich Ellas Apartment betrete und die Tür schließe. Ich lehne mich dagegen und betrachte die flauschige blaue Couch und die dazu passenden, übergroßen Sessel, und ich erinnere mich an Wein und Pizza und lange Gespräche mit Ella. Sie müsste nächste Woche zu Hause sein, falls sie vorhat, in diesem Halbjahr zu unterrichten. Nein, kein »müsste«. Sie wird wieder zu Hause sein. Es wird ihr gut gehen.
    In mir zerbricht etwas. Ich schüttele meine Handtasche ab und suche nach irgendetwas, das mir sagen könnte, dass es ihr gut geht. Ich wühle in Papieren, Schubladen, Schränken. Ich finde nichts. Nicht einmal Fotos von ihr und David. Keine Erwähnung von ihm oder Paris oder einer Hochzeit. Nichts.
    Am Ende lande ich in ihrem Schlafzimmer, und ich lasse mich auf die weiße Daunendecke auf Ellas Bett sinken. Meine Mutter ist tot. Mein Vater ist ein Arschloch, das sich nicht darum scheren würde, wenn ich tot wäre. Dylan ist tot. Ella ist verschwunden. Chris ist verloren. Alle, die ich zu lieben wage, verschwinden.
    Ich stopfe ein Kissen unter meinen Kopf und rolle mich zu einem Ball zusammen. Alleinsein ist die einzig sichere Art zu überleben. Allein tut so viel weniger weh.
    Ich habe ihm gesagt, dass ich es nicht mehr tun kann. Ich kann nicht sein, was ich für ihn sein muss. Er hat gesagt, ich solle das Denken ihm überlassen. Solle ihn entscheiden lassen, was ich sein kann. Dann hat er mir den Rock hochgerissen und sich in mir vergraben. Sobald dieser Mann in mir ist, bin ich verloren. Aber vielleicht ist das das Problem. Ich bin verloren.
    Ich schrecke aus dem Traum hoch, und mein Blick schweift durch Ellas kleines Schlafzimmer. Die Dunkelheit der nächtlichen Stunde umgibt mich. Ein hämmerndes Geräusch lässt mich erneut auffahren, und ich krieche ans Ende des Bettes. Tür. Jemand klopft an die Tür. In mir keimt Hoffnung auf, dass es Chris sein könnte.
    Ich eile zur Tür und bin drauf und dran, sie zu öffnen, aber im letzten Moment komme ich zur Besinnung. »Wer ist da?«
    »Blake.«
    Ich lasse den Kopf gegen die Tür fallen. Verdammt. Verdammt. Verdammt. Verdammt.
    »Lassen Sie mich rein?«, fragt er nach einigen Sekunden.
    »Woher wussten Sie, dass ich hier bin?«
    »Mark meinte, es wäre eine gute Idee, hier nach Ihnen zu suchen.«
    Natürlich. Mark hat es ihm gesagt. Mit einem resignierten Seufzer öffne ich die Tür und stelle fest, dass er sich an den Rahmen lehnt, die Hand über dem Kopf, der lange, dunkle Pferdeschwanz ist nachlässig gebunden. »Chris hat mich beauftragt, nach Ihnen zu

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