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Enthuellung

Enthuellung

Titel: Enthuellung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Renee Jones
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sich wieder öffnen, aber sie tun es nicht, und das aus gutem Grund. Chris muss einen Flieger erwischen. Ich dagegen habe noch mehrere Stunden Zeit, bis ich bei der Arbeit sein muss, und viel zu viel Zeit zum Nachdenken. Ich sage mir, dass ich ins Bett gehen sollte, weil ich kaum geschlafen habe, weiß aber, dass ich nicht einschlafen könnte. Es geht mir einfach zu viel durch den Kopf. Außerdem muss ich auspacken und duschen.
    Ich gehe schnell ins Schlafzimmer, finde mein fast entladenes Handy und krame das Ladegerät aus meinem Koffer. Sobald ich das Handy eingestöpselt und auf den Nachttisch neben dem ungemachten Bett gelegt habe, betrachte ich den Schrank. Ich habe tatsächlich noch nie einen Schrank mit einem Mann geteilt und kämpfe gegen eine Welle des Unbehagens. Ich wehre das Gefühl ab. Ich bin verrückt nach Chris. Die Entwicklung unserer Beziehung macht mich froh. Warum also kämpfe ich gegen eine Art Klaustrophobie, nicht unähnlich dem, was ich in der Lagerhalle gefühlt habe?
    »Das ist doch lächerlich«, tadele ich mich selbst, dann ziehe ich den Reißverschluss an meinem Koffer wieder zu und schnappe mir den Griff. »Du willst diesen Mann. Du willst ihm nahe sein.« Ich rolle den Koffer zum Schrank und knipse das Licht an, und meine Augen weiten sich. Der Schrank ist umwerfend, ein echter Mädchentraum. Er hat die Größe eines kleinen Schlafzimmers mit offenen Borden für Kleidung, die drei Seiten säumen, und nur zwei davon sind mit Chris’ Kleidung belegt.
    Ich hocke mich hin und öffne meinen Koffer. Mein Blick fällt auf den Safe, der in der rechten Wand eingelassen ist, und die Tür ist offen. Chris hat mir die Kombination noch nicht gegeben, und es ist beunruhigend, Rebeccas Sachen einzuschließen, ohne wieder herankommen zu können.
    Ich nage an meiner Unterlippe und starre auf den offenen Koffer hinab, auf die kleine Samtschatulle und die Tagebücher, die auf meinen Sachen liegen. Ich habe Chris versprochen, sie einzuschließen. Also raffe ich die drei Tagebücher und die Schachtel zusammen, trage sie zum Safe und lege sie hinein. Aber ich verschließe die Tür nicht.
    Das vierte Tagebuch ist irgendwo am Bett, wo ich es in der Nacht zuvor liegen gelassen habe, also stehe ich auf und gehe ins Nebenzimmer. Als ich es aufheben will, rutscht es mir aus der Hand und fällt aufgeschlagen zu Boden. Ich greife danach und setze mich aufs Bett, starre auf die aufgeschlagene Seite. Ich kenne diesen Eintrag. Mein Wissen um den Inhalt macht den Drang zu lesen beinahe unerträglich. Ich hole tief Luft und gelobe mir, dass dies das letzte Mal ist, dass ich die Tagebücher anrühren werde, bevor Chris zurückkommt. Ich werde ihn anrufen, bevor er in der Luft ist, mir die Kombination zu dem Safe durchgeben lassen und sie wegschließen. Ich atme aus und beginne zu lesen.
    Heute Morgen hat mich der dumpfe Schmerz meines wunden Hinterns geweckt, ein Beweis für seine Strafe. Ich habe keinen Slip angezogen, als ich mich für die Arbeit angezogen habe, weil ich keine Berührung von irgendetwas auf meiner Haut ertragen kann. Der dumpfe Schmerz hat im Laufe des Tages nachgelassen, aber die Erinnerung an meine Strafe nicht.
    Dennoch habe ich heute mehrere große Verkäufe getätigt, und mein Abend hat mit einer privaten Besichtigung der Sammlung eines berühmten Künstlers geendet. Meine Kunden waren begeistert, ihn persönlich kennenzulernen, und ich verstehe das nur zu gut. Er hat eine sanfte Stärke an sich, die man in seinem Pinselstrich sieht. Er ist die personifizierte Leidenschaft, und ich frage mich, wie es wäre, wenn ein solcher Mann leidenschaftliche Gefühle für mich hätte. Ich frage mich, wie es sich anfühlen würde, wenn wieder Leidenschaft die Triebfeder meines Lebens wäre, statt mich nur zu fragen, wie das neue Spiel aussehen wird. Die Spiele machen keinen Spaß mehr. Sie sind nicht mehr die Flucht, die sie früher einmal waren. Er ist nicht der Meister, der er früher einmal war. Ich habe das Gefühl, als stürzte ich in ein dunkles Loch, und mich hungert nach einer solchen Leidenschaft, wie sie dieser Künstler für das Leben hat. Mich hungert nach mehr … aber ist es nicht das, was mich überhaupt in die Galerie gebracht hat? Ein Hunger nach mehr? Vielleicht ist es das »Mehr«, das die Gefahr ist … denn es scheint nie genug zu sein.
    Ich schlage das Tagebuch zu. Der Künstler, von dem Rebecca geschrieben hat, ist nicht Chris, sage ich mir. Chris würde niemals Fremde zu einer privaten

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