Enthuellung
Besichtigung in seine Wohnung und sein Atelier einladen. Es muss Ricco Alvarez sein, der sich wegen einiger Privatbesichtigungen mit mir treffen will; anscheinend hat er sie früher mit Rebecca durchgeführt. Warum denke ich also immer noch an Chris? Es ist Wahnsinn. »Von Natur aus scheu«, so hat er sich selbst beschrieben. Und auch wenn Rebecca von Chris gesprochen hat, steht nichts in diesem Eintrag oder in irgendeinem anderen, das darauf schließen lässt, dass Rebeccas Geliebter Maler war. Mein Magen krampft sich zusammen, und ich stehe auf und eile zurück zum Schrank. Ich kauere mich auf den Boden vor dem Safe, bevor ich das Tagebuch hineinlege. Dann ziehe ich die Samtschatulle heraus, hebe den Deckel an und starre auf den Farbpinsel und das Bild von Rebecca, das entzweigerissen ist, sodass ich nicht sehen kann, wer mit ihr auf dem Foto war.
»Es ist nicht Chris«, flüstere ich. »Er ist es nicht.«
Mein Handy klingelt, und ich klappe den Deckel zu und schiebe die Schatulle zurück in den Safe. Ich starre das Tagebuch an und lege es ebenfalls in den Safe, dann schließe ich ihn und drehe die Kombinationsscheibe. Ich mache mich selbst verrückt. Das muss aufhören.
Hektisch richte ich mich auf und laufe ins Schlafzimmer, davon überzeugt, dass Chris anruft, und ich komme gerade bei meinem Handy an, als es aufhört zu klingeln. Ein Blick auf das Display sagt mir, dass es tatsächlich Chris war. Ich will gerade auf Wiederwahl drücken, als es erneut klingelt.
»Chris«, melde ich mich sehnsuchtsvoll, setze mich auf die Bettkante und hoffe, irgendetwas in diesem Anruf zu hören, das die Gefühle, die der Tagebucheintrag in mir geweckt hat, auslöscht.
»Wenn dies irgendeine andere Reise aus irgendeinem anderen Grund wäre, würde ich nicht fliegen.«
»Ich weiß.« So unsicher ich gewöhnlich bin, in diesem Moment spüre ich die Verbindung zwischen mir und diesem Mann. »Ich weiß auch, dass das, was du in dem Krankenhaus tust, wichtig ist. Wo bist du jetzt?«
»Wir sind gerade dabei, die Brücke zu überqueren. Ich musste meinen Flug um eine Stunde verschieben, aber ich sollte es immer noch zu allen Terminen schaffen.«
»Ich wusste, dass du deinen Flug nicht mehr kriegst.« Schuldgefühle wegen des Tagebucheintrags steigen in mir auf. »Ich bin schwach geworden«, platze ich heraus. »Ich habe in einem Tagebuch gelesen, nachdem du fortgegangen bist, aber jetzt bin ich fertig. Mehr lese ich nicht. Ich habe alle vier Bücher in den Safe geschlossen, und ich will die Kombination nicht haben. Sag mir einfach, wann du zurückkommst.«
Er schweigt sekundenlang, was mir wie eine Ewigkeit vorkommt. »Sollte ich wissen, was du gelesen hast und was du deswegen über uns oder mich denkst?«
»Nein«, antworte ich entschieden und versuche, ihn und vielleicht auch mich selbst zu überzeugen. »Wichtig ist nur, dass sie jetzt eingeschlossen sind.« Ich umfasse das Telefon fester. »Ich habe dir versprochen, dass ich nichts mehr lesen würde, bis du zurück bist, und habe es doch getan. Es tut mir leid. Ich will nicht, dass du das Gefühl hast, dass mein Wort nichts gilt.«
»Du hast es mir gesagt, obwohl du es mir nicht hättest sagen brauchen«, erwidert er leise. »Das ist wichtig, Sara.«
»Du bist wichtig. Dass du gestern Nacht zurückgekommen bist, um mich zu sehen, und dass du dir um mich und um so viele andere Dinge Sorgen machst, Chris. Ich bin mir nicht sicher, ob ich dir wirklich gesagt habe, wie viel mir all das bedeutet, aber das tut es. Das tut es wirklich.«
»Wenn du gerade versuchst, mich dazu zu bringen, das Taxi wenden zu lassen und zurückzukommen, funktioniert es.« Seine Stimme wird weicher. »Es wird eine Ewigkeit sein bis Samstag.«
»Ja«, stimme ich zu. »Eine Ewigkeit.«
»Umso mehr, weil ich mir um dich Sorgen mache. Ich habe mit Jacob gesprochen, bevor ich gegangen bin. Er wird dir seine Handynummer geben, und wenn du irgendetwas brauchst, rufst du ihn an. Er wird dich sogar zur Arbeit bringen und wieder abholen, wenn du willst, obwohl ich dich gut genug kenne, um zu wissen, dass du dem nicht zustimmen wirst.«
»Nein, aber nach dem, was in der Lagerhalle passiert ist, werde ich mich bestimmt nicht darüber beschweren, jemanden zu haben, den ich anrufen kann, falls ich Hilfe brauche.« Wäre Chris gestern Nacht nicht aufgetaucht, hätte ich niemanden gehabt, an den ich mich hätte anlehnen können, und das war kein gutes Gefühl. »Danke, Chris.«
»Bedank dich bei mir, indem du
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