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Enthüllung

Enthüllung

Titel: Enthüllung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Crichton
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Idee des Schutzes von Individuen war doch nur eine angenehme Fiktion. Denn wenn man es sich genau überlegte, war juristisches Denken engstirnig, kleinkariert und diente dem Selbstschutz – die Art von Denken also, mit deren Hilfe Machtstrukturen zementiert wurden. Und Angst stützte diese Machtstrukturen letztlich nur. Angst half den Männern in Machtpositionen. Und wenn es etwas gab, das Connie Walsh für sich beanspruchte, dann war es die Eigenschaft, keine Angst zu haben.
    Nach langem Nachdenken hob sie den Hörer vom Telefon und wählte eine Nummer. »KSEA-TV, guten Tag!«
    »Ms. Henley, bitte!«
    Jean Henley war eine ausgezeichnete junge Reporterin bei Seattles neuestem unabhängigem Fernsehsender. Walsh hatte schon viele Abende mit ihr verbracht und über die Schwieri g keiten diskutiert, mit denen man konfrontiert wurde, wenn man in den männlich dominierten Massenmedien arbeitete. Henley wußte, wie wertvoll eine heiße Story war, wenn man als Reporterin Karriere machen wollte.
    Diese Geschichte, schwor sich Connie Walsh, wird erzählt werden. Egal wie – sie wird erzählt werden.

    R obert Ely blickte nervös zu Sanders hoch. »Was wollen Sie?« fragte er. Ely war jung, nicht älter als 26, ein durchtra i nierter Mann mit einem blonden Schnurrbart. Er trug Hemd und Krawatte und saß in einer der abgeteilten Arbeitsnischen im hinteren Teil der DigiCom-Buchhaltung im Gower Building.
    »Ich möchte mich mit Ihnen über Meredith Johnson unte r halten«, erklärte Sanders. Ely war einer der drei in Seattle ansässigen Männer auf der Liste.
    »O Gott!« Ely sah sich ängstlich um. Sein Adamsapfel zuckte. »Dazu kann ich nichts sagen, gar nichts.«
    »Ich möchte mich doch nur ein bißchen mit Ihnen unterha l ten«, versuchte Sanders ihn zu beruhigen. »Wird auch nicht lange dauern.«
    »Aber nicht hier!«
    »Dann eben im Konferenzraum«, schlug Sanders vor. Sie gingen den Gang zum kleinen Konferenzraum hinunter, stellten jedoch fest, daß darin gerade eine Sitzung abgehalten wurde. Sanders machte den Vorschlag, sich in die kleine Cafeteria in der Ecke der Buchhaltungsabteilung zu setzen, aber Ely, der von Minute zu Minute nervöser wurde, erklärte, dort würden sie nicht ungestört sein.
    »Ich kann Ihnen wirklich nichts dazu sagen«, wiederholte er ständig. »Es gibt da nichts, wirklich, überhaupt nichts.«
    Sanders war klar, daß er schnell ein ruhiges Plätzchen finden mußte, bevor Ely endgültig Reißaus nehmen würde. Schließlich landeten sie in der Herrentoilette – weiße Fliesen, makellose Sauberkeit. Ely lehnte sich an ein Waschbecken. »Ich weiß nicht, warum Sie unbedingt mit mir reden wollen. Ich kann Ihnen gar nichts sagen.«
    »Sie haben in Cupertino für Meredith gearbeitet, ja?«
    »Ja.«
    »Und vor zwei Jahren haben Sie dort aufgehört?«
    »Ja.«
    »Warum sind Sie gegangen?«
    »Na, warum wohl?« sagte Ely, plötzlich sehr zornig. Seine Stimme hallte in dem gefliesten Raum wider. »Sie wissen doch genau, warum, verdammt noch mal! Alle wissen, warum. Sie hat mir das Leben zur Hölle gemacht.«
    »Was war geschehen?« fragte Sanders.
    »Was war geschehen.« Ely schüttelte angesichts seiner Eri n nerungen nur immer wieder den Kopf. »Jeden Tag, jeden Tag. ›Robert, würden Sie heute ein bißchen länger bleiben, wir müssen noch ein paar Dinge besprechen.‹ Nach einiger Zeit versuchte ich es mit Ausreden. Daraufhin sagte sie: ›Robert, ich bin mir nicht sicher, ob Sie sich dieser Firma gegenüber au s reichend engagieren.‹ Und dann spickte sie meine Leistung s beurteilung mit kurzen Kommentaren, mit subtilen kleinen negativen Bemerkungen. Keine großen Sachen, über die ich mich hätte beschweren können. Aber diese Bemerkungen standen eben da, und es wurden immer mehr. ›Robert, ich glaube, Sie brauchen meine Hilfe. Kommen Sie doch nach Dienstschluß mal zu mir.‹ – ›Robert, besuchen Sie mich doch einfach mal in meiner Wohnung, dann reden wir darüber. Ich halte das wirklich für nötig.‹ Es war – es war grauenhaft. Die Person, mit der ich zusammenlebte, fand das nicht besonders, na ja … Ich steckte damals in einem richtigen Dilemma.«
    »Haben Sie sich über sie beschwert?«
    Ely lachte zynisch auf. »Das soll wohl ein Witz sein! Sie ist praktisch ein Mitglied von Garvins Familie .«
    »Sie haben es also mit sich machen lassen …«
    Ely zuckte mit den Achseln. »Die Person, mit der ich z u sammenlebte, bekam dann einen anderen Job und zog hierher. Da ließ ich mich

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