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Entmündigt

Entmündigt

Titel: Entmündigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Klapsmühle, der ist gut aufgehoben. So schnell entlassen sie keinen!«
    »Vergiß nicht, daß Dr. Budde offiziell mit Gisela verlobt ist und einige Vollmachten hat!« Anna Fellgrub putzte sich den Honigmund mit der Serviette ab.
    »Dann sollte man ihm sagen, daß seine Liebste schizophren ist. Das ist überhaupt ein Gedanke!«
    Ewald Peltzner sprang auf und rannte mit den Armen fuchtelnd um den Frühstückstisch herum.
    »Der Gedanke ist das! Ich werde alle Vollmachten für ungültig erklären lassen! Eine Verrückte kann doch keine Vollmachten geben! Wir werden diesen Dr. Budde aus den Werken hinauskatapultieren. Wie eine Wespe durch das offene Fenster jagen!«
    Triumphierend, schnaufend ließ er sich wieder in den Korbsessel fallen.
    »Ich würde ihn lieber gut abfinden, Onkel.«
    Heinrich Fellgrub zündete sich eine Zigarette an und blies den Rauch in die Sonne hinein.
    »Dieser Budde kennt Geld kaum vom Hörensagen. 20.000 Mark sind für ihn unvorstellbar! Man soll sich keine Feinde schaffen … man soll sie sich kaufen. Das hat, glaub' ich, schon der alte Talleyrand gesagt, und der war ein Meister der Diplomatie!«
    »Könnte von mir sein!« sagte Ewald Peltzner anerkennend und schlug seinem Neffen auf die Schulter, daß er sich verschluckte und husten mußte. »Also gut, wir lassen es darauf ankommen, wie er sich benimmt.« Ewald trank seinen Cognac-Kaffee aus und knöpfte seine Jacke zu. Mit einem straffen Ruck, jetzt ganz Konzernherr, erhob er sich. Unten fuhr der Chauffeur vor.
    »Soll ich nachher in der Klinik anrufen?« fragte Anna Fellgrub.
    Ewald, der schon auf halbem Weg zur Treppe war, fuhr herum.
    »Verrückt! Anrufen! Warum denn? Je weniger wir uns darum kümmern, um so mehr geschieht in unserem Sinn. Bis zur Entmündigung müssen wir uns so unauffällig wie möglich verhalten, falls du das noch nicht begriffen hast, liebe Schwester …«
    »Und wenn dieser Dr. Budde nun keine Ruhe gibt?«
    »Was wird er schon ausrichten!« Ewald Peltzner lachte behäbig. »Er ist ein armer Hund … und die Stimmen der Armen sind stets wie Schreie in der Wüste. Eines Tages wird er heiser sein und aufhören …«
    Es war etwa ein Jahr her, da hatte diese Geschichte mit Gisela und Budde begonnen …
    Über die Bundesstraße 70 schnurrte ein merkwürdiges Auto. Es hatte einen abgehackten Kühler, wippende Kotflügel, knirschende, große Speichenräder, eine Trichterhupe neben der Frontscheibe, runde, auf den vorderen Kotflügeln schwankende Scheinwerfer und einen dampfenden knatternden Auspuff. Fachleute taxierten Modell 1910.
    Der Mann, der dieses großväterliche Auto fuhr, hatte es sich nicht aus Snobismus angeschafft, er hatte es von seinem Onkel geerbt, der es fast 50 Jahre in einem Schuppen voll alten Gerümpels hatte stehenlassen. Erst als der Schuppen abgerissen wurde, entdeckte der alte Herr das Prunkstück von Benz wieder und vermachte es seinem Neffen. Der schmierte, entstaubte, wusch und putzte es drei Tage lang, und als er dann Benzin in den Tank gefüllt, Öl in Motor und Getriebe gegossen hatte und die Handkurbel kräftig drehte, knatterte der Wagen los, als seien gerade ein paar Wintermonate und keine fünfzig Jahre seit seiner letzten Fahrt vergangen.
    Der Mann in diesem Vehikel war guter Laune. Er fuhr in den Urlaub. Er war nach Norderney unterwegs, um drei Wochen im Sand zu liegen, sich zu sonnen, sich von den Wellen peitschen zu lassen oder mit kleinen Motorschiffen hinaus zu den Robbenbänken zu tuckern.
    Hinter Papenburg, wo die Straße auf die Moore führte, drehte er sein Schnauferl auf Vollgas und ratterte durch den Sommertag wie ein ächzender Riesenkäfer.
    Eine Viertelstunde später blieb er mit knirschenden Bremsen stehen. An die Seite gefahren, in einer Ausbuchtung des lichten Waldes, stand ein kleiner weißer Sportwagen. Ein schlankes, blondes Mädchen winkte mit beiden Armen. Es trug enge rote Hosen und einen weißen Pullover.
    Der Autogroßvater ließ sich nicht lange bitten und hoppelte an die Seite des Sportwagens. »Kann ich Ihnen helfen?« fragte der Fahrer.
    »Vielleicht!« Das Mädchen lachte, als sich die Tür des Vehikels quietschend öffnete. »Mir ist das Benzin ausgegangen. Nun sagen Sie bloß nicht: Typisch Frau am Steuer. Wozu gibt's eine Benzinuhr! – Die Uhr muß defekt sein. Sie steht noch auf ein Viertel voll.«
    »Natürlich kann ich Ihnen helfen.« Der Fahrer verbeugte sich korrekt. »Der Wagen ist zwar aus dem Kaiserreich – aber das Benzin ist von heute! Um 7 Uhr

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