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Entrissen

Entrissen

Titel: Entrissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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Meißel, ein Handbohrer. Dann fiel ihr Blick auf die Schraubenzieher, die, säuberlich der Größe nach geordnet, in einer Reihe hingen. Sie nahm den größten von seinem Haken. Der hölzerne Griff war abgenutzt, der Lack stellenweise abgeblättert, aber noch stabil. Der Metallschaft war trotz Rostflecken nach wie vor intakt. Sie prüfte das Ende. Flach und scharf. Das musste reichen.
    Sie hielt ihn fest in der Rechten. Dann sah sie sich weiter um. Der Raum, in dem sie sich befand, schien keinen Ausgang zu haben. Der einzige Weg war der Tunnel, aus dem das Licht kam.
    Das Herz hämmerte in ihrer Brust. Das Stechen im Unterleib war immer noch da, aber sie verbot sich jeden Gedanken daran, ob mit dem Baby vielleicht etwas nicht stimmte. Sie wusste nur, dass sie seine Mutter war und es beschützen musste.
    Eine Mutter. Es war das erste Mal, dass sie sich als solche gesehen hatte.
    Sie fasste den Schraubenzieher so fest sie konnte und kroch langsam den Tunnel entlang auf das Licht zu.
     
    Das Einsatzteam hatte sich in Bewegung gesetzt.
    Der Wagen, in dem Phil und Anni saßen, führte die Fahrzeugkolonne an. In Colchester hatten sie noch Sirenen und Blaulicht eingesetzt, um den restlichen Feierabendverkehr so schnell wie möglich hinter sich zu lassen. Auf den schmaleren Straßen außerhalb der Stadt genügte ihre bloße Präsenz, um glatt durchzukommen.
    Phil saß auf der Rückbank. Er studierte eine Karte von Wrabness und bereitete sich innerlich auf den Einsatz vor. Er versuchte dabei nicht an Marina zu denken. Doch er konnte sich nicht richtig konzentrieren und seufzte. Es war immer dasselbe. Eigentlich war er für solche Einsätze ausgebildet. Er hatte gelernt, innerhalb von Sekundenbruchteilen eine Situation zu erfassen und Entscheidungen zu treffen. Aber jeder Einsatz war anders. Er konnte die Karte anstarren und sich mögliche Szenarien überlegen, so lange er wollte. Letztlich war es sinnlos. Erst wenn er vor Ort war, mitten in der Situation, wusste er wirklich, was zu tun war.
    Er warf einen Blick zu Anni hinüber, die neben ihm saß. Seit sie eingestiegen waren, hatte sie kein Wort gesagt. Zweifellos war auch sie dabei, sich vorzubereiten.
    »Alles in Ordnung?«, wollte er wissen. »Schaffen Sie das?«
    Verdutzt blickte sie ihn an, als habe er sie gerade von weit her geholt. »Klar. Alles bestens.«
    »Sicher?«
    Sie nickte. Phil spürte, dass sie noch mehr sagen wollte, und wartete.
    »Ich versuche bloß ...«, sagte sie. »Versuche, das alles zu begreifen. Clayton. Und jetzt das hier.« »Sie sind bestimmt erschöpft.«
    »Total am Ende. Koffein, Zucker und Adrenalin - das ist alles, was mich im Moment am Laufen hält. Aber das habe ich gar nicht gemeint. Es ist bloß ... jetzt funktionieren wir. Aber morgen, übermorgen, wenn wir wieder runtergekommen sind - was ist dann?«
    Phil zuckte mit den Schultern und versuchte, locker zu wirken. In Wahrheit hatte er sich bereits eine ähnliche Frage gestellt. »Dafür gibt es psychologische Betreuung.«
    Anni nickte. Seine Antwort schien sie beruhigt zu haben, und sie schwieg wieder.
    Phil mochte nicht daran denken, was morgen oder in ein paar Stunden sein würde. Er mochte nicht einmal daran denken, was sie im Begriff waren zu tun. Und vor allem mochte er nicht an Marina denken.
    Was ihm natürlich nicht gelang.
    Als Kind hatte er in einem Comic eine Geschichte über einen Oberbösewicht gelesen, der jede Menge verschiedene Superkräfte besaß. Aber sobald der Held an eine ganz bestimmte Superkraft dachte, ging sie ihm verloren. Genauso ging es ihm mit Marina. Wenn er sich all die Dinge vorstellte, die ihr schrecklicherweise zustoßen könnten, dann würden sie hoffentlich nicht passieren.
    Nein, an morgen konnte er nicht denken. Für ihn gab es jetzt nur noch ein einziges Ziel: einen Mörder zu fassen und Marina und Caroline Eades' kleine Tochter in Sicherheit zu bringen. Und Marinas Baby. Aber bis zur Geburt waren es noch Monate ... Ein Schauer durchlief ihn. Vielleicht hatte Hester sie bereits verschleppt, war mit ihr irgendwohin geflohen, wo sie sie niemals finden würden. Bitte nicht. Er konnte nicht... er würde die Hoffnung nicht aufgeben.
    Es war eine Hoffnung, an die er sich mit aller Macht klammerte, während der Konvoi von Polizeifahrzeugen sich Wrabness näherte.
     

78
     
    Hester hob das Baby aus der Wanne und sah es an. Es hatte die Augen zusammengekniffen und schrie immer noch.
    »Zeit zum Schlafengehen«, sagte sie.
    Sie hielt das kleine Mädchen

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