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Entrissen

Entrissen

Titel: Entrissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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geholfen, sein Geschäft aufzubauen. Der Großteil der Arbeit, vor allem das Aufstellen von Businessplänen, war dabei ihr zugefallen. Aber als sie schwanger geworden war, hatte sich alles geändert. Sie hatte sich auf die Rolle als Mutter und Hausfrau konzentriert, und Graeme hatte weiter an seiner Karriere gebastelt. Bald war seine Firma, eine Personalvermittlung, so erfolgreich, dass er expandieren konnte. Irgendwann hatte er sie an einen größeren Konkurrenten verkauft und sich aus der Unternehmensleitung zurückgezogen, doch er kümmerte sich noch um die Niederlassung in Colchester. So hatten sie sich das neue Haus, zwei große Autos und eine Privatschulausbildung für die Kinder leisten können.
    Und nun noch ein Baby.
    Es war zwar ungeplant, aber - zumindest was Caroline betraf - ein Wunschkind gewesen. Denn wenn sie ganz ehrlich war - und wenn sie wie jetzt im Bett lag und in die Dunkelheit starrte, während der Rest der Welt schlief, konnte sie ganz ehrlich sein -, hatte sie nichts anderes. Ihre Freundinnen, mit Ausnahme der Frauen aus dem Yogakurs, sah sie seit dem Umzug kaum noch. Ihre zwei Kinder behandelten sie wie ein Dienstmädchen. Ihr Mann zeigte ihr die kalte Schulter.
    Ja, sie sehnte sich regelrecht nach dem neuen Baby.
    Wieder blickte sie zu Graeme. Dem Mann, dem sie all ihre Träume und Wünsche geopfert hatte. Dem sie ihr Herz und ihre Seele geschenkt hatte. Ihr Romeo von einst, aus dessen Mundwinkel nun ein Speichelfaden troff.
    Hoffentlich hatte er keine Affäre. Denn das würde bedeuten, dass das Baby tatsächlich alles war, worauf sie sich in absehbarer Zeit freuen konnte. Bitte lass ihn keine Affäre haben ...
    Wieder versetzte das Baby ihr einen beherzten Tritt. Caroline wälzte sich herum und seufzte. Es würde wieder mal eine dieser Nächte werden.
     

29
     
    Phil saß in seiner Wohnung auf dem Sofa und nahm einen Schluck von seinem Bier. Er behielt ihn eine Weile im Mund, bevor er ihn schließlich, den Kopf zurückgelehnt, die Augen geschlossen, herunterschluckte. Auf dem Tisch vor ihm standen die Reste eines Essens vom Inder, auf der Stereoanlage lief Elbow. »The Loneliness of a Tower Crane Driver«. Er seufzte, während er Guy Garvey lauschte, der davon sang, dass es ein langer Weg nach unten war.
    Als er nach Hause gekommen war, hatte er den Kopf voll gehabt mit dem Fall und insbesondere Fenwicks unrühmlichem Auftritt. Eine kurze Runde auf seinem Heimtrainer hatte diese Gedanken vertrieben. Und nun, während er sich eigentlich Ermittlungsansätze und Strategien für den morgigen Tag hätte überlegen sollen, dachte er an Marina. Nur an Marina.
    Dass sie so sang- und klanglos aus seinem Leben verschwunden war, hatte ihm das Herz gebrochen. Er hatte sich vollkommen verloren gefühlt. Und wie sie es getan hatte: Sie hatte ihn einfach ausgeschlossen, und das nach allem, was sie einander bedeutet hatten. Kein Anruf, keine SMS, keine E-Mail, nichts. Als wäre er für sie gestorben.
    Seine Gefühle hatten all die typischen Stadien durchlaufen: Zuerst war da Unverständnis wegen ihres Verhaltens gewesen. Dann ein schlechtes Gewissen, weil sie ihn vielleicht für die Sache mit Martin Fletcher verantwortlich machte. Darauf folgte Ärger, weil sie ihm keine Gelegenheit gab, zu erklären, weshalb ihn keinerlei Schuld traf. Dieser Ärger war schließlich in Zorn übergegangen, und er hatte versucht, sie zu hassen und sich einzureden, dass sie nichts für ihn war - und war kläglich damit gescheitert. Dann war irgendwann nur noch eine dumpfe Leere übriggeblieben, als ihm klar wurde, dass er den Rest seines Lebens ohne sie würde verbringen müssen. Während all der Zeit hatte er immer wieder die Gespräche mit ihr in seinem Kopf ablaufen lassen und sich sogar neue ausgedacht, die vielleicht hätten stattfinden können.
    Das Klingeln des Telefons riss ihn jäh aus seinen Gedanken.
    Er sprang auf und nahm ab. Zuerst dachte er, es sei vielleicht Marina, bis er einsehen musste, wie idiotisch dieser Wunsch war. Vermutlich war es bloß jemand vom Revier mit einem Update. Oder es war ein weiterer Mord geschehen.
    Alles, nur das nicht...
    Wie sich herausstellte, war es weder das eine noch das andere.
    »Hallo, Sohn.«
    Phil entspannte sich. Eileen, seine Adoptivmutter.
    »Eileen, hi.« Er schnappte sich die Fernbedienung und stellte den Ton an der Anlage ab. »Wie geht es dir?«
    »Ausgezeichnet. Don lässt dich schön grüßen.«
    Phil hatte ganz vergessen, dass Dienstag war. Normalerweise rief er

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