Entscheidung auf Tortola
geleitet wird, auch mal einen Tag ohne den geschätzten Chef auskommt.”
Als Lacey aufstand und ihr T-Shirt herunterzog, begegnete sie Steves wütendem Blick.
“Ich gehe jetzt”, erklärte sie.
“Vielen Dank für das Frühstück.” Steves zornige Stimme verriet, dass er es bereits bereute, sich von ihr bedienen lassen zu haben.
“Vielen Dank, dass Sie Steve versorgt haben”, sagte Sally. Ihre Augen funkelten belustigt, obwohl sie sich um einen ernsten Ausdruck bemühte.
“Jetzt brauche ich mich nicht mehr um ihn zu kümmern. Sie sind ja da”, erklärte Lacey.
“Ich bin kein Kind mehr.” Steve schlug mit der Gabel auf den Tisch.
“Du benimmst dich aber so.” Lacey war versucht, ihm wieder die Zunge herauszustrecken. Aber dann fiel ihr ein, wozu diese Reaktion beim ersten Mal geführt hatte, und so wiederholte sie nur: “Ich gehe jetzt.” Sie nickte Mrs. Carmichael freundlich zu.
“Ich bleibe ein oder zwei Tage hier, Lacey, und da sehen wir uns doch hoffentlich noch einmal.”
Lacey lächelte nur und nickte nochmals, denn sie wollte sich nicht festlegen. Ohne sich von Steve zu verabschieden, drehte sie sich um und ging zur Hintertür hinaus.
Damit ist meine Chance, Steve näherzukommen, vertan,
dachte sie. Von nun an würde seine Mutter ihn versorgen, und in wenigen Tagen würde Kyle Lincoln ihm einen Gehgips verpassen. Danach brauchte Steve niemanden mehr und würde allein fertig werden.
Diese Überlegungen deprimierten Lacey, und sie versuchte, sich zusammenzureißen. Sie war hier, um ihre Ferien zu genießen, und es war höchste Zeit, dass sie Steve Carmichael aus ihren Gedanken verbannte.
An diesem Tag ging sie nicht mehr hinüber zu Steves Haus. Sie sah, dass der Wagen seiner Mutter noch immer in der Einfahrt parkte, und so wusste sie, dass Sally für Steve kochen und ihm seine Medizin geben würde. Trotz ihres Vorsatzes, nicht mehr an ihn zu denken, hätte Lacey sich zu gern nach seinem Befinden erkundigt. Aber sie mochte nicht hinübergehen und fragen. Steve würde es als aufdringlich empfinden und doch nur glauben, dass sie allein seines Geldes wegen an ihm interessiert war. Noch immer stellte er alle Frauen auf eine Stufe mit Elizabeth.
Lacey hatte durchaus Verständnis für Steves Misstrauen ihr gegenüber. Es musste entsetzlich sein, wenn er von seinen Mitmenschen ständig wegen seines Reichtums umschmeichelt und nicht um seiner selbst willen geliebt wurde.
Am nächsten Nachmittag saß Lacey wieder in ihrem Garten im Schatten des Mimosenbaumes. Den Kriminalroman hatte sie zu Ende gelesen, und jetzt begann sie ein Buch über die Geschichte von Barbados.
“Guten Tag. Darf ich auf einen Plausch herüberkommen?” Sally Carmichael stand am Rand des Gartens neben der Steinmauer.
“Gern. Setzen Sie sich zu mir. Möchten Sie einen Eistee?” Lacey hatte ein großes Glas neben sich im Gras stehen.
“Nein danke. Wir haben gerade gegessen. Ich störe Sie doch hoffentlich nicht?” Sally war näher gekommen und zeigte auf das Buch.
“Nein. Nehmen Sie doch Platz.” Lacey schloss das Buch und legte es neben das Teeglas. “Wie geht es Steve?”
Sally streckte sich seufzend auf der Liege neben Lacey aus. “Er arbeitet. Ich habe mich geweigert, ihn in die Stadt zu fahren, und daher hängt er jetzt am Telefon. Der Hörer scheint an seinem Ohr angewachsen zu sein.”
“Dann geht es ihm offensichtlich besser”, bemerkte Lacey.
“Nein, ich glaube, er hat noch immer starke Schmerzen, aber er will sich davon nicht unterkriegen lassen. Er nimmt seine Arbeit sehr ernst, und auch eine solche Kleinigkeit wie dieser Sturz hält ihn nicht auf.”
“Er hat Glück gehabt, dass er sich nicht schlimmer verletzt hat.” Lacey schauderte bei der Vorstellung, dass Steve sich das Genick hätte brechen können.
“Ja, das hat er”, stimmte Sally zu. “Ich hätte ihn zu gern von der Arbeit abgehalten, aber das ist unmöglich. Steve ist sehr pflichtbewusst und glaubt, dass die Firma ohne ihn nicht läuft.”
“Handelt es sich um einen Familienbetrieb?” Lacey streckte sich auf ihrer Liege aus.
“Ja, die Firma hat meinem Vater gehört”, erzählte Sally. “Als er starb, hinterließ er meinem Mann und mir einige Anteile, doch der Mehrheitsanteil wurde Steve übertragen. Mein Vater hatte die Firma in den letzten Jahren seines Lebens nicht sehr gut geführt, aber unter Steves Leitung hat sie einen beträchtlichen Aufschwung genommen. Er verdient jetzt gutes Geld damit, aber dafür arbeitet er
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