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Entscheidung der Herzen (German Edition)

Entscheidung der Herzen (German Edition)

Titel: Entscheidung der Herzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Thorne
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zurückgelassen, einer Frau, die das volle Vertrauen des Priesters genoss und überdies fünf eigene Kinder groβgezogen hatte. Jane war sich sicher, dass ihr Junge bei ihr in guten Händen war und trotzdem spürte sie seine Abwesenheit wie einen kalten Hauch.
    Sie eilten die letzten Meter auf leisen Sohlen, überquerten, vom Schlossgarten kommend, an dessen Mauern sie sich dicht gepresst hielten, den Hof. Der Priester zog einen rostigen Schlüssel aus den Tiefen seiner Kutte, schloss die Tür auf und sie verschwanden just in dem Augenblick in der kleinen Kapelle, als sie von drauβen sich nähernde Schritte hörten.
    Es war schwer, sich in der nachtschwarzen kleinen Kapelle zurechtzufinden, doch Jacob hatte Jane an die Hand genommen und zog sie hinter den Altar, der von einem mannshohen mit einer Jesusstatue versehenen Kreuz, bedeckt war.
    »Kniet Euch hin«, raunte er. »Und haltet alles bereit.«
    »Ich bin bereit«, flüsterte Jane zurück.
    Im selben Augenblick wurde die Kirchentür geöffnet und Sir Baldwin betrat die Kapelle. Er entzündete ein einziges Talglicht, trug es vor sich her bis zum Altar, dann kniete er nieder und löschte das Licht. »Ein gerechter Mann braucht kein Licht, wenn er mit seinem Herrn spricht. Man sollte die Gaben des Herrn nicht vergeuden.«
    Sir Baldwin hatte die Worte nicht laut gesprochen, doch in der Stille der Kapelle hallten sie von den hohen Wänden wieder, sodass Jane ein Schauer über den Rücken lief. Sie spürte die Nähe des Priesters und griff nach seiner Hand. Ja, sie hatte Angst. Groβe Angst sogar. Doch um nichts in der Welt hätte sie anders handeln wollen.
    Ich tue nichts Schlechtes, lieber Gott, dachte sie. Du weiβt, dass es so ist. Gib mir Kraft und Mut.
    Der Priester erwiderte ihren Händedruck und legte vorsichtshalber noch einmal einen Finger an seine Lippen, um Jane daran zu erinnern, dass sie unbedingt schweigen musste.
    »Lieber Gott«, hörten sie Sir Baldwin laut sagen. »Ich bin es wieder, dein Sohn und Diener.«
    Er lachte meckernd und in der Kapelle hallte wie ein Gelächter aus der Hölle zurück.
    »Auch heute, mein Gott, habe ich mich wieder bemüht, einer deiner Gerechten zu sein. Du hast mich genarrt, nicht wahr, Herr mein Gott? Du warst es, der mir die Frau ins Haus geschickt hat, die der Schlampe aus London so sehr ähnelt. Du hast mich in Versuchung geführt, doch ich habe widerstanden. In London habe ich getan, was du von einem deiner Gerechten verlangt hast. Ich habe das ungehorsame Weib Gehorsam gelehrt, habe ihr die Sünde und Triebhaftigkeit aus den Lenden gestoβen, damit ihr Schoβ für immer versiege und nicht weitere Gerechte in Versuchung führe. Meinen Samen habe ich in sie gepflanzt, damit der Spross, der aus der Saat hervorgeht, ihr täglich vor Augen ist und zur Mahnung dient. Und du, Herr, hast mir heute ein Zeichen gesandt, indem du eine Frau schicktest, die der Sündigen aufs Haar glich. Sogar ein Kind trug sie bei sich. Du hast mich erschreckt, aber ich habe den Schrecken sogleich überwunden und über dein Zeichen nachgesonnen. Du hast mir die Frau mit dem Kind geschickt, um mir zu zeigen, dass ich in London recht gehandelt habe. Gerecht und in deinem Namen. Ich danke dir, mein Gott, dass du mich mit solch groβen Aufgaben betraust.«
    Demütig senkte Sir Baldwin den Kopf. Als er wieder aufsah, stieβ er einen Schrei aus, der bis in die Küche des Schlosses drang und der alten Anne das Blut in den Adern gefrieren lieβ.
    Mit vor Entsetzen weit aufgerissenen Augen starrte Sir Baldwin auf den Altar, auf den gekreuzigten Sohn seines geliebten Herrn, um dessen Haupt, das einst die Spottkrone trug, sich ein heller Feuerschein gebildet hatte.
    Fassungslos starrte Baldwin auf die Erscheinung, dann stammelte er, am ganzen Körper zitternd, das Vaterunser:
     
    »Vater, der du bist im Himmel,
    geheiligt werde dein Name,
    dein Reich komme,
    dein Wille geschehe
    wie im Himmel so auf Erden.
    Unser täglich Brot gib uns heute
    und führe uns nicht in Versuchung,
    sondern erlöse uns von dem übel,
    denn dein sei das Reich und die Herrlichkeit,
    in Ewigkeit,
    Amen.«
     
     
    Das Amen klang wie ein Schluchzen, wurde zum lauten Zähneklappern, als plötzlich eine dunkle Stimme ertönte, die bis in den letzten Winkel der kleinen Kapelle drang und sich in der Stille der Nacht gar schauerlich anhörte.
    »Für einen Gerechten Gottes hältst du dich, Erdenwurm?«, donnerte die Stimme. Sir Baldwin riss den Mund auf, konnte nur stammeln, fand

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