Entscheidung der Herzen (German Edition)
einfach keine Worte. Es hatte ihm die Sprache, die Stimme verschlagen, als er den ersten Ton vernahm, der durch die Kirche wie die Trompetenstöβe Jerichos hallte.
»Ich … ich … oh, mein Gott…«, stammelte er und rang die Hände, blickte sich hilflos um, wäre am liebsten geflohen, doch seine Beine waren wie festgeklebt.
»Antworte!«
»Ich habe getan, was du mir aufgetragen hast, Herr.«
Sir Baldwins Stimme kam einem heiseren Flüstern gleich, war kaum zu verstehen.
»Jetzt ist die Zeit, alles zu bekennen«, donnerte die Stimme weiter. »Jetzt halte ich Gericht mit dir. Offenbare dich, dann sei dir vergeben. Hast du in Gottes Namen gehandelt, als du die Ardens von ihren Gütern vertrieben hast?«
»Ich … ich wollte doch nur… «
»ANTWORTE!«
»Sie sind Katholiken«, widersprach Sir Baldwin zaghaft, aber doch schon wieder ein wenig trotzig.
»Wer hat dir gesagt, dass Katholiken schlechter sind als Puritaner? Hast du dich selbst an Gottes Stelle gesetzt, als du ihnen nahmst, was er ihnen einst gegeben hat? Und was ist mit den Jourdans? Wie bist du mit ihnen verfahren?«
»Sie haben gegen Cromwells Gesetz gehandelt.«
»Hast du vergessen, dass du nur dem Gesetz der zehn Gebote verpflichtet bist?«
Die Stimme hatte an Stärke zugenommen und auch Sir Baldwins Zittern war nicht schwächer geworden. Doch jetzt warf er sich vor dem Altar auf den Boden und begann zu winseln: »Ich habe nur getan, was du mir befohlen hast.«
»Du hast über zwei Familien Leid gebracht, hast ihnen Besitz und Ehre geraubt. Obendrein hast du in London ein Mädchen geschändet, welches noch Jungfrau gewesen war. Ist das so?«
»Ich gestehe alles, Herr. Alles will ich gestehen und bereuen. Doch ein Mann muss sich auch an die Gesetze des Landes halten. Ich bin ein Diener zweier Mächte. Herr, was hätte ich tun sollen?«
»Ein Nichts bist du, Baldwin Humbert, ein Nichts. Du bist kein Gerechter Gottes, du bist das schwärzeste Schaf seinerHerde. Gehe und bereue deine Sünden, ehe andere sich deiner annehmen.«
»Ja, Herr, ich verspreche es. Alles, was Ihr wollt, verspreche ich. Ich werde gehorsam sein wie der gehorsamste Eurer Diener. Alles werde ich tun, um Euch zu gefallen. Ein rechter Puritaner bin ich. Ja, Herr, ja …, das bin ich. Ich schwöre bei Eurem Namen, dass ich das bin.«
Die Worte sprudelten schneller aus ihm hervor als er denken konnte. Die Angst hatte sein Hirn vollständig vernebelt und seine Knochen zum Schlottern gebracht. Doch jetzt, im Angesicht der Reue, die er zu empfinden bereit war, funktionieren seine Beine und Füβe wieder tadellos. Er raffte sich auf, lieβ seinen Umhang an Ort und Stelle liegen und floh aus der Kirche, als wären alle Teufel der Hölle hinter ihm her.
Er rannte, so schnell er konnte, durch den Mittelgang der Kapelle und schrie dabei in einem fort: »Ja, Herr, ich tue es. Alles, was Ihr wollt. Euer gehorsamster Diener, Herr!«
Dann hatte er die Kirchentür erreicht. Er griff nach der Klinke, als wäre sie ein Rettungsanker, warf sich mit dem ganzen Gewicht gegen die Tür, die knarrend nachgab und stürzte so schnell ins Freie, dass er hinfiel. Doch er rappelte sich geschwind und noch bevor die Tür ins Schloss gefallen war, wieder hoch und hetzte über den Schlossplatz. Das Letzte, was Jane und Jacob von ihm sahen, waren die fliegenden Schöβe seines Wamses.
»Puh, das hätte auch schiefgehen können«, sagte Jane und lachte still in sich hinein.
»Er ist ein feiger Mann«, erwiderte Jacob. »Er beugt sich jedem, der stärker ist als er.«
Er blickte Jane an, die noch immer das Licht in der Handhielt, mit dem sie dem Jesus am Kreuz einen Kranz aus loderndem Haar gezaubert hatte.
»Ich danke Euch, Jane, Wahrsagerin der Jourdans. Ich danke Euch sehr. Ohne Euch hätte ich mich wohl für den Rest meines Lebens in meiner Kate vergraben und mit Gott gegrollt. Ihr wart es, die mir gezeigt hat, dass Mut und Kampfeswille noch jeden Gegner in die Flucht schlagen.« Er schwieg, betrachtete die Frau vor sich und sah sie erst jetzt richtig an. Er sah das schmale Gesicht, die warmen, freundlichen Augen.
»Ich danke Euch«, wiederholte er. »Ihr habt mir das Leben gerettet.«
»Hört auf, Jacob. Als ich Euch heute traf, wart Ihr gesund und Euer Leben von niemandem bedroht. Und daran hat sich doch wohl bis jetzt nichts geändert.«
»Ihr habt mir das Leben wiedergegeben. Habt den Mut und die Freude in mir wieder erweckt. Dafür habt Dank.«
Jane schüttelte leicht den Kopf. »Wir
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