Entscheidung der Herzen (German Edition)
alte Mann ihm tröstend zurufen konnte. Dann wurde Jonathan von Sir Baldwin ins Haus geschleppt.
Wenig später schon kam Baldwin zurück und der Pferdeknecht sah, dass seinen Handrücken ein tiefer Kratzer zierte.
»Sattle mir die Stute, aber ein bisschen hastig. Ich glaube, ich muss unseren Nachbarn, der ehrenwerten Lordschaft von Jourdan, mal wieder einen Besuch abstatten.
Der Knecht nickte, verharrte, als wolle er noch etwas sagen, doch dann hielt der den Mund und tat, was sein Herr ihm aufgetragen hatte.
»Was wollt Ihr?«
Der Empfang, den Lady Elizabeth ihrem zukünftigen Schwiegersohn angedeihen lieβ, war alles andere als herzlich.
»Nun, ich wollte mich nach Eurem werten Wohlbefinden erkundigen, meine Gnädigste. Und vielleicht auch ein paar Worte mit meiner zukünftigen Verlobten wechseln.«
»Mir geht es gut und Cathryn ist nicht da«, erwiderte Lady Elizabeth knapp und überaus kühl. »Wollt Ihr sonst noch etwas ?«
»Wollt Ihr mir keinen Platz anbieten? Keine Erfrischung nach dem langen Ritt? Und Euch selbst rate ich auch, Euch zu setzen. Aber vorher seht zu, dass Ihr mir Cathryn herbeischafft.«
Lady Elizabeth lief bei diesen Worten ein kalter Schauder über den Rücken, obwohl der Kamin ganz in ihrer Nähe brannte. Sie wies mit der Hand wortlos auf einen Stuhl, dann setzte sie sich selbst. Die Unruhe, die sie befallen hatte, seit Sir Baldwin eingetroffen war, lieβ sich nicht bezähmen. Elizabeths Hände lagen zwar ruhig in ihrem Schoβ, doch die Finger zerknüllten den Stoff ihres Kleides.
»Cathryn ist nicht da. Sie ist auf der Suche nach Lord Cassian. Ihr selbst habt befohlen, ihn herzuholen. Sein Leben gegen das unseres jüngsten Sohnes.«
»Eures Bastards, meint Ihr.«
Lady Elizabeth schwieg, doch das leise Lächeln auf dem Gesicht seiner zukünftigen Schwiegermutter riet Sir Baldwin zur Wachsamkeit.
»Ihr sagt, Cathryn hat sich auf den Weg gemacht, Cassian zu suchen? Nun, ich hoffe, sie hat sich genau überlegt, was sie tut. Immerhin ist sie meine zukünftige Frau.«
»David begleitet sie«, log Lady Elizabeth und betete in Gedanken, dass ihr ältester Sohn inzwischen tatsächlich bei seiner Schwester war.
»Nun, wie dem auch sei. Ich werde Eure Tochter noch häufig genug sehen. Wahrscheinlich öfter, als ich es mir wünsche. Die Verlobung, Ihr wisst es, wird am kommenden Samstag stattfinden. Doch es gibt eine kleine änderung. Ich plante ursprünglich, eine Messe in meiner Kapelle lesen zu lassen. Die Kapelle ist jedoch beschädigt. Man hat sie verrotten lassen. Wie alles, was den Ardens einst gehörte. Wir werden also die Messe in der Kapelle Eures Schlosses abhalten.«
Lady Elizabeth neigte den Kopf. »Wenn das Euer einziger Wunsch wäre, so wäre ich froh.«
»Das kann ich mir gut vorstellen«, gab Sir Baldwin zu. »Doch Ihr habt mein Vertrauen in der Vergangenheit mehrfach missbraucht. Cathryns unerlaubter Ausflug reiht sich in diesen Missbrauch ein. Es ist schade, dass ich mich dadurch zu Maβnahmen gezwungen sehe, die mir selbst nicht gefallen. Aber es ist, wie es ist. Schlieβlich trifft mich keine Schuld. Ihr habt es nicht anders gewollt.«
»Ich habe keine Ahnung, wovon Ihr sprecht«, teilte Lady Elizabeth mit.
»Lasst mir eine Erfrischung bringen, die mir die Kehle labt undmeine Worte werden Euer Gehör finden, dabinich sicher.«
Lady Elizabeth hob bedauernd die Hände. »Es gibt nichts mehr in diesem Haus, das wir einem Gast wie Euch anbieten könnten. Die Kammern und Keller sind leer. Seit Jahren esst und trinkt Ihr, was Euch nicht gehört.«
»Langsam, meine Liebe. Mal ganz langsam. Euer Hochmut wird Euch schneller vergehen, als Ihr glaubt. Ich habe nämlich beschlossen, dass ich die Mätzchen Eurer Tochter herzlich satt habe. Wir werden am Samstag also nicht nur die Verlobung feiern, sondern uns gleich und ohne Aufhebens vor den Traualtar begeben.«
Lady Elizabeth erstarrte. »Das war so nicht vereinbart. Es ist Brauch und Sitte, die Verlobung vier Wochen lang anzuzeigen. Die Kirche verlangt es so und ich sehe keinen Grund, warum wir anders verfahren sollten.«
»Es ist mir gleichgültig, was die anglikanische Kirche will. Wir Puritaner, zu denen Eure Tochter auch bald gehören wird, legen auf den traditionellen Schnickschnack keinen Wert. Am Samstag wird Eure Tochter mit mir vor den Altar treten.«
»Nein!« Elizabeth schüttelte den Kopf. Ihre Augen füllten sich mit Tränen der Demütigung, doch ihr Stolz verbot ihr, vor dem Mannes, den sie am meisten
Weitere Kostenlose Bücher