Entscheidung der Herzen (German Edition)
töten. Und Cassian von Arden war ein Ehrenmann, ein Lord von uraltem Adel. Niemals würde er Sir Baldwin hinterrücks und heimtückisch umbringen. Nein, er würde ihn zu einem Zweikampf herausfordern. Auge um Auge, Zahn um Zahn. Wenn er allerdings verlieren würde, dann würde wohl alles noch viel schlimmer werden. Doch daran wollte Cassian nicht denken. Ich muss es wenigstens versuchen, beschloss er. Ich muss Cathryn, Jonathan, die Jourdans und die Leute unserer Manors schützen.
Aber vorher muss Jonathan aus Baldwins Haus verschwinden. Und ich bin der einzige, der sich darin auskennt, denn es ist mein Zuhause. Ich bin es den Jourdans schuldig, ihnen Jonathan wiederzugeben. Ihn und ihre Freiheit.
Der Ritt am nächsten Tag war anstrengend, denn es regnete die ganze Zeit über. Dieser verwandelte die Straβe in eine einzige Matsch– und Sumpflandschaft. Dunkle Wolken türmten sich gigantisch am Himmel und obwohl der Regen nur sehr fein war, waren Cassian und Cathryn schon bald bis auf die Haut durchnässt. Doch sie konnten sich keine Pause leisten, mussten eine drohende Erkältung in Kauf nehmen, wenn sie noch rechtzeitig in Nottingham mit David zusammentreffen wollten. Sie gönnten sich nicht einmal eine einzige Rast.
Und als sie bei Einbruch der Dämmerung in der Herberge zum goldenen Schwan eintrafen, waren sie nicht nur klatschnass, sondern obendrein hungrig wie die Wölfe.
Das alles kümmerte David jedoch herzlich wenig. »Cath–ryn«, rief er, sprang von der hölzernen Wandbank im Schank–raum auf und umarmte seine Schwester. Danach schlug er Cassian mehrmals herzlich auf die Schulter.
»Endlich seid ihr da. Ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben«, rief er und forderte gleichzeitig den Wirt auf, heiβe Getränke für sie zu bringen.
Wenig später saβen sie sich an einem Tisch in der Ecke der Wirtschaft gegenüber und tauschten aus, was sich in den letzten Tagen und Stunden zugetragen hatte.
Als die Männer bemerkten, dass Cathryn am ganzen Leib zitterte und ihre Zähnen aufeinander schlugen, bestellte Cassian für sie in einem kleinen Hinterraum einen Zuber mit heiβem Wasser und bat darum, ihre Kleider am nahen Feuer zu trocknen.
Dankbar begab sich Cathryn auf den Weg in die Hinterräume. Im Augenblick wünschte sie sich wirklich nichts sehnlicher als ein heiβes Bad.
Die Männer waren allein. »Es ist viel Unglück über unsere Familien gekommen«, sagte David und malte mit dem Finger in einer kleinen Pfütze auf dem Tisch herum. »Es wird höchste Zeit, dass sich etwas ändert.«
»Du hoffst auf den König?«
David nickte. »Er ist der Einzige, der etwas ändern kann. Nur er hat die Macht, die alte Ordnung wiederherzustellen.«
»Pah!« Cassians Lachen klang bitter. »Der König kümmert sich einen feuchten Kehricht um die, die seinem Vater die Treue gehalten haben. Er ist pleite, David. Der König besitzt nicht mehr als du und ich. Er wird sich für die stark machen, die Geld haben. Die Armen helfen ihm nicht weiter.«
»Und was wird aus uns?«
»Wer sich selbst hilft, dem hilft Gott.«
»Was heiβt das, Cassian? Hat es etwas mit George Fox und deinen Amerika–Plänen zu tun?«
Cassian schüttelte den Kopf. »George Fox ist ein aufrechter Mann, der nur das Beste im Sinn hat. Er lebt ein gottgefälliges Leben, ist von solch edler Seele, dass sich so mancher Lord eine Scheibe davon abschneiden kann. Aber sein Weg ist nicht mein Weg. Ich gehe nicht nach Amerika, David.«
Der älteste Jourdanspross zog erstaunt die Augenbrauen hoch. »Was wirst du dann tun?«
Cassian richtete sich auf. Seine Haltung war so, dass man sie hätte königlich nennen können. In seinen Augen brannte Stolz. »Ich bin der rechtmäβige Lord von Arden, der rechtmäβige Besitzer der Ländereien und des Schlosses. Ich gehöre zu den Menschen dort, zu dem Land, zum Schloss. Und selbst, wenn ich dort als Schnitter leben müsste, so ist es doch meine Heimat und mir teurer als jedes andere Fleckchen Erde auf dieser Welt.«
»Du kehrst zurück? Auch, wenn es dich vielleicht das Leben kostet? Du weiβt, dass du der Einzige bist, der Sir Baldwin gefährlich werden kann?«
»Ja, und genau das habe ich vor. Ich lasse nicht zu, dass Jonathan, Cathryn oder ein anderer des Jourdan–Clans ins Unglück gerät.«
Er beugte sich so weit nach vorne, dass seine Stirn beinahe die von David berührte, und meinte mit einem leisen Vorwurf in der Stimme: »Ich kann nicht verstehen, David, dass du deinen Bruder nicht aus
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