Entscheidung der Herzen (German Edition)
seines Gesichtes verdeckte.
Die Wachmannen betraten die Wirtschaft, einer führte Cathryn am Arm.
»Zwei Zimmer brauchen wir«, rief der eine dem Wirt zu, der hinter einer Theke stand und fleiβig Ale zapfte, um den ersten Durst der ausgetrockneten Männer zu löschen.
»Ein Zimmer für die junge Lady hier, eins daneben für uns. Der Kutscher kann in der Scheune schlafen.«
»Stets zu Diensten, die Herren. Ganz, wie Ihr es wünscht.« Der Wirt eilte beflissen hinter dem Tresen hervor und reichte den beiden Männern die vollen Humpen, die sie gierig ansetzten.
In diesem Moment lieβ Cassian sein Messer zu Boden fallen. Es klirrte, als es auf den steinernen Fliesen aufschlug und Cassian glitt im selben Moment unter den Tisch. Doch er behielt Cathryn dabei genau im Blick, die, von dem Geräusch aufgeschreckt, zu ihm sah. Ohne, dass die Wachleute es bemerkten, legte er einen Finger auf den Mund, um Cathryn an einem Aufschrei zu hindern.
Sie riss die Augen auf, als sie ihn erkannte. Ein Lächeln verwandelte ihr verweintes, trostloses Antlitz in ein einziges Strahlen.
Doch schon hatten die Bediensteten von Leicester ihre Krüge geleert.
Der Wirt hatte unterdessen ein Glas Apfelsaft für Cathryn geholt.
Mit einem Lächeln dankte sie ihm. Der Wirt wandte sich an die Männer. »Wollt Ihr auch essen? Ich habe einen Hammel geschlachtet. Gutes, frisches Fleisch. Dazu ein paar Bohnen. Was sagt Ihr dazu?«
Die Männer nickten. »Die Lady wird auf ihrem Zimmer speisen. Uns könnt Ihr hier die Tafel decken.«
»Ganz recht, die Herren.«
Cassian sah, dass er zwei Schlüssel von einem Brett nahm. Auf dem ersten stand die Ziffer 3, auf dem zweiten die 4.
Er reichte beide Schlüssel den Männern und erklärte dazu: »Die Lady wird das Zimmer mit der Nummer drei bewohnen. Es ist das beste im ganzen Haus. Ihr werdet in der Nummer vier schlafen.«
»Gut, gut.« Der mürrische Wachmann winkte ab und schon sah Cassian die kleine Reisegesellschaft die schmale Stiege hinauf in das Obergeschoss steigen.
Cassian aβ seinen Teller leer, dann verlieβ er die Herberge. So unauffällig wie möglich schlich er um das Haus. Er wartete auf ein kleines Wunder. Das Wunder nämlich, dass Cathryn an einem der Fenster auftauchte und er somit wusste, wo das Zimmer mit der Nummer Drei lag.
Gott ist ein Gott der Liebe. Und er zeigte sich auch dieses Mal gnädig.
Cassian pfiff ein einziges Mal nur und schon bewegte sich ein Vorhang und er sah Cathryns Gesicht. Vorsichtig öffnete sie das Fenster.
»Cassian«, rief sie leise, doch der junge Mann legte einenFinger an seine Lippen. »Psst! Sprich leise. Es darf uns niemand hören.«
Cathryn nickte.
»Offne, wenn die Mitternachtsstunde schlägt, dein Fenster.«
»Was hast du vor, Cassian?«, fragte Cathryn.
Cassian lachte leise. »Du wirst es schon sehen. Oder hast du etwa Lust, das Nächste Jahr hinter dunklen und kalten Klostermauern zu verbringen?«
Cathryn schüttelte den Kopf.
Plötzlich war ein Geräusch zu hören. Die Tür der Herberge öffnete sich und der Kutscher trat heraus, um sich um die Tiere zu kümmern.
»Habe ich Euch nicht vorhin schon auf dem Weg gesehen?«, fragte er leutselig und setzte sich auf die Treppen, zu einem Schwatz bereit.
»Ja, das habt Ihr wohl. Ich kam aus Nottingham.«
»Wollt Ihr auch nach Leicester?«
Cassian schüttelte den Kopf. Er wusste nicht, was er antworten sollte, deshalb schwieg er.
»Leicester ist ein Nest«, erzählte der Kutscher. »Die ganze Stadt scheint ein einziges Kloster zu sein. Es wimmelt dort nur von Nonnen und Mönchen. Ein junger Kerl wie Ihr will bestimmt etwas erleben. Nun, in Leicester werdet Ihr schwerlich auf Eure Kosten kommen. Oder sucht Ihr nach Arbeit? Welches Handwerk beherrscht Ihr?«
Cassian lächelte ein wenig. »Ich bin …« Er zögerte einen winzigen Moment. »… ein Bauer bin ich. Doch unser Hof ist klein. Der älteste bekommt ihn. Ich muss in die Stadt, mir etwas anderes suchen.«
Der Kutscher nickte. »In Leicester werdet Ihr nichts finden. Die Stadt ist nicht nur voll von den Schwarzkutten, auch die Adligen aus den Highlands, denen man das Land genommen hat, sind dort. Ein jeder von ihnen sucht nach Arbeit.«
»Wohin würdet Ihr an meiner Stelle gehen?«, fragte Cassian den Kutscher.
Der sah hoch und betrachtete ihn von oben bis unten. »Nach London«, antwortete er schlieβlich. »Wohin sonst? Nur in London kann ein Kerl wie Ihr es seid, sein Glück machen. Arbeit gibt es dort in Hülle und Fülle
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