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Entscheidung der Herzen (German Edition)

Entscheidung der Herzen (German Edition)

Titel: Entscheidung der Herzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Thorne
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ihre Hände getan hatte, ein Stück von dem neuen Tuch ab und reichte es der Alten.
    Die Kräuterfrau öffnete das Gefäβ und schüttete die Maden auf den Stoff. Als sie das Tuch anschlieβend auf die Wunde presste, zuckte Cassian zusammen. Sein Leib bäumte sich auf und Cathryn glaubte, ihr Herz müsse zerreiβen.
    Sie eilte zu ihm, strich über sein Haar, bedeckte seinen Rücken mit Küssen, während ihr die Tränen noch immer in Strömen über die Wangen liefen.
    »Nehmt den Rest des Tuches und taucht es in kaltes Wasser«, befahl die Alte, die Cathryn voller Mitleid und Rührung betrachtet hatte. »Wickelt ihn in das Tuch, damit das Fieber sinkt. Sobald sich der Stoff erwärmt hat, taucht ihn erneut ins Wasser.«
    Cathryn nickte gehorsam.
    »Meint Ihr, er wird wieder gesund?«, fragte sie bang.
    Die Alte betrachtete sie lange. »Ich weiβ es nicht, Kind«, sagte sie schlieβlich. »Er hat Wundbrand. Sein Körper ist noch nicht all zu stark davon befallen, es besteht noch Hoffnung. Sorge dafür, dass das Fieber sinkt. Und wenn du kannst…«, sie sah Cathryn noch einmal voller Mitgefühl an, »… so sieh zu, dass er ein paar Eier zur Kräftigung bekommt. Fleisch und Milch wären auch nicht schlecht. Aber das wird wohl nicht möglich sein, nicht wahr?«
    Cathryn schüttelte traurig den Kopf. »Ich werde es versuchen. Ich werde alles versuchen, was Cassian helfen könnte.«
    »Vielleicht hast du ja Verwandte, die du um Hilfe bitten kannst«, schlug die Alte vor.
    Cathryn schüttelte den Kopf. »Ich habe niemanden mehr. Cassian ist alles, was ich habe.«
    Die Alte sah sie durchdringend an und öffnete den Mund, als wolle sie noch etwas sagen. Doch dann winkte sie ab underwiderte nur: »Ich werde für euch beten. Morgen sehe ich noch einmal nach euch. Und wer weiβ, vielleicht läuft mir ja inzwischen ein Huhn über den Weg, das gerade ein Ei verliert.«
    Sie strich Cathryn noch einmal aufmunternd über den Unterarm, dann ging sie und lieβ das junge, unglückliche Paar allein.

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    Kapitel 6
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    D ie ganze Nacht wachte Cathryn neben Cassian. Die Augen brannten ihr vor Müdigkeit, doch immer wieder fühlte sie seine Stirn, wechselte unermüdlich das Laken. Nur auf den Stoffstreifen, der seine Schulter bedeckte, sah sie nicht. Der Gedanke, dass Maden an seinem Fleisch fraβen, lieβ sie noch immer schaudern.
    Um sich wach zu halten, betete sie. Beinahe ununterbrochen murmelte sie vor sich hin: »Lieber Gott, bitte mach Cassian wieder gesund. Bitte, lieber Gott.«
    Behutsam und voller Sorge streichelte sie ihm den Rücken, strich über seinen heiβen Leib, der sich im unruhigen Schlaf hin und her wälzte.
    Einmal stöhnte er auf, sein Gesicht verzerrte sich und er ballte die Fäuste. »Es wird alles wieder gut, Liebster«, flüsterte Cathryn beruhigend auf ihn ein und strich ihm dabei eine verschwitzte Strähne aus dem Gesicht.
    Als die Morgendämmerung allmählich ihr graues Tuch über die Dächer Londons breitete, sank sie in einen kurzen Schlaf. Sie saβ auf dem Schemel, die Hände im Schoβ gefaltet, das Kinn auf die Brust gesenkt, und träumte.
    Sie war zu Hause auf den Jourdan-Manors. Die Sonne schien und die Landschaft ringsum leuchtete im satten Grün. Sie sah sich selbst in einem weiβen Kleid über eine Wiese laufen, das Haar hinter sich her wehend wie einen duftigen Schleier.
    Doch der Traum währte nur kurz. Ein erneutes Stöhnen Cassians brachte sie zurück in die Gegenwart des schäbigenZimmers. Ohne es verhindern zu können, traten Cathryn Tränen in die Augen. Zuerst weinte sie leise und verhalten, doch auf einmal brachen alle Dämme. Die Tränen rannen in Strömen über ihre Wangen und versickerten im Stoff ihres Kleides. Schluchzer erschütterten ihren zarten Körper.
    Sie schlang die Arme um ihren Oberkörper und wiegte sich langsam hin und her, doch sie fand keinen Trost.
    Noch nie hatte sie sich in solch einer ausweglosen Lage befunden. Weit entfernt von ihrer Heimat, von den Eltern und den Brüdern, ohne Geld, krank und elend mit einem Liebsten, der womöglich im Sterben lag.
    Ist es das wert?, fragte sie sich. Ist die Liebe den Tod wert, selbst wenn sie angeblich stärker ist? Cathryn war bisher stets davon ausgegangen, dass man die Liebe leben konnte, doch jetzt sah plötzlich alles anders aus. Ihr Leben war zerbrochen, zerfetzt wie eine vom Wind gebeutelte Strohpuppe. Alles, was noch vor wenigen Wochen galt, hatte seine Gültigkeit inzwischen verloren. Bis vor kurzem hatte ihre Zukunft wie

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