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Entschuldigen Sie Meine Stoerung

Entschuldigen Sie Meine Stoerung

Titel: Entschuldigen Sie Meine Stoerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Uwe Fitz
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sogar vorgeschrieben sein. Durch die Regelung sollen sozial Aufgeschlossene schon im Voraus davon abgehalten werden, das Gespräch zu suchen. Wissenschaftler stehen dem Verkauf an soziale Phobiker allerdings kritisch gegenüber. Sie kritisieren, dass die Betroffenen oft wochenlang keinen Kontakt zu anderen Menschen pflegen, aber immer Pfefferspray griffbereit haben. Gepaart mit dem weit verbreiteten Selbsthass unter Phobikern führt dies schnell zu Pfeffersprayeinsatz gegen sich selbst. Was auf die Dauer gesundheitsschädlich wirken kann. Bei der Beschaffung neuen Pfeffersprays fallen die Betroffenen außerdem häufig auf Betrüger herein, die den sozial Gestörten Fälschungen oder gestrecktes Pfefferspray zu überzogenen Preisen verkaufen. Hier ein besonders erschütternder Fall:
    »Entschuldigen Sie, das Pfefferspray, das ich gestern bei Ihnen gekauft habe, hat nicht gewirkt.«
    »Haben Sie es falsch angewendet? Vielleicht auf die Füße Ihres Gegners gerichtet?«
    »Nein, ich habe meinem Gegenüber das Zeug wie vorgeschrieben direkt in die Augen gejagt. Aber der Typ hat mich nur verwundert angesehen und ist nicht schreiend zusammengebrochen.«
    »Sind Sie sicher? Vielleicht haben Sie nur nicht richtig hingehört?«
    »Doch, ich habe intensiv an ihm gehorcht. Kann es sein, dass das Pfefferspray zu schwach war?«
    »Ach nein, jetzt weiß ich es. Sie hatten es mit einem sogenannten ›harten Hund‹ zu tun. Es gibt solche Menschen, denen Pfefferspray nichts anhaben kann. Sind aber zum Glück die Ausnahme.«
    »Ich habe es nach dem Fehlschlag aus Neugier an einer alten Dame getestet. Aber auch bei der zeigte es keine Wirkung.«
    »Vielleicht war es eine harte Hündin.«
    »Für meinen Geschmack sind das zu viele Ausnahmen.«
    »Na gut. Ich gebe zu: Vielleicht habe ich das Pfeffer in dem Spray ein bisschen gestreckt und dabei das eine oder andere Staubkorn zu viel hineingetan. Aber wer kann denn auch ahnen, dass Sie das Zeug tatsächlich einsetzen? Und wer kann weiter ahnen, dass Sie nach einer fehlgeschlagenen Verteidigung noch in der Lage sein werden, sich bei mir zu beschweren? Da ist aber auch wirklich alles schiefgelaufen, was schieflaufen kann, mein Herr. Aber wissen Sie was? Ich gebe Ihnen einfach ein neues Spray.«
    »Oh, das ist nett. Aber … woher weiß ich, dass das jetzt funktioniert? Man müsste das Spray gleich im Laden testen können. So wie Birnen.«
    »Sie testen Birnen?«
    »Glühbirnen. Nicht das Obst.«
    »Ach so. Ich dachte schon, Sie beißen einfach in irgendetwas rein, und wenn es keine Birne ist, legen Sie es wieder zurück.«
    »Gute Idee.«
    »Testen Sie das neue Pfefferspray doch einfach an mir.«
    »Ist das nicht gefährlich?«
    »Ich habe Strafe verdient, ich habe Ihnen gestrecktes Pfefferspray verkauft.«
    »Ich meine ja auch gefährlich für mich. Sie sind mir doch schnuppe. Ist bestimmt nicht gut, wenn ich Pfefferspray in geschlossenen Räumen benutze.«
    »Dann sprühe ich mir das Zeug eben selbst in die Augen. Gehen Sie einfach so lange vor die Tür. Sie können ja durch das Schaufenster beobachten, wie ich auf die Attacke reagiere. Wenn ich zu Boden gehe und schreie, ist das Spray OK . Falls nicht, probiere ich es weiter.«
    »Fairer Deal. Aber spielen Sie mir nichts vor, Freundchen.«
    Der Kunde verlässt den Laden. Drei Minuten später kommt er wieder herein.
    »Und?«
    »Ich … glaube … es … könnte … noch … etwas … stärker … sein … aber … ich … kann … mich … im … Moment … schlecht … darum … kümmern. Kaufen … Sie … es … lieber … woanders.«
    »Gut. Ich hätte gern noch einen Elektroschocker. Kriege ich den auch bei Ihnen?«
    »Ja, aber ich werde ihn nicht für Sie testen können. Ich muss erst einmal ins Krankenhaus.«
    »Oh, ist jemand krank?«
    »Ja, ich.«
    »Was haben Sie denn?«
    »Ein Beißen und Brennen in den Augen.«
    »Wissen Sie, woher?«
    »Keine Ahnung. Muss gegen irgendetwas allergisch sein.«
    »Dann wünsche ich gute Besserung.«
    »Danke, beehren Sie mich mal wieder.«
    »Nein.«
    »Macht mir nichts aus. Mein Geschäft ist auf Kunden wie Sie nicht angewiesen.«
    »Und wenn es mal schlechter läuft?«
    »Dürfen Sie gern wieder vorbeikommen.«

18
    Seit meiner Kindheit leide ich unter Wackelkontakt, Hinstellomanie und Kleptopedie. Alle drei Störungen sind unangenehm. Der Wackelkontakt zum Beispiel ist die Unfähigkeit, Menschen dauerhaft zu berühren. Ich ertrage nur sehr kurze Kontakte. Dafür können sie sich von mir aus

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