Entschuldigen Sie Meine Stoerung
Selbstgespräche. Vor mir selbst. Zum Glück hören andere mir nicht zu. Ich erzähle vielleicht ein Zeugs. Man merkt sofort, dass ich die Weisheit nicht gerade mit Löffeln gefressen habe.
Ob etwas peinlich ist, definiert sich nicht darüber, was jemand tut, sondern wer . Wenn ich exakt das Gleiche tue wie George Clooney, wirkt es bei mir peinlich. Selbst wenn George Clooney und ich das Gleiche zur gleichen Zeit täten – Synchronschwimmen zum Beispiel –, würden alle sagen: »Bah, peinlich, der Fitz. Macht Synchronschwimmen. Aber der Clooney – Synchronschwimmen! Voll cool!« Und sollte George Clooney einmal mich kopieren, würde man ihm auch das als Coolness auslegen: MUT ZUR PEINLICHKEIT: CLOONEY IMITIERT FITZ , lauteten die Schlagzeilen.
Mir bleibt nur zu versuchen, so wenig peinlich wie möglich zu sein. Nur Dinge zu tun, die nicht ganz so peinlich sind wie das, was ich sonst noch tun könnte. Aber das zu beurteilen ist schwer. Wie findet man das kleinere Übel? Wie finde ich heraus, welche meiner potenziellen Taten die am wenigsten lächerlichen sind?
Manchmal lasse ich meine peinlichen Verhaltensweisen gegeneinander antreten und teste, welche peinlicher ist. Seit ich nackt durch die Fußgängerzone gelaufen bin, weiß ich zum Beispiel: Mein Gang ist peinlicher als die alberne Form meines Schniepels.
Sogar Menschen, die sich im Fernsehen jeden Scheiß ansehen, blicken verächtlich auf mich herab, schütteln den Kopf und murmeln »Peinlicher Typ«. Dann schauen sie Wetten, dass …? zu Ende und erfreuen sich an der hohen Qualität der Sendung.
4
Manchmal nehme ich Medikamente gegen meine Menschenangst. Dann bleibe ich auch schon einmal länger als zehn Minuten auf einer Party. Manchmal stelle ich mich sogar zu einem anderen Gast und wir suchen verzweifelt nach einem Thema. Es lohnt sich aber nie. Neulich stieß noch ein dritter Herr zu uns:
3. HERR: »Guten Abend, Herr Fitz. Geht es Ihnen gut?«
ICH: »Nein.«
3. HERR: »Schöne Party, nicht wahr?«
ICH: »Nein.«
3. HERR: »Wissen Sie, wer hier feiert?«
ICH: »Nein. Ich dachte, Sie sind der Gastgeber.«
3. HERR: »Nein. Ich bin auch nur Gast. Wer ist denn der Herr neben Ihnen? Wollen Sie mich nicht vorstellen?«
ICH: »Nein. Ich kenne den nicht. Ich weiß auch gar nicht, warum der bei mir sitzt.»
BEI MIR STEHENDER: (schimpft) »Sie müssen nicht glauben, ich sitze gern bei Ihnen. Hier ist der Katzentisch.«
ICH: »Ach? Hier sitzen die Gäste, die nicht willkommen sind?«
BEI MIR STEHENDER: »Anscheinend.«
3. HERR: »Oh, dann sollte ich woanders hingehen. Ich bin nämlich willkommen.«
BEI MIR STEHENDER: »Ach ja? Dann gehen Sie doch. Hier ist nur willkommen, wer unwillkommen ist. Pfui, Pfui, sind Sie beide mir unangenehm.«
ICH: »Sind wir Ihnen gar nicht. Das sagen Sie nur so, weil Sie nicht wissen, was Sie sonst sagen sollen.«
BEI MIR STEHENDER: »Hätten Sie meine Körpersprache genauer gelesen, wüssten Sie, dass ich in den letzten Minuten sehr wohl nur höchst ungern mit Ihnen zusammengesessen habe. Ich habe deutlich darauf geachtet, mich sichtlich unwohl zu fühlen.«
ICH: »Ich habe Ihre Körpersprache gelesen. Sie hat genau das Gegenteil gesagt.«
BEI MIR STEHENDER: »Hat sie gar nicht. Lesen Sie noch einmal.«
ICH: »Nein. Ich gucke Sie ganz bewusst nicht mehr an.«
BEI MIR STEHENDER: »Los, lesen Sie meine Körpersprache!«
ICH: »Nein, ich gehe jetzt ans Buffet und hole mir Nachschlag.«
BEI MIR STEHENDER: »Sie lesen jetzt meine Körpersprache.«
3. HERR: »Sie lesen jetzt seine Körpersprache.«
ICH: »Was mischen Sie sich denn ein?«
3. HERR: »Tschuldigung.«
ICH: »Beruhigen wir uns doch bitte, meine Herren. Wir sollten uns nicht streiten. Das ist doch genau das, was der Gastgeber will: uns gegeneinander aufhetzen.«
3. HERR: »Wir werden gegeneinander aufgehetzt?«
ICH: »Ja, moderne Gladiatorenkämpfe. Die Loser sollen sich gegenseitig vergraulen. Der Gewinner darf auf der Party bleiben.«
BEI MIR STEHENDER: »Der Gastgeber ist ja eine blöde Sau.«
ICH: »Kommen Sie, wir gehen jetzt zu ihm und sagen ihm, dass uns seine Gegenwart unangenehm ist. Das wird ihn überraschen.«
3. HERR: »Dann wird er fragen, warum wir überhaupt gekommen sind. Was sagen wir dann?«
BEI MIR STEHENDER: »Also, ich bin eigentlich gar nicht zu der Party gekommen. Die Party war auf einmal bei mir.«
ICH: »Ach, Sie wohnen hier?«
BEI MIR STEHENDER: »Ich glaube. Ich weiß nicht genau. Ich kam vom Einkaufen,
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