ENTSEELT
der Mole unter den Windmühlen und brabbelte vor sich hin. Er hat ganz plötzlich den Verstand verloren ... Und daran hat sich seitdem nichts geändert. Aber Layard, dem ging es gut, das schwöre ich! Nur diese Beule am Kopf. Und jetzt ...«
»Jetzt?«, drängte Harry.
»Jetzt sagen sie, dass er vielleicht sogar stirbt!« Papastamos sah aus, als würde er gleich in Tränen ausbrechen. »Ich habe getan, was ich konnte, das schwöre ich!«
»Du brauchst dir nicht die Schuld zu geben, Manolis«, versicherte Darcy. »Was auch passiert ist, du kannst nichts dafür. Können wir zu ihm?«
»Natürlich, wir sind bereits unterwegs zum Krankenhaus. Ihr könnt auch zu Trevor, wenn ihr wollt. Aber«, er zuckte die Achseln, »aus dem werdet ihr nicht viel herausbekommen. Es tut mir wirklich so leid!«
Das Krankenhaus lag an der Papalouca, einer der Hauptstraßen der Stadt. Es war ein großes, ausladendes Gebäude. Allein die Frontseite war mehr als hundert Meter lang. »Ein Teil des Gebäudes, eine Station mit Operationssälen und eigener Apotheke, wird nur für die Behandlung von Touristen genutzt«, erklärte Papastamos, als das Taxi mit ihnen durch das Tor fuhr. »Zurzeit sind die meisten Betten nicht belegt, aber im Juli und August ist es da rappelvoll. Gebrochene Knochen, schwere Sonnenallergien, Hitzschläge, Insektenstiche, Schnitte, Platzwunden ... Ken Layard hat ein Einzelzimmer.«
Er wies den Fahrer an, auf sie zu warten, und führte sie zu einem Seitenflügel, wo eine Pförtnerin in ihrem Häuschen saß und sich die Fingernägel schnitt. Als sie Papastamos bemerkte, sprang sie auf und redete auf ihn in atemlosem, gedämpftem Griechisch ein. Papastamos öffnete überrascht den Mund und verlor alle Farbe. »Meine Freunde, wir sind zu spät gekommen. Er ist tot!« Er sah der Reihe nach Sandra, Darcy und Harry an. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
Sie waren zu geschockt, um sofort zu antworten. Schließlich ergriff Harry das Wort. »Können wir ihn trotzdem sehen?«
Er wirkte munter in seinem hellblauen Jackett, dem weißen Hemd und der Baumwollhose. Er hatte wie die anderen auch im Flugzeug geschlafen und dabei einiges von dem entgangenen Schlaf wieder aufgeholt. Und trotz der Ereignisse der vorhergehenden Nacht schien er ausgeruhter als die anderen. Er wirkte ruhig und gefasst. In den Gesichtern von Sandra und Darcy konnte Papastamos Trauer erkennen, doch bei Harry war davon nichts zu sehen. Der Grieche dachte : Ein eiskalter Mistkerl, dieser Harry Keogh.
Aber damit lag er falsch. Harry hatte nur gelernt, mit dem Tod anders umzugehen. Ken Layard hatte vielleicht aufgehört zu existieren, das war sein körperliches Ende; er hatte die Endstation in der gegenständlichen Welt erreicht, aber er war nicht ganz tot. Nicht alles von ihm war gestorben. Ganz im Gegenteil versuchte Ken Layard zurzeit vielleicht angestrengt, Harry über die Totensprache zu erreichen. Und es gelang ihm nur nicht, weil es Harry verboten war, ihn zu hören. Und selbst wenn er ihn hätte hören können, wäre es ihm verboten gewesen, ihm zu antworten.
»Ihr wollt ihn sehen?«, meinte Papastamos. »Natürlich ist das möglich. Aber das Mädchen hier sagt, dass der Arzt vorher noch mit uns sprechen will. Da geht es zu seinem Büro.« Er führte sie einen langen kühlen Flur hinunter, in den durch hohe schmale Fenster das Licht flutete.
Sie fanden den Arzt, einen kleinen kahlköpfigen Mann mit einer schweren Brille auf der Spitze seiner Hakennase, in seinem winzigen Büro, wo er Rezepte unterzeichnete und Berichte abstempelte. Als Papastamos sie bekannt machte, war Dr. Sakellarakis sofort sehr hilfsbereit und richtete ihnen sein aufrichtiges Beileid zum Tod ihres Freundes aus.
In gebrochenem Englisch erzählte er ihnen mit einem bedauernden Kopfschütteln: »Diese Beule, die Layard auf dem Kopf gehabt – ich befürchten, das war mehr als nur simple Beule, meine Herren, meine Dame. Vielleicht war da innerer Schaden? Ich kann nicht sagen, nicht vor der Autopsie, natürlich nicht, aber ich glaube, das der Grund, der zum Tod geführt. Diese Schaden, ein Blutgerinnsel, so etwas.« Er schüttelte wieder den Kopf.
»Können wir zu ihm?«, fragte Harry erneut. Und als der Doktor vor ihnen herging, wollte er wissen: »Wann ist die Autopsie angesetzt?«
Der Grieche zuckte wieder mit den Schultern. »Ein Tag, zwei Tage – so schnell, wie möglich. Aber bald. Solange wir ihn behalten in Leichenkammer.«
»Und wann ist er gestorben? Wann
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