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ENTSEELT

ENTSEELT

Titel: ENTSEELT Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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mühevoll von den blutigen Spitzen zu zerren.
    Wenn er damit fertig war, würde er aus der Grube springen, die an dieser Stelle nicht tief war, und von oben den Leichnam aus dem Loch zerren und ihn zum Ort der vielen Knochen schleifen, wo er sich nach Herzenslust an ihm laben konnte. Es war ein Ablauf, den der alte Wolf gewohnt war.
    Er hatte diese Aufgabe schon oft bewältigt. So wie sein Vater vor ihm. Und dessen Vater. Und dessen Vater ...

ZWEITES KAPITEL
    Savirsin, Rumänien; der Abend des ersten Freitags im August 1983
    Die Schankwirtschaft schmiegte sich an den steilen Berghang am äußersten Ende des Dorfes, wo die Straße sich in Serpentinen, enge Haarnadelkurven, hochschlängelte, bis sie zwischen den Bäumen verschwand. Drei junge Amerikaner, die ihrem Aussehen und ihrem Verhalten nach Touristen sein mussten, saßen zusammen an einem zerkratzten, altersdunklen runden Holztisch in einer Ecke des Schankraumes. Sie trugen Freizeitkleidung; einer von ihnen rauchte eine Zigarette. Sie tranken das Bier der Gegend, nicht besonders stark, aber mit einem herben Beigeschmack und sehr erfrischend.
    An der Theke saßen ein paar knorrige Waidmänner; Jäger mit Gewehren, die so alt waren, dass man sie überall sonst als Antiquitäten ausgestellt hätte.
    Seit weit über einer Stunde hatten sie schenkel- und schulterklopfend untereinander mit ihren Leistungen geprahlt – und nicht nur mit denen bei der Pirsch auf Jagdwild –, als plötzlich einer von ihnen ganz überrascht aufsah, von den Theke wegstolperte, mit einem unsicheren Fluch auf die Tür zuhielt und im rauchigen blaugrauen Dämmerlicht verschwand. Sein Gewehr hatte er auf der Theke liegen gelassen; der Wirt hob es auf und stellte es vorsichtig weg, dann widmete er sich wieder seiner Arbeit, die gebrauchten Gläser des Tages abzuwaschen und zu trocknen.
    Der Saufkumpan des fortgelaufenen Jägers brüllte vor Lachen. Er klatschte lautstark auf die Theke, trank den Pflaumenschnaps seines Kumpans aus und dann den eigenen, bevor er sich nach neuer Gesellschaft umsah. Und natürlich fiel sein Blick auf die Amerikaner, die dort friedlich zusammensaßen und sich leise unterhielten. Tatsächlich hatte sich ihre Unterhaltung gerade um ihn gedreht, aber das konnte er nicht wissen.
    Er bestellte sich einen neuen Schnaps und eine Runde von dem, was die da an dem Tisch tranken; ach ja, und auch einen für den Wirt, und dann schwankte er zu ihnen hinüber. Bevor er sich um die Bestellung kümmerte, kassierte der Wirt auch sein Gewehr ein und stellte es sicher neben das andere.
    »Gogosu«, knurrte der alte Jäger und pochte sich selbst auf die lederbekleidete Brust. »Emil Gogosu. Und wer seid ihr? Touristen, was?« Er sprach rumänisch, in dem Dialekt der Gegend, der ein wenig zum Ungarischen tendierte. Die drei lächelten ihn alle an, zwei von ihnen ein wenig reserviert. Aber der dritte übersetzte und antwortete dann schnell: »Ja, Touristen. Aus Amerika, den Vereinigten Staaten. Setz dich zu uns, Emil Gogosu.«
    Der Jäger war aus dem Konzept gebracht. »Häh? Ja? Du sprichst unsere Sprache? Du bist der Fremdenführer für die beiden hier, ja? Das lohnt sich, was?«
    Der jüngere Mann lachte. »Oh Gott, nein! Ich gehöre zu ihnen. Ich bin auch einer von ihnen, ein Amerikaner!«
    »Unmöglich!«, behauptete Gogosu und setzte sich. »So was habe ich noch nie gehört! Ausländer, die unsere Sprache sprechen? Du willst mich reinlegen, oder?«
    Gogosu war ein typischer rumänischer Bauer. Er hatte ein olivfarbenes, wettergegerbtes Gesicht, einen grauen buschigen Schnurrbart, der in der Mitte vom Pfeiferauchen gelb verfärbt war, lange Koteletten, die sich auf seine Oberlippe zu krümmten, und durchdringende graue Augen unter dichten und ebenso grauen Augenbrauen. Er trug ein geflicktes Lederwams mit hohem Kragen, das bis zum Hals hochgeknöpft wurde, über einem weißen Hemd, dessen Ärmel sich eng um die Handgelenke schlossen. Seine Pelzmütze war mit einer Schlaufe an der rechten Epaulette seines Wamses befestigt; ein halb gefüllter Patronengurt verlief unter der linken Epaulette her diagonal über seine Brust, unter der rechten Achsel hinweg und quer über den Rücken. An einem breiten Ledergürtel hingen ein langes Messer in einer Scheide und mehrere Lederbeutel. Die Beine der groben Hose hatte er in seine Bergsteigerstiefel gezwängt. Ein kleiner Mann, aber agil und stark. Er sah aus wie aus dem Bilderbuch.
    »Wie haben über dich gesprochen«, verriet ihm der

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