ENTWEIHT
war. Sehen wir den Tatsachen doch ins Gesicht, man wird nicht einfach zum Billionär, wenn man nicht ein paar Extra-Asse im Ärmel hat, richtig? Nun, vor ungefähr einer Stunde ließ ich John Grieve Manchesters Buchhalter in Brisbane anrufen. Der Mann heißt Andrew Heyt, von Haggard, Haggard and Heyt, und …«
»Wen hat er heute angerufen? Um welche Zeit?«, warf Trask mit einem Stirnrunzeln ein, während er im Kopf die Uhrzeiten überschlug. »Bei Heyt ist es jetzt erst sechs Uhr morgens!«
»Das war Absicht, ja!«, sagte Millie. »So früh am Morgen sind die Leute meistens noch nicht so sehr auf der Hut; deshalb finden Polizeirazzien für gewöhnlich ja auch frühmorgens statt.«
»Und ihr führtet eine Razzia bei Manchesters Buchhalter durch?«
»Genau. Es war sozusagen eine Eingebung. Na ja, John nannte seinen Namen nicht und stellte Heyt ein paar Suggestivfragen – etwa der Art, was nun wohl mit Manchesters Schwarzkonten in der Schweiz und andernorts geschehen werde. Und ehe Heyt sich den Schlaf aus den Augen blinzeln, sein kleines, geldgieriges Hirn auf Touren bringen und den Hörer auflegen konnte ...«
»... hatte John auch schon, was er wollte«, nickte Trask.
»Und zwar«, fuhr sie fort, »las er in Heyts Gedanken, dass es stimmte. Neben seinen regulären Konten und Wertpapieren – Aktien, Beteiligungen und so weiter an mehreren Firmen in Australien, im Vereinigten Königreich und den USA – hatte Jethro nämlich auch mehrere Nummernkonten in Zürich.«
»Und, hat John die Nummern?«
Millie blickte Trask auf die ihr eigene Art aus großen Augen an, unschuldig und zugleich doch voller Scharfsinn. »John ist zwar gut, aber so gut nun auch wieder nicht. Ich meine, was erwartest du eigentlich? Ein Wunder?«
»Ja«, erwiderte er trocken. »Weniger akzeptiere ich nicht. Aber okay, fahre fort, ich bin ganz Ohr.«
»Nein, die Nummern hat er nicht«, gab sie ihm zur Antwort, »dafür aber den Namen der Bank: eine Filiale der ziemlich obskuren Bürger-Finanz-Gruppe beziehungsweise Citizens-Finance-Group. Im Grunde ist es die einzige Filiale, die wir ausfindig machen konnten, und ich nehme an, wenn wir ein bisschen tiefer schürfen, würde sich herausstellen, dass Manchester selbst der Besitzer ist – oder vielmehr war! Sozusagen sein persönliches kleines Sparschwein. Aber egal, wie du weißt, unterzeichneten vor sieben Jahren die meisten Länder der Welt beziehungsweise deren Regierungen ein Abkommen, das eine Überprüfung ihres Bankwesens ermöglicht. Das sollte das Aus für korrupte Spekulanten aus der Hochfinanz bedeuten und den Geldwäscheaktivitäten des organisierten Verbrechens ein Ende setzen. Sollte, tat es aber nicht, im Wesentlichen weil einige der Hauptakteure sich nicht dazu verpflichten wollten.«
»Ja, ich weiß«, nickte Trask. »Russland, China, Italien, Griechenland, oh, und ein oder zwei südamerikanische Staaten machten nicht mit.«
» Und die Schweiz ebenfalls nicht!«, ergänzte sie. »Denn nur für den Fall, dass du es vergessen hast: Ein paar große Schweizer Banken wehren sich immer noch gegen jüdische Ansprüche aus dem Zweiten Weltkrieg gewaltige Geldsummen betreffend, die von den Nazis gestohlen und zur Seite geschafft wurden. Und was Italien angeht: Die Italiener hielten nicht das Geringste von dem Gedanken, ihr von der Mafia durchsetztes Bankensystem durchleuchten zu lassen. Und die Einlagen in Griechenland waren ohnehin nicht der Rede wert. Da es in China angeblich ›kein Verbrechen‹ gibt – und angesichts der Tatsache, dass unter dem damaligen Regime allein schon der Umgang mit internationalen Kriminellen mit langjährigen Haftstrafen in ihren berüchtigten ›Besserungsanstalten‹ geahndet wurde – fühlten die Chinesen sich beleidigt! Und dann noch diese südamerikanischen Staaten, die du erwähnst. Aus Gründen, die auf der Hand liegen, wollten sie nichts mit dem Ganzen zu tun haben. Und das gute alte Mütterchen Russland – nun, finanziell gesehen sind die Russen immer noch nicht dahinter gekommen, wo oben und unten ist ...«
Erneut hielt sie inne, und Trask fiel auf, dass sie ein wenig angespannt wirkte.
»Sprich weiter«, drängte er.
Sie zuckte die Achseln, redete aber weiter, nun allerdings eher zurückhaltend. »Das Problem ist«, begann sie, »dass ich nicht mehr aufhöre, wenn ich einmal angefangen habe. Immer dann, wenn Klügere sich aus der Affäre ziehen, presche ich vor. Und diesmal bin ich vielleicht zu weit vorgeprescht.«
»Jedenfalls
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