Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)
unseren Museumssonntag. Komm doch mit“, schlug sie vor, als wir uns mal wieder an der Kaffeemaschine in der Küche trafen. Anscheinend war unsere Koffeinabhängigkeit eine unserer wenigen Gemeinsamkeiten. „Wir gehen ins Musée Rodin.“
Ich überlegte nicht lange. „Okay.“
Um kurz vor drei Uhr traf ich wie verabredet vor dem Museum ein. Ich hatte vorher noch schnell mein Fahrrad abgeholt. Ich war nervös gewesen, als ich auf den Trödelladen zugegangen war, doch da er um diese Zeit geschlossen hatte, hoffte ich einer unliebsamen Begegnung mit dem Besitzer aus dem Weg gehen zu können und tatsächlich war alles ruhig geblieben. Ich hatte mir mein Fahrrad geschnappt und war schnellstens davon gefahren.
Und jetzt stand ich vor dem Musée Rodin und war kurz davor, erneut David gegenüber zu treten. Marianne hatte zwar nichts von seinem Erscheinen gesagt, aber ich war mir ziemlich sicher, dass er mit von der Partie sein würde.
Doch i ch wusste nicht, wie ich ihm begegnen sollte. Ich wollte vor den anderen nicht den Eindruck erwecken, wir würden uns in irgendeiner Art und Weise besser kennen und mir war auch noch nicht klar, wie ich damit umgehen sollte, dass ich wusste, dass er, während er sich unverfänglich mit den anderen unterhielt, gerade ihre Gedanken las. Das war irgendwie unheimlich. Und machte mich doch irgendwie zum Mittäter, oder?
Doch bevor ich mir darüber ausführliche Gedanken machen konnte, erschienen Julien und meine Schwester, kurz darauf Brigitte und fünf Minuten später war die Clique mit Sebastien und Martin komplett. Bis auf David. Doch keiner schien auf ihn zu warten, denn die fünf gingen fröhlich quatschend zum Eingang. Ich sah mich noch mal um und folgte ihnen dann ins Innere.
„Hast du mich vermisst?“, ertönte keine zwei Minuten später eine wohlbekannte , melodiöse Stimme an mein Ohr. Ich stand immer noch in der Schlange des Ticketschalters, die anderen waren bereits vorangegangen. Ich hatte eine ältere Dame vorgelassen, die sich nun zum Dank ausgiebig mit der Frau am Schalter unterhielt.
Ich warf David über meine Schulter hinweg eine sarkastische Grimasse zu. „Hast du mein Telefon dabei?“
„Nette Ausrede.“ Er grinste mich belustigt an. „Zweimal“, rief er dann über mich hinweg der Dame am Kassenschalter zu, die endlich ihre ausschweifende Unterhaltung mit der älteren Dame beendet hatte, und bevor ich protestieren konnte schob er auch schon das Geld für die Eintrittskarten über den Tresen.
„Ich kann für mich selbst bezahlen“, murrte ich.
David hielt mir eine Eintrittskarte hin. „Ich weiß. Aber ich war dir noch was für den lausigen Kinoabend schuldig.“
Ich nahm die Karte und ging neben ihm durch den Eingang ins Innere des Museums. „Nicht nötig“, erwiderte ich gleichgültig. „Ich habe das Kleid verscherbelt.“
David blieb abrupt stehen und sah mich fassungslos an. „Hast du nicht!“
Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. „Wow, ich habe es tatsächlich geschafft den weltmännischen David zu überrumpeln. Zum zweiten Mal! Hach, was bin ich doch für ein außergewöhnliches Geschöpf.“ Damit stolzierte ich einfach an ihm vorbei und schloss zu den anderen auf, die bereits, ganz die Kunstverständigen mimend, staunend um eine der ausgestellten Plastiken Rodins standen, während Martin irgendwas von einer Schaffenskrise faselte.
Ich spürte Davids brennenden Blick auf mir und ich musste mich schwer bemühen, das Grinsen, das nicht mehr von meinem Gesicht verschwinden wollte, vor den anderen zu verbergen.
Es dauerte nicht lange , bis sie ihn entdeckten. Wie immer wurde er mit großer Begeisterung begrüßt. Da auf mich wieder mal nicht geachtet wurde, ging ich einfach weiter zur nächsten Statue, ohne David weiter zu beachten.
Martin packte schließlich wieder seinen mäßigen Kunstsachverstand aus und erzählte uns oberflächliche Begebenheiten zu Rodins Schaffenszeit. Dabei warf er mir immer wieder einen abschätzigen Blick zu, als erwartete er, dass ich ihn wieder unterbrechen und eines Besseren belehren würde.
D och ich hielt mich schweigend zurück, kreuzte aber ein paar Mal Davids Blick, der mich auch irgendwie herausfordernd ansah. Doch heute würde ich mich nicht einmischen. Ich würde mich dezent im Hintergrund halten und nicht auffallen. Eigentlich wollte ich sowieso nur mein Telefon haben und dann verschwinden. Das Rodin-Museum musste man sich im Frühsommer ansehen, wenn man genüsslich im Park schlendern und
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