Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)
über Shakespeares Werke. Darin wird auch sein komödiantisches Talent behandelt. Ich kann es dir leihen, wenn du willst.“
Ich war noch zu irritiert von mir und diesem Gespräch, als dass ich lange über meine Antwort nachdachte. „Das wäre toll“, antwortete ich automatisch. Wieder herrschte einen Moment lang irritiertes Schweigen auf beiden Seiten.
„Hast du heute eigentlich schon etwas Anständiges gegessen?“, fragte David unvermittelt, und der leichte Vorwurf, der in seiner Stimme mitschwang, weckte schließlich wieder meinen Argwohn gegen ihn.
„Das geht dich nichts an“, murrte ich zurück.
„Du musst anständig essen. Du bist viel zu dürr und wie die Vergangenheit gezeigt hat, belastet das deinen Körper bereits.“
„Ich dachte in deiner Branche wäre es normal, seinen Körper auszuzehren. Deine Designer stehen doch auf diesen ausgemergelten Look.“
„Einen Look, den ich nicht unterstütze“, erwiderte David scharf. „Und da du nicht scharf auf einen Modeljob bist, gibt es für dich keinen Grund , deinen Körper auszuzehren. Ich dachte eigentlich nicht, dass du eitel bist.“
Diese Bemerkung ließ mich erzürnt aufschnauben. „Nein, wie könnte ich auch.“
David seufzte. „Dein glamouröser Auftritt bei Lamentains Show scheint dich nichts gelehrt zu haben.“
Ich wusste nicht, was David damit meinte. „Er hat mich gelehrt, dass die Modebranche sich nicht groß von der Zuhälterei unterscheidet. Junge Mädchen werden wie eine Ware behandelt und herumgereicht. Und du spielst munter mit. Und behauptest jetzt, du fändest das verwerflich. Ein bisschen arg doppelmoralisch, findest du nicht?“
David reagierte an ders als erwartet. „Du hast Recht“, gab er ernüchtert klingend zu. „Die Modebranche ist oft vergleichbar mit einer Stutenschau. Aber kein Markt ohne Angebot und Nachfrage. Viele Mädchen hätten ohne zu zögern alles dafür gegeben, um an deiner Stelle zu sein. Von Lamentain höchstpersönlich dazu auserkoren zu werden, seine Kleider auf einer wichtigen Veranstaltung zu tragen, gleicht einem Ritterschlag.“
„Um den ich nicht gebeten habe “, warf ich mürrisch zurück, aber Davids Worte verunsicherten mich mehr als ich zugeben wollte.
Davis seufzte ergeben auf. „Ich weiß.“ Das klang so entwaffnend ehrlich, dass ich noch mehr verunsichert wurde. „Auch Gerard Battinant schwärmt von dir in den höchsten Tönen. Ich habe ihn diese Woche angerufen, um die Wogen zwischen uns zu glätten, und er kam gar nicht aus seiner Lobhudelei über dich heraus.“
„Ich werde ihn anrufen und die Sache klären. Ich gehe auf keinen Fall zu dieser Veranstaltung.“ Es erschien mir richtig. Ich wollte mit der ganzen Sache nichts mehr zu tun haben und ich wollte seltsamerweise auch nicht, dass David deswegen noch mehr Ärger bekam.
„Aber nein! Wieso denn? Du solltest den Abend genießen.“
„Unter Genu ss verstehe ich etwas anderes.“
„Wo wir wieder beim Thema Essen wären “, lenkte David geschickt vom Thema ab. „Hast du nun schon etwas gegessen heute Abend?“
Ich zögerte. Plötzlich hatte ich keine Lust mehr, mich mit David zu zanken. „Nein, habe ich nicht. Unser Kühlschrank gibt nicht viel her und ich wollte nach der Uni gleich nach Hause.“
„G ut“, erwiderte David mit zufriedenem Tonfall. „Dann lass es dir schmecken“, fügte er noch rätselhaft hinzu, und bevor ich nachfragen konnte, was er damit meinte, klingelte es an der Wohnungstür. Einen Moment lang war ich wie gelähmt und starrte nur auf die Tür. Da David still blieb, stand ich schließlich langsam auf und ging, das Telefon immer noch ans Ohr gepresst, auf die Wohnungstür zu. Zögernd öffnete ich sie, nicht wissend, was oder wer mich da konkret erwartete, doch als ich hinaussah, entdeckte ich auf dem Fußabstreifer nur eine weiße Plastiktüte mit einer Styroporschachtel darin. Ich nahm sie vorsichtig an mich und spähte hinein. Der verführerische Duft meines Lieblingsgerichts aus dem Falaffelladen strömte mir entgegen. Ich war sprachlos.
„Ich hoffe, ich habe das richtige Gericht gewählt.“ Ich zuckte zusammen, als Davids Stimme plötzlich wieder durch den Telefonhörer tönte.
„Du besorgst mir Essen?“, entfuhr es mir ungläubig. Wie machte er das? Telefonierte mit mir und legte mir gleichzeitig warmes Essen vor die Tür und blieb doch unsichtbar. Er musste doch in der Nähe sein, oder? Ich sah mich im dunklen Hausflur um, doch da war niemand. Weil es mir unheimlich war,
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