Entzweit : Vereint (ambi : polar) (German Edition)
Aussehen zusammen. Wir sind alle sehr blasshäutig und haben alle hellblaue Augen, was uns stark abhebt vom Aussehen der Dunklen. Zum anderen hat das aber auch mit der Tageszeit zu tun, in der wir uns vornehmlich jeweils aufhalten. Wir, die Hellen, regieren den Tag. Die Dunklen die Nacht.“
Seine Worte machten mich stutzig. „Was verstehst du unter regieren? Gibt es etwas, um das ihr kämpft?“
David verzog unwillig die Mundwinkel und wackelte unschlüssig mit dem Kopf hin und her, als könnte er sich nicht entscheiden, meine Frage zu bejahen oder zu verneinen. „Hmm. Nun, umkämpfen ist der falsche Ausdruck. Aber wir bemächtigen uns derselben Quelle.“ Da ich ihn zweifelnd ansah, fügte er zögernd noch hinzu: „Nahrungsquelle.“
Ich zuckte unwillkürlich zurück. „Nahrungsquelle? Wie ist das zu verstehen?“
„Naja, wir leben nicht von Luft und Liebe. Wir brauchen wie die Menschen sozusagen Nährstoffe, um zu überleben. Beziehungsweise, um unsere Fähigkeiten aufrechtz uerhalten.“
„Du meinst Vitamine, Mine ralstoffe, Wasser?“
David bewegte erneut missmutig den Kopf hin und her. „Nein, nicht ganz. Wie ich bereits erklärte, sind wir keine Menschen in dem Sinne wie du sie kennst, sondern menschenähnliche Wesen. Deswegen ernähren wir uns auch anders. Beide Spezies, also die Dunklen ebenso wie wir Hellen. Nur dass wir uns unterschiedlich ernähren, allerdings von derselben Quelle. Was uns unweigerlich immer wieder zusammenbringt und irgendwie auch aneinander bindet. Und schließlich zu einem Gleichgewicht zwischen uns führt.“
„ Aha. Und was hat diese Quelle mit den Menschen zu tun?“
David seufzte ergeben auf und versah mich mit einem Blick, der wohl ausdrücken sollte, dass es mir wohl nicht gefallen würde, was ich nun hören würde. „Nun. Auf der Erde gibt es immer Jäger und Gejagten. Alles steht in Zusammenhang zueinander und gleicht sich gegenseitig aus. Der Mensch stellt in diesem System keine Ausnahme dar. Auch er ist Teil dieses Gleichgewichts.“ Er stockte, dann ließ er die Bombe platzen. „Wir, die Dunklen und die Hellen, sind quasi die Jäger der Menschen. Der Mensch ist unsere Beute.“
„Was?“ Ich starrte ihn fassungslos an. Durch meinen Kopf flirrten unwillkürlich schon wieder Bilder aus dem dämlichen Vampirfilm aus dem Kino.
„Es ist nicht so, wie du es dir wahrscheinlich gerade vorstellst“, versuchte David zu beschwichtigen. „Im Grunde kennst du unsere jeweilige Nahrung ja schon. Zumindest die der Dunklen hast du schon selbst genossen.“ Da ich ihn immer noch anstarrte wie einen Marsmenschen fuhr er fort. „Wie ich bereits erwähnte, bemächtigen sich die Dunklen der Körperenergie der Menschen, und wir Hellen, wir ernähren uns von den Gedanken der Menschen. Der Gedankenkraft genauer gesagt.“
Ich versuchte das zu verarbeiten, doch mein Verstand schien sich dagegen zu wehren. „Du ernährst dich von Gedanken?“, kam es ungläubig über meine Lippen.
„Ja“, bestätigte David locker, als wäre das etwas völlig Selbstverständliches.
„Ja, klar“, erwiderte ich sarkastisch und musterte ihn abschätzig. Er machte einen völlig aufrichtigen Eindruck. Seine ganze Haltung war locker und entspannt, aber er wirkte offen und ehrlich. Dennoch konnte das nicht sein Ernst sein. Dann fuhr mir ein Gedanke durch den Kopf. „Nehmen wir mal an, ich würde dir das glauben“, ich machte eine wegwerfende Handbewegung, als wäre das nebensächlich. „Du sagtest eben, dass ihr diese … Nahrung“, es fiel mir schwer, das so zu bezeichnen, „benötigt, um zu überleben. Wie meinst du das? Was passiert, wenn ihr keine Körperenergie oder Gedankenkraft bekommt?“
David musterte mich ernst. „Dann sterben wir.“
„Aha.“
David holte tief Luft. „ Es ist wie bei euch Menschen. Ohne Nahrung verhungern wir.“
„Wie bald?“
„Wenige Tage bis wenige Woche. Das hängt davon ab, wie stark man zuvor war, also unter welchen Umständen dieser Entzug zustande kam und wie man damit umgeht. Auf jeden Fall ist er unwiderruflich. Ist der Sinn einmal abgestorben beziehungsweise ist der Zugang zum Energieaufladen einmal gekappt, gibt es kein Zurück mehr. Die Zeit läuft ab und für die meisten ist das ein sehr schmerzlicher Verlust, der sie dann noch schneller sterben lässt, weil jede Emotion Energie verbraucht. Energie, die nicht mehr aufgefüllt werden kann. Wir verdursten sozusagen. Mit dem Unterschied, dass keine Rettung möglich ist. Einmal unserer
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