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Envy-[Neid]

Envy-[Neid]

Titel: Envy-[Neid] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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ein bisschen lächerlich? Ich heiße Parker. Nennen Sie mich so, ja?«
    Sie schluckte, ließ ihn aber nicht aus den Augen. »Gut. Und Sie können Maris zu mir sagen.«
    »Hatte ich vor.«
    Obwohl er offensichtlich entschlossen war, sie so oder so zu provozieren, stand ihr Entschluss, das nicht zuzulassen, genauso fest. »Parker, woher stammen Sie? Ursprünglich. Aus dem Süden, das weiß ich.«
    »Bingo! Was hat mich verraten?« Er übertrieb seine für ihn so typische gedehnte Aussprache maßlos.
    Sie lachte leise. »Nun, einmal der Akzent, obwohl Yankees Mühe haben, die regionalen Nuancen zu unterscheiden. Texaner klingen zum Beispiel ganz anders als Leute aus South Carolina, stimmt’s?«
    »Texaner sind eine eigene Rasse.«
    Wieder lachte sie. »Wo kommt Ihr persönlicher Akzent her?«
    »Warum ist das wichtig?«
    »Einige Wörter, die Sie verwenden…«
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel Abendbrot ›machen‹ statt herrichten oder kochen. Und dann das Wort ›Abendbrot‹ selbst statt Abendessen. ›Aus dem Lot bringen‹, ›Herrenbesuch‹ und solche Wörter.«
    »Vielleicht tauchen diese Ausdrücke ab und zu mündlich bei mir auf. Aus meiner Schreibe versuche ich, sie herauszuhalten.«
    »Tun Sie’s nicht. Das gibt die gewisse Würze.«
    »Ein bisschen Pep bewirkt viel.«
    Richtig. Anerkennend nickte sie. »Ich merke, Sie haben darüber nachgedacht. Sie setzen solche Ausdrücke in Ihrer Prosa bewusst ein.« Sie stützte die Arme auf den Tisch und beugte sich vor. »Parker, Ihr Text ist extrem durchdacht, Sie haben hart daran gearbeitet. Warum lassen Sie ihn dann nur ungern lesen?«
    Er hatte die Antwort parat: »Aus Angst zu scheitern.«
    »Verstehe. Kreative Menschen stecken voller Selbstzweifel. Das ist ihr Fluch. Liegt in der Natur der Sache.« Sie deutete auf seine Bücherregale. »Aber sind wir denn nicht froh, dass die meisten sich davon nicht unterkriegen lassen?«
    »Viele aber doch, nicht wahr?«, widersprach er. »Sie konnten die Häme der Kritiker nicht ertragen, die wankelmütigen Launen der Käufer, den Druck, allen Erwartungen gerecht zu werden. Oder sie erlagen dem dunkelsten aller gottverdammten Zweifel: dass sie eigentlich kein Talent hätten und diese Realität jeden Moment offenkundig würde. Wie viele Schriftsteller fallen Ihnen ein, die sich zu Tode getrunken haben? Oder die kurzen Prozess gemacht und sich das Gehirn aus dem Schädel gepustet haben?«
    Nach längerem Nachdenken fragte sie: »Sagen Sie mal, Parker, braucht es dazu mehr oder weniger Mut als zu einem Einsiedlerdasein auf einer abgelegenen Insel?«
    Das saß. Lange schien er mit sich selbst zu ringen, dann riss er seinen Stuhl herum und rollte ihn zum Arbeitsplatz, fuhr den Computer hoch und sagte dabei nach hinten gewandt: »Das bedeutet gar nichts, verstanden?«
    Sie nickte zustimmend, jedoch überzeugt davon, dass beide logen. Es bedeutete doch etwas, egal, was mit »das« gemeint war.
    »Ich habe ein erstes Kapitel geschrieben.«
    »Sie meinen, zusätzlich zum Prolog?«
    »Korrekt. Wenn Sie’s lesen wollen, können Sie das. Unter der Voraussetzung, dass ich damit Ihnen gegenüber keine Verpflichtung eingehe. Ich mache Ihnen keine Versprechungen, ob Sie das Material nun mögen oder nicht.«
    Maris trat neben seinen Stuhl. Zusammen schauten sie zu, wie die Seiten aus dem Drucker glitten. »Setzt das erste Kapitel mit dem Ende des Prologs ein?«
    »Nein. Die Prologszene erscheint am Ende der Story.«
    »Das heißt, Sie springen zurück und holen den Leser in die Zukunft?«
    »Richtig.«
    »Wie weit zurück?«
    »Drei Jahre. Kapitel Eins spielt zu der Zeit, als Roark und Todd miteinander ein Zimmer teilen.«
    »Roark und Todd«, wiederholte sie, um die Namen der Figuren zu testen. Sie gefielen ihr. »Wer ist wer?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Wen erleben wir im Prolog in Hatch Walkers Büro? Wer fährt das Boot gegen den Pier, und wer ist über Bord gegangen?«
    Diesmal grinste er ohne Bitterkeit.
    »Sie werden’s mir nicht verraten. Stimmt’s?«
    »Wenn ich’s täte, wieso sollten Sie dann noch das restliche Buch lesen?«
    »Den Rest? Heißt das, Sie wollen es tatsächlich fertig schreiben?«
    Sein Grinsen wurde eine Spur schmaler. »Zuerst wollen wir doch mal sehen, was Sie davon halten.«
    »Ich kann’s gar nicht erwarten.«
    »Freuen Sie sich nur nicht zu sehr, Maris. Schließlich ist es nur ein einziges Kapitel.«
    Er holte die Seiten aus dem Druckerschacht und stieß die Kanten auf der Tischplatte bündig.

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