Enwor 7 - Das schweigende Netz
unvermittelt, daß Skar ganz automatisch nickte, ehe er überhaupt begriff, was sie gesagt hatte. Als er es verstand, packte ihn wieder der Zorn, und diesmal konnte er ihn nicht ganz unterdrücken. Ärgerlich ballte er die Hand zur Faust, setzte zu einer geschienen Antwort an — und beherrschte sich im allerletzten Moment.
Was war nur mit ihm los?
Geduld war nie seine Stärke gewesen, aber das? Dieser entsetzliche Jähzorn machte ihm angst, umso mehr, als er nicht verstand, woher er kam.
»Vorerst«, antwortete er mühsam. »Ich... denke schon. Wenigstens, bis...«
»Was hast du?« fragte Kiina, als er nicht weitersprach.
Skar zuckte fast hilflos mit den Schultern. »Ich weiß es nicht«, gestand er. »Zorn. In mir ist so viel Zorn. Und ich weiß nicht einmal, warum.«
Kiina war nicht im mindesten überrascht. »Ihr müßt fort, Skar«, sagte sie, sehr leise, und sehr ernst. »Ich weiß, daß Del mir nicht glaubt, aber es ist dieser Ort.«
»Unsinn«, murrte Skar, aber das Wort klang nicht einmal in seinen eigenen Ohren überzeugend. »Ein Ort kann nicht böse sein. Böse sind nur denkende Wesen, Kind. Niemals ein Haus oder eine Stadt — oder eine Burg.«
»Er ist böse«, beharrte Kiina. »Ich weiß es. Ich kann es fühlen, Skar. Ich habe das alles schon einmal erlebt.«
Skar sah sie fragend an, und ein Schatten von Schmerz huschte über Kiinas Gesicht. »Ich habe das alles schon einmal erlebt«, wiederholte sie. »Es ist wie in Elay, Skar. Dort begann es genauso. Unsere Drachen haben sie geschlagen, aber der Sieg hat sie vergiftet.«:
An jedem anderen Ort und aus jedem anderen Mund hätten die Worte einfach lächerlich geklungen, aber für einen kurzen Moment
wußte
Skar einfach, daß es ganz genau so war, wie Kiina behauptete — es war dieser Ort. Er hatte es selbst gespürt, gestern abend, als er gegen den Satai gekämpft hatte, diesen unbändigen, kaum mehr zu bezwingenden Drang zum Töten, diesen entsetzlichen Haß, den er plötzlich verspürte, und gerade eben erst, als er hereingekommen war und bei Dels und Kiinas Anblick nichts als Neid und Zorn gefühlt hatte, statt Erleichterung, zur Abwechslung einmal einen Menschen in dieser Burg zu sehen, der lachte. Und ganz plötzlich mußte er daran denken, wovor ihn Drask gewarnt hatte, kurz bevor er starb:
Gebt acht, daß ihr euch nicht totsiegt, Satai.
Dels Rückkehr bewahrte ihn davor, antworten zu müssen. Der hünenhafte Satai kam im Sturmschritt in den Raum gerannt, wobei er die Türen so heftig aufstieß, daß sie gegen die Wand prallten und zitternd zurückfederten. Skar sah die Umrisse zahlreicher anderer Gestalten hinter ihm auf dem Gang. Aufgeregte Stimmen drangen an sein Ohr, und keine zwei Schritte hinter Del wuchs ein schuppiger Koloß in die Höhe, betrat das Zimmer aber nicht.
»Du hattest recht«, begann Del übergangslos. »Jemand hat gründliche Arbeit in deiner Kammer geleistet — sie sieht aus, als wären Titchs Quorrl hindurchgestürmt, fünfmal hintereinander.«
»Um das herauszufinden, hättest du nicht —«, begann Skar, wurde aber sofort von Del unterbrochen, der unbeirrt und jetzt in fast triumphierendem Tonfall weitersprach: »Trotzdem hat er einen Fehler begangen. Der Diebstahl war nur vorgetäuscht.« »Ach?« sagte Skar spöttisch.
»Dein Schwert ist nicht da«, begründete Del seine Vermutung. »Das ist nur logisch«, meinte Kiina. »Ein Satai-Schwert ist unglaublich wertvoll.«
»Es ist nicht wertvoll«, berichtigte sie Del herablassend. »Es ist tödlich, Kind. Nicht einmal der dümmste Narr würde es einem Dieb abkaufen. Nur Satai dürfen
Tschekal
führen, und nur die Hohen Satai haben das Recht, ein Rubinschwert zu tragen. Niemand wäre so dumm,
dieses
Schwert zu stehlen.«
»Na, dann ist ja alles klar«, stellte Skar säuerlich fest. »Wir gehen einfach hinunter und fragen, wer ein solches Schwert in seinem Besitz hat, nicht wahr?«
Sein Spott prallte von Del ab, und eine Sekunde später begriff er auch, warum. »Genau das werden wir tun«, antwortete Del. »Aber
sie
werden fragen, nicht wir.« Er trat einen Schritt zur Seite und deutete mit der Hand hinter sich. Der riesige Quorrl trat einen halben Schritt in den Raum hinein, und er war nicht allein: An einer Kette, deren Glieder fast so dick waren wie Skars kleiner Finger, zerrte einer der nachtschwarzen Killerhunde. Es war das mit Abstand größte Exemplar dieser Tiere, das Skar jemals gesehen hatte — fast so groß wie ein Kalb, und so stark, daß
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