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EONA - Das letzte Drachenauge

EONA - Das letzte Drachenauge

Titel: EONA - Das letzte Drachenauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Goodman
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vom Finger. »Nehmt ihn.«
    Einen Moment lang dachte ich, er würde ihn einfach nur in meine Rechte fallen lassen, doch dann drückte er mir das Metall, das seine Körperwärme gespeichert hatte, in die Hand. Mit schmerzender Kehle erinnerte ich mich daran, wie er das beim letzten Mal getan hatte. Damals hatte der Ring mich beschützen sollen. Nun sollte er ihm zu noch mehr Macht verhelfen.
    Yuso bot mir an, auf seinem Pferd mit ihm hinunter in die Ebene zu reiten – keiner wagte vorzuschlagen, ich solle hinter Ido aufsitzen –, und wir drei legten den kurzen Weg den Steilhang hinab in grimmigem Schweigen zurück. Was gab es auch zu sagen? Entweder Ido und ich hielten Dillon auf oder alle würden sterben.
    Nachdem er mir beim Absitzen geholfen hatte, schwang Yuso sich wieder in den Sattel und ließ Ido dabei nicht aus den Augen. Das Drachenauge war in das Grasland hinausgetreten, um die ferne Staubwolke besser beobachten zu können. Sethons Soldaten – ob zu Fuß oder zu Pferde – waren schließlich vor Dillon zurückgewichen und ließen ihn unbeirrbar weiter auf uns zu marschieren. Ido konnte sich kaum mehr aufrecht halten. Yuso fragte sich zweifellos das Gleiche wie ich: Würde das Drachenauge zusammenbrechen, ehe Dillon überhaupt bis hierherkam?
    Ich gab Yuso den Führstrick von Idos Pferd. Das Tier warf den Kopf hin und her und sträubte sich, plötzlich am Zaum genommen zu werden.
    »Stimmt es, was Ihr über die Schwerter Eurer Vorfahrin gesagt habt?«, wollte Yuso wissen. »Auch sie haben Macht?«
    Ich sah zu ihm hoch. Was hatte das mit der Prüfung zu tun, die vor uns lag? Dann errötete ich – zweifellos hatten alle Männer die peinlichen Enthüllungen zwischen mir, Kygo und Ido mitbekommen. »Ja«, sagte ich angespannt. »Und?«
    »Erstaunlich.« Er verbeugte sich und wendete die Pferde. Seine nichtssagende Antwort war ebenso seltsam wie seine Frage.
    Ich wandte mich von Yuso ab, der sich wieder über die Böschung zurückzog, drehte mich um und ging tief Atem holend zu Ido. Die einsame Gestalt am Horizont hatte ihn so in ihren Bann geschlagen, dass er mein Kommen gar nicht bemerkte. Plötzlich krümmte er sich mit auf die Schenkel gestützten Händen und wurde von heftigem Zittern geschüttelt. Ich schloss die Augen, weil der Schmerz wie eine Welle durch meinen Kopf fegte; als er wieder nachließ, blinzelte ich, bis ich Dillon erneut im Blick hatte.
    Der Junge schien nun viel näher zu sein als zuvor – viel zu nah für die kurze Zeit, die verstrichen war. Ich reckte den Kopf und versuchte zu begreifen, was passiert war. Meine Kopfhaut begann zu kribbeln vor Angst: Dillon bewegte sich mit einer Geschwindigkeit, die fast übermenschlich war.
    »Ido, seht, wie schnell er sich bewegt«, sagte ich.
    »Ich weiß.« Er richtete sich auf und atmete vernehmlich und unter Schmerzen ein. »Ich denke, von Dillon ist nur noch sehr wenig übrig. Er ist ganz Gan Hua .«
    Ich berührte den Blutring am Daumen. »In diesem Plan gibt es zu viele Unwägbarkeiten«, sagte ich. »Vielleicht hält das schwarze Buch die zehn Drachen ab. Vielleicht muss Dillon ganz nah herankommen, um das Righi einzusetzen. Vielleicht wirkt dieser Ring.«
    Ido wandte den Kopf. Sein Profil und sein unverwandter Blick erinnerten mich an einen wachsamen Wolf. »Eona, es ist Zeit, dass Ihr der Wahrheit ins Auge schaut. Falls wir Dillon besiegen und das schwarze Buch bekommen, dürfen wir es Kygo nicht geben. Wir müssen es behalten.«
    »Was?«
    »Das schwarze Buch ist unsere einzige Möglichkeit, die Drachenmacht zu übernehmen.«
    »Was meint Ihr mit ›übernehmen‹?«
    »Mit der Perlenkette«, sagte Ido. »Wir können unsere Macht verhundertfachen. Stellt Euch nur einmal vor, was wir alles tun könnten.«
    Ich trat einen Schritt zurück. »Das ist Wahnsinn. Die Perlenkette ist eine Waffe.«
    »Nein, hört zu.« Er warf wieder einen Blick Richtung Dillon und schätzte ab, wie weit er sich genähert hatte. »Wir sind die beiden letzten Herrschenden Drachenaugen. Wenn jemand die gesamte Drachenmacht zusammenhalten kann, statt sie als Waffe loszulassen, dann sind wir das.«
    »Zusammenhalten? Wie denn?«
    »In unserem Körper, gemeinsam – so wie wir es tun, wenn Ihr mir Euren Willen aufzwingt.« Er fuhr sich mit der Zunge über die rissigen Lippen. »Wisst Ihr noch, was ich Euch nach dem Königsmonsun gesagt habe? Was ich in dem schwarzen Buch gelesen hatte? Die Perlenkette verlangt die Vereinigung von Sonne und Mond.«
    Sonne und Mond: Das

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