Episode II - Angriff der Klonkrieger
Flüssigkeit trieb, den kleinen Daumen im Mund. In nur zehn kurzen Jahren würde dieses winzige Geschöpf, dieser winzige Mensch, ein Soldat sein, würde töten und wahrscheinlich getötet werden.
Er schauderte.
Die nächste Station der Besichtigungstour war ein riesiges Klassenzimmer mit Pulten, die in ordentlichen Reihen aufgestellt waren, und Schülern, die daran saßen. Sie schienen alle etwa zehn Jahre alt zu sein. Alle trugen die gleiche Kleidung, alle hatten den gleichen Haarschnitt, alle genau die gleichen Züge, die gleiche Haltung, den gleichen Gesichtsausdruck. Obi-Wan schaute instinktiv zu den weißen Wänden des Zimmers, als erwartete er, dort Spiegel zu sehen, die ihn täuschten und einen einzigen Jungen bis ins Unendliche multiplizierten.
Die Schüler arbeiteten weiter und kümmerten sich nach einem kurzen Blick nicht mehr um die Besucher.
Diszipliniert, dachte Obi-Wan. Viel disziplinierter als normale Kinder.
Dann fiel ihm noch etwas ein. »Ihr habt Wachstumsbeschleunigung erwähnt.«
»O ja, das ist unerlässlich«, erwiderte der Premierminister. »Ansonsten würde es ein halbes Leben dauern, bis ein Klon herangewachsen ist. Nun erledigen wir das in der Hälfte der Zeit. Die Einheiten, die Ihr gleich auf dem Paradeplatz sehen werdet, haben wir vor zehn Jahren angesetzt, als Sifo-Dyas uns den Auftrag gab, und sie sind bereits ausgereift und so gut wie bereit.«
»Demnach wurden diese hier vor etwa fünf Jahren hergestellt?«, fragte der Jedi, und Lama Su nickte.
»Möchtet Ihr jetzt die fertigen Produkte inspizieren?«, fragte der Premierminister, und Obi-Wan hörte eine gewisse Erregung in der Stimme seines Gegenübers. Der Kaminoaner war zweifellos stolz auf das, was er erreicht hatte. »Ich möchte gerne Eure Einschätzung hören, bevor ihr die Lieferung übernehmt.«
Obi-Wan war zutiefst erschüttert von der Gefühlskälte, die sich in diesen Worten zeigte. Einheiten. Fertige Produkte. Dabei ging es hier um Lebewesen! Diese Klone lebten, atmeten und dachten. Klone für solch einen Zweck herzustellen, sie so kontrolliert aufzuziehen, ihnen sogar um der Effizienz willen ihre halbe Kindheit zu stehlen, das widerstrebte zutiefst Obi-Wans Gefühl für Richtig und Falsch, und die Tatsache, dass ein Jedimeister mit alldem begonnen haben sollte, war nahezu unbegreiflich.
Ihre Tour führte sie als nächstes durch die Messe, wo hunderte erwachsener Klone - alles junge Männer in Anakins Alter - in ordentlichen Reihen saßen, alle in Schwarz gekleidet, und alle dasselbe Essen auf dieselbe Weise zu sich nahmen.
»Ihr werdet feststellen, dass sie absolut gehorsam sind«, sagte Lama Su, dem das Unbehagen des Jedi offenbar nicht auffiel. »Wir haben ihre genetische Struktur verändert, damit sie weniger unabhängig sind als das Original.«
»Wer war das Original?«
»Ein Kopfgeldjäger namens Jango Fett«, erklärte Lama Su ohne Zögern. »Wir waren ja der Ansicht, dass ein Jedi das beste Original wäre, aber Sifo-Dyas hat Jango selbst ausgewählt.«
Der Gedanke, dass man einen Jedi hatte benutzen wollen, hätte Obi-Wan beinah umgeworfen. Eine Armee von Klonen, die stark in der Macht waren?
»Und wo steckt dieser Kopfgeldjäger nun?«, fragte er.
»Er wohnt hier«, erwiderte Lama Su. »Aber er kann natürlich kommen und gehen, wie es ihm passt.« Bei diesen Worten ging er schon weiter und führte Obi-Wan durch einen Flur voll langer, transparenter Röhren.
Der Jedi sah staunend zu, wie Klone in diese Röhren krochen, sich zurechtlegten, die Augen schlossen und einschliefen.
»Sehr diszipliniert«, stellte er fest.
»Das ist der Schlüssel«, antwortete Lama Su. »Diszipliniert, und dennoch im Stande, kreativ zu denken. Es ist eine sehr machtvolle Kombination. Sifo-Dyas hat uns von der Abneigung der Jedi, Droiden zu befehligen, erzählt. Er sagte, Jedi könnten nur eine Armee aus Lebewesen kommandieren.«
Und ihr wolltet einen Jedi als Prototypen?, dachte Obi-Wan, aber er sprach es nicht laut aus. Er holte tief Luft und fragte sich, wie Meister Sifo-Dyas, wie irgendein Jedi, so willig und entschlossen diese Grenze überschritten und eine Armee von Klonen in Auftrag gegeben haben konnte. Obi-Wan begriff, dass er sein Bedürfnis nach einer direkten Antwort auf diese Frage im Augenblick zurückstellen musste. Ihm blieb kaum etwas anderes übrig, als einfach zu lauschen und zu beobachten und so viele Informationen wie möglich zu beschaffen, damit sich der Jedirat am Ende damit befassen
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