Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Epsilon

Epsilon

Titel: Epsilon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
Vom Netzwerk:
ein Kind.
    Charlie sprang auf ihn zu, ergriff ihn und drückte ihn flach auf den Boden, dann schaute er sich nach weiteren Anzeichen von Gefahr um. Er spürte die Bewegung hinter sich mehr, als dass er sie sah: Ein warnender Blick aus den angsterfüllten Augen einer der anderen Geiseln genügte. Charlie wirbelte herum, schoss und rollte sich erneut mehrmals ab. Etwas schlitzte sein Genick auf, und dabei wurde sein Kopf nach vorne gestoßen, als hätte man ihm einen Nackenschlag versetzt.
    Er sah nun, dass der Terrorist, der auf ihn gefeuert hatte, eine junge Frau war. Dichtes schwarzes Haar bauschte sich um ihren Kopf. Sie glich einem Fotomodell, das sich spielerisch vor der Kamera im Kreis drehte. Allerdings war sie bereits tot, von Charlies Kugelhagel beinahe in zwei Hälften gerissen. Ihre Waffe fiel zu Boden, während sie gegen die Wand prallte und an ihr hinunterglitt. Zurück blieb eine breite Blutspur.
    Eine unnatürliche Stille senkte sich über den Bankettsaal. Es dauerte nur ein paar Sekunden, doch es wirkte wie eine Ewigkeit, wie ein Übergang in eine andere, neue Dimension. Mit ihr kam der Schmerz, glühenden Messerstichen gleich, bis dahin verdrängt vom pulsierenden Adrenalin in Charlies Körper. Er wusste, dass es ihn schlimm erwischt hatte, doch er konnte noch atmen. Im Nacken ertastete er Blut, jedoch nicht die Fontäne, die er erwartet hätte, wenn die Halsschlagader getroffen worden wäre. Er würde schon durchhalten, obwohl ihm langsam alles vor den Augen verschwamm.
    Dann hörte er Schreie und noch mehr Schüsse in der Ferne, als die wartenden Soldaten das Gelände stürmten. Bald würde es vorbei sein. Charlie blieb nicht mehr viel Zeit.
    Er erhob sich, zog den hilflosen jungen Senator hinter sich her, stieß mit der Schulter eine Tür auf und schleppte sich in die Richtung, aus der die Schüsse und die Schreie kamen. Immer wieder stolperte er über die eigenen Füße und musste schwer kämpfen, um bei Bewusstsein zu bleiben. Doch bevor ihm die Sinne schwanden, führte er noch den wichtigsten – und geheimsten – Teil seiner Mission aus.
    Er jagte eine Kugel durch den Kopf des jungen Senators.
12
    Der Mann am Telefon erzählte Susan, dass Samples aus dem Fenster seines Apartments im achten Stock gestürzt sei. Offiziell seien weder Hinweise auf Selbstmord noch auf Mord festgestellt worden. Susan war sich nicht sicher, ob sie die leichte Betonung auf dem Wort »offiziell« tatsächlich hörte oder sich nur einbildete. Dann entschuldigte sich der Mann, er könne nicht länger sprechen, da er zu einer Konferenz müsse. Susan fragte ihn nach seinem Namen, und er antwortete: »Tom Schiller.« Sie dankte ihm und legte auf.
    Am nächsten Tag flog Susan, ohne irgendjemanden davon zu erzählen, nach Baltimore und suchte das Büro auf, in dem Tom Schiller arbeitete. Die Gegend, in der es lag, kam ihrer Vorstellung ziemlich nahe, allerdings befand sich das Büro über »Budds Radio Bude« und nicht über einem chinesischen Schnellimbiss. Die Eingangstür sah sehr solide aus und war mit mehreren Schlössern und einer Sprechanlage ohne Namensangabe versehen. Susan drückte den Knopf und wartete. Nach ein paar Augenblicken ging ein Licht an, obwohl es helllichter Tag war, und Susan merkte, wie sie durch eine Videokamera gemustert wurde. Die Stimme einer Frau ertönte.
    »Ja? Kann ich Ihnen helfen?«
    Susan erklärte, wer sie war, und entschuldigte sich, dass sie keinen Termin vereinbart hatte. Die Frau bat sie zu warten, und wenig später forderte sie sie auf, nach oben zu kommen. Die Tür sprang mit einem Klicken auf, und Susan stieg eine schmale Treppe hinauf, an deren Ende sie eine weitere solide Tür vorfand, ebenfalls mit mehreren Schlössern und einem Türspion versehen. Sie klingelte, und kurz darauf wurde ihr von einer attraktiven jungen Frau in Jeans und Rollkragenpulli geöffnet. Sie sah aus, als wäre sie unter normalen Umständen durchaus zu einem freundlichen Lächeln in der Lage, an diesem Morgen wirkte sie allerdings angespannt und schien mit den Gedanken ganz woanders zu sein. Von einem mürrischen Misstrauen der Welt im Allgemeinen gegenüber, das Susan eigentlich erwartet hatte, war jedoch nichts zu spüren.
    Auch Tom Schiller war, wie sie feststellte, ein erstaunlich offener und angenehmer Gesprächspartner. Er konnte nicht älter als dreißig sein, seine Züge waren ebenmäßig, seine Kleidung sportlich, und zweifellos war er intelligent. Wie er Susan erzählte, leitete er das

Weitere Kostenlose Bücher