Epsilon
Unternehmen zusammen mit zwei Assistenten, von denen Susan bereits eine getroffen hatte. Der andere Assistent war ein hoch aufgeschossener junger bärtiger Mann, der sich um die Computer kümmerte. Autoren und freie Redakteure, von denen Dan Samples einer gewesen war, gingen nach Belieben ein und aus, erklärte Schiller. Susan gewann den Eindruck, dass diese freien Mitarbeiter zu jenen gehörten, die sich ihrer Sache verschrieben hatten, während Schiller selbst nur eine verlegerische Nische für sich gefunden hatte, von der aus er den Aufbau eines größeren Imperiums plante. Nichtsdestotrotz lagen ihm die Themen, um die es ging und die sein Team, wie er es nannte, recherchierte, am Herzen.
Sie gingen zum Mittagessen in ein italienisches Restaurant in der Nähe. Susan bestand darauf, ihn einzuladen. Er nahm dankend an und aß mit gesundem Appetit. Schiller hatte keine Ahnung, wer Susan war oder warum Samples sich mit ihr in Verbindung gesetzt hatte. Er wusste nur, dass Samples eine Geschichte verfolgt hatte, die er seine »Der-bionische-Mann-Story« nannte, und dass er deswegen kürzlich in Russland gewesen war. Es war ihm auch bekannt, dass Samples dort auf etwas gestoßen war, nicht jedoch, was das war.
»Die meisten der Jungs lassen sich nicht gerne in die Karten schauen. Je weniger Leute von ihren Recherchen wissen – so glauben sie wahrscheinlich –, desto geringer das Risiko, verspottet oder angefeindet zu werden. Oder aus dem Fenster gestürzt zu werden.«
Er schob sich eine Gabel Ravioli in den Mund und beobachtete gelassen, wie Susan auf seine Worte reagierte.
Sie blinzelte einige Male und spürte, wie sich ihre Augen skeptisch zusammenkniffen, als sie seinen Blick erwiderte. »Wollen Sie damit andeuten, dass Dan Samples ermordet wurde?«
Schiller senkte den Blick, während er beiläufig noch ein paar Ravioli aufspießte. »Glauben Sie das nicht auch, Dr. Flemyng?«, fragte er. »Was sonst sollte Sie hierher führen? Sie sagten, Sie haben ihn nur ein einziges Mal getroffen. Er muss Ihnen etwas mitgeteilt haben, das Ihr Interesse nicht unerheblich erregt hat.«
Er führte die Gabel zum Mund, sah Susan wieder an und wartete auf ihre Antwort.
»Ich muss sagen, dass Sie die ganze Sache recht gelassen aufnehmen, Mr. Schiller. Als wäre es beinahe etwas Alltägliches, dass einer Ihrer Angestellten, Kollegen oder was immer er auch war, aus dem achten Stock stürzt.«
Schiller verneinte fast unmerklich mit dem Kopf. »Im Gegenteil«, sagte er, »ich bin wirklich sehr besorgt. Ich will nur ganz sicher gehen, mit wem ich es zu tun habe, bevor ich meine Sorge zum Ausdruck bringe.«
Sie hielt seinem Blick für ein oder zwei Sekunden stand, dann griff sie in ihre Tasche und zog das Polaroidfoto hervor, das Samples ihr gegeben hatte. »Wissen Sie, wer das ist?«, fragte sie und deutete auf John.
Er schüttelte erneut den Kopf, diesmal energischer. »Wo wurde das aufgenommen?«, wollte er wissen.
»In Sibirien. Irgendwo in einem Ort mit Namen Ostjachon, ungefähr hundertsechzig Kilometer südlich von Norilsk.«
Schiller hörte regungslos zu, während sie ihm die ganze Geschichte erzählte, wobei sie nur die Tatsache ausließ, dass sie Latimer West vorgeschlagen hatte, rechtliche Schritte gegen Samples und seinen Verleger einzuleiten. Als sie geendet hatte, atmete Schiller tief durch, schürzte gedankenverloren die Lippen und schlug schließlich vor, einen Spaziergang zu machen.
Susan fragte erst ein paar Blocks weiter, wohin er sie führte. Zur Antwort deutete er auf ein ziemlich heruntergekommenes Apartmenthaus auf der gegenüberliegenden Straßenseite. »Dan Samples hat dort drüben gewohnt. Kommen Sie, ich werde Ihnen seine Wohnung zeigen.«
Während sie die Straße überquerten, wanderte Susans Blick unwillkürlich hinauf zum achten Stockwerk. Es war ein gewaltiger Sturz von dort oben bis zum Bürgersteig. Der Gedanke beschäftigte sie, bis sie bemerkte, dass Schiller einen Schlüsselbund aus seiner Tasche gezogen hatte und auf die abgenützte, mit Graffiti beschmierte Tür zuging. Sie folgte ihm in die düstere, nur spärlich erleuchtete Eingangshalle. Es gab keinerlei Möbel, bis auf einen halbrunden Schalter, hinter dem in besseren Tagen wohl ein Portier gesessen hatte. Heute sah der Raum so aus, als werde er nicht einmal mehr regelmäßig geputzt. Die Wände waren kahl, und die Luft roch abgestanden. Sie sprachen beide kein Wort, bis sie den Fahrstuhl erreicht hatten und quietschend und holpernd in
Weitere Kostenlose Bücher