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Epsilon

Epsilon

Titel: Epsilon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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sich zum tausendsten Mal. Was war aus ihr geworden? Sie hatte keinen leichten Start ins Leben gehabt, genauso wenig wie er selbst. Doch er hatte Glück gehabt. Er hoffte, dass es Kathy ebenso ergangen war.
    Und er fragte sich, ob es ihm vielleicht eines Tages gelingen würde, sie wiederzufinden.
21
    Charlie hatte nie zuvor mit Control über Sex gesprochen. Ein Grund jedoch, warum dieser Mann so Vertrauen erweckend auf Charlie wirkte, war die Tatsache, dass er nie einer Frage auswich oder eine unklare Antwort gab.
    »Mein Gott, Charlie, was glauben Sie, wozu Ihre rechte Hand da ist?«
    »Sir?«
    Control senkte den Kopf und beugte sich vor. Sein Blick bohrte sich tief in Charlies Augen.
    »Ihr Schwanz wird schon nicht gleich abfallen, wenn Sie mal ein paar Tage lang keinen Sex haben.«
    »Es könnte Wochen dauern, Sir, wie Sie selbst gesagt haben.«
    Control lehnte sich wieder zurück. Sein Seufzen klang gereizt. Sie saßen draußen vor einer Kaffee-und-Donut-Raststätte am Rande der 101 in Richtung Norden. Sie waren getrennt hergekommen.
    »Ich sage Ihnen was, Charlie«, fuhr Control schließlich fort, nachdem er eine Weile mit den Fingern auf der Tischplatte getrommelt hatte. »Wir geben Ihnen eine Telefonnummer und werden dafür sorgen, dass Ihnen von Zeit zu Zeit ein paar Mädchen geschickt werden. Wir werden uns sogar um die Rechnung kümmern – innerhalb vernünftiger Grenzen.«
    »Danke, Sir, das hört sich gut an. Aber ich würde es vorziehen, vor Ort persönliche Kontakte zu knüpfen.«
    »Sie kennen die Regeln, Charlie. Alles, was den Erfolg oder die Sicherheit der Operation gefährden könnte…« Controls Blick verhärtete sich. »… glauben Sie mir, Sie wollen gar nicht wissen, was Ihnen in einem solchen Fall drohen würde. Haben Sie verstanden?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Regel Nummer eins, Charlie. Wie lautet sie?«
    »Keinen Mist bauen, Sir.«
    »Und Regel Nummer zwei?«
    »Keinen Mist bauen, Sir.«
    »Nummer drei?«
    »Keinen Mist bauen, Sir.«
    »Und der Rest?«
    »Keinen Mist bauen, Sir.«
    »Ganz genau.«
    Control ließ die letzten Worte drohend in der Luft schweben – zweifellos, um ihnen Nachdruck zu verleihen. Aber Charlie hatte verstanden. Der Job hatte absoluten Vorrang. Alles andere spielte nur die zweite Geige.
    Autos brausten in gleichförmiger Regelmäßigkeit vorbei.
    »Ich werde keinen Mist bauen, Sir.«

    Charlie nahm an, dass Überwachungsaufgaben ein Job für Rekonvaleszenten waren. Das hatte zumindest Control behauptet.
    »Ich werde Sie wieder aufs Karussell steigen lassen, Charlie. Ein bisschen Aufwärmtraining, nichts allzu Schweres.«
    Sie hatten ihm eine alte Fischerhütte gemietet, die hübsch dekoriert und bequem eingerichtet worden war, mit einem angebauten Atelier. Was immer Charlie brauchte, wurde von Old Harbour aus angeliefert, wie die Anwohner das erst kürzlich erschlossene und florierendste Viertel ihrer Gemeinde nannten.
    Charlie gefiel die Küste Neuenglands. Er war nie zuvor an der Ostküste gewesen, aber man hatte ihm versichert, dass das Leben dort sich nicht wesentlich von dem in Kalifornien unterschied, außer dass sowohl das Klima als auch die Menschen etwas kühler waren. Seiner Tarnung entsprechend, gab er sich als Künstler auf Urlaub aus, der eine Reihe von Landschaftsbildern malen wollte. Das war das Naheliegendste gewesen, und es verschaffte Charlie den Vorteil, frei über seine Zeit verfügen zu können, sodass er sich überall so lange wie nötig aufhalten konnte, ohne dadurch Verdacht zu erregen.
    Der Frühling war gerade erst ins Land gezogen, und überall regte sich neues Leben. Morgens malte Charlie draußen. Er stand früh auf, weil dann das Licht am besten war. Am Nachmittag joggte er oder ging schwimmen, manchmal arbeitete er auch im Atelier weiter. Und manchmal setzte er sich in seinen Geländewagen und fuhr nach Old Harbour, um dort zu Abend zu essen oder einfach nur ein paar andere Gesichter zu sehen. Auf der Fahrt kam er an dem Haus vorbei, das er beobachten sollte und das er durch starke Ferngläser auch von seiner Hütte aus sehen konnte. Bis jetzt war es verschlossen und unbewohnt geblieben. Es war aus weißen Backsteinen errichtet, mit Bück aufs Meer. Die Fensterläden waren grün gestrichen, der Garten liebevoll gepflegt und von einem Lattenzaun umgeben. In der ersten Woche hatte Charlie mehrmals einen Gärtner bei der Arbeit beobachtet, doch mithilfe einiger diskreter Nachforschungen schnell festgestellt, dass dieser ein paar Kilometer

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