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Epsilon

Epsilon

Titel: Epsilon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ambrose
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erstellt hätte, dann hätte unsere Begegnung ganz oben gestanden!«
    Das rief ein leises, unsicheres Lächeln bei ihr hervor. Ihre Augenlider zuckten kurz. Charlie fühlte sich wieder etwas sicherer. Für einen Augenblick hatte er befürchtet, dass Kathy sich umdrehen und davonlaufen würde. Vorsichtig legte er den Pinsel auf seine Palette.
    »Du erkennst mich doch, Kathy, nicht wahr? Du erinnerst dich an mich?«
    »Ja, Charlie, natürlich, ich habe dich gleich erkannt.« Sie hielt kurz inne, und dann fügte sie beinahe entschuldigend hinzu: »Schön, dich zu sehen.«
    Mehr Ermunterung brauchte Charlie nicht. Er trat vor, um sie in die Arme zu schließen, um all die verlorenen Jahre mit einer einzigen, liebevollen Umarmung davonzufegen. Doch er sah, wie sie erschrocken zusammenzuckte und erneut unwillkürlich zurückwich.
    »Keine Angst, Kathy. Ich will dir nicht wehtun.«
    Sie musste den Schmerz bemerkt haben, den ihre Angst ihm bereitete, denn sie entspannte sich sichtlich. Zwar kam sie nicht näher, doch immerhin vermittelte sie nicht mehr den Eindruck, als wolle sie jeden Moment die Flucht ergreifen.
    »Das weiß ich«, sagte sie. »Es ist nur, wie du richtig sagst, ein ziemlicher Schock. Es tut mir leid.«
    Charlie blieb, wo er war, und respektierte den Abstand, den sie offensichtlich für nötig erachtete.
    »Schon gut«, erwiderte er, »wir wollen nichts überstürzen. Schließlich haben wir genug Zeit.« Dann korrigierte er: »Nun, ich habe gut reden. Ich weiß natürlich nicht, wie es bei dir aussieht. Ich weiß gar nichts von dir…«
    Er blickte auf ihre Hand. Sie trug einen Ehering. Der Anblick verursachte ihm einen unerwarteten, schmerzhaften Stich. Sie bemerkte seinen Blick und bedeckte ihre Linke beinahe entschuldigend mit der rechten Hand – ließ diese aber sofort wieder sinken, als ihr die Absurdität der Geste bewusst wurde.
    »Du bist verheiratet«, sagte Charlie und hoffte, die Enttäuschung in seiner Stimme wäre nicht allzu offenkundig.
    »Ich war es«, antwortete sie. »Mein Mann ist gestorben.«
    So, wie sie es sagte, trafen ihn die Worte härter, als er vermutet hätte. »Tut mir leid. Was ist passiert?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ich möchte lieber nicht darüber reden.«
    »Natürlich.«
    Fast hatte er sie gefragt, ob sie Kinder hatte, ließ es dann aber sein. Lass ihr Zeit, sagte er sich. Lass uns beiden Zeit!
    »Also, was machst du hier?«, fragte er stattdessen. »Lebst du hier irgendwo in der Nähe?«
    »Nein. Ich bin nur auf Besuch. Und du?«
    »Das Gleiche.« Erwies auf seine Staffelei. »Ich habe mit dem Malen angefangen.«
    »Sieht aus, als seiest du ziemlich gut«, lobte sie mit einem Blick auf die Leinwand. »Ich würde gern mehr von deinen Bildern sehen.«
    »Ich zeige sie dir gerne. Wirst du länger bleiben?«
    Sie zögerte. »Schwer zu sagen.«
    Charlie fragte sich, was dieses Zögern zu bedeuten hatte. In ihm verstärkte sich der Verdacht, dass nicht nur ihr unerwartetes Zusammentreffen sie belastete, Da war noch etwas anderes, das sie beunruhigte.
    »Sagst du mir, wo ich dich erreichen kann? Darf ich dich anrufen?«
    Sie zuckte erneut mit den Schultern, als wolle sie der Frage ausweichen. »Ich mache für gewöhnlich morgens einen Strandspaziergang. Wir werden uns sicher begegnen, wenn du dann auch hier bist.«
    »Ich werde hier sein.«
    Sie sah ihn an. Er spürte, dass sie das Thema wechseln wollte. »Du bist also ein Künstler«, sagte sie. »Kannst du davon leben? Stellst du deine Bilder aus? Hast du einen bestimmten Agenten?«
    »Ja… ich meine: Ich habe einen Agenten. Leben tue ich nicht gerade davon. Ich habe noch…«
    Er merkte gerade noch rechtzeitig, dass er dabei war, mehr zu erzählen, als gut war, und hielt inne. Er hatte eine Tarnung, und solange er hier war, um seinen Job zu erledigen, musste er diese aufrechterhalten.
    »Na ja, in gewisser Weise mache ich’s doch – davon leben, meine ich.«
    Sie neigte den Kopf zur Seite und sah ihn prüfend an.
    »In gewisser Weise? Bist du nur bescheiden? Oder wolltest du eben sagen, dass du noch einen anderen Job hast?«
    »Ich war eine Zeit lang in der Army. Als sie mich damals das letzte Mal weggebracht haben, haben sie mich in eine Art Militärschule gesteckt.« Er hielt inne und beobachtete, wie sie darauf reagierte. »Du erinnerst dich doch an das letzte Mal, damals, als sie uns auf dem Rangierbahnhof erwischt haben?«
    Sie nickte beinahe unmerklich. »Ja, ich erinnere mich.«
    »Es ist so schön, dich

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