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ePub: Ashes, Ashes

ePub: Ashes, Ashes

Titel: ePub: Ashes, Ashes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Treggiari
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Sein versteinerter Gesichtsausdruck, während er sie aus dem Raum zerrte, hielt Lucy davon ab, irgendwelche Fragen zu stellen, und danach hatte es sich nicht mehr ergeben.
    Lucy kehrte nicht mehr in die Schule zurück. Sie versäumte die Abschlussprüfungen und holte ihr Zeugnis nicht ab – und bald schon gab es keinen Grund mehr, noch einen Gedanken auf die Schule zu verwenden. Etwa einen Monat später hatte sie ihr Jahrbuch erhalten, per Post und direkt aus der Druckerei, mit einem Adressaufkleber aus dem Computer.
    Ein paar Seiten weiter gab es noch ein Foto von Lucy: Sie saß über ihr Tagebuch gebeugt an einer Schulbank, ihr Haar wie einen dichten Vorhang vor ihrem Gesicht, und schrieb konzentriert. Rundum sah man Leute lachen und reden und wild gestikulieren. Sie bewegten sich um Lucy herum, als ob sie gar nicht da wäre. Und irgendwie war sie es ja auch nicht. In Gedanken war Lucy meist auf Reisen gewesen und hatte den Tag herbeigesehnt, an dem sie ihrem Leben entfliehen konnte. Das alles schrieb sie in ihr Tagebuch.
    Beim Durchblättern musste Lucy sich selbst eingestehen, dass sie irgendwie komisch und nichtssagend wirkte. Sie schlug das Buch zu. Nicht zum ersten Mal überlegte sie, ob sie es nicht verbrennen oder einfach wegwerfen sollte. Aber schließlich verstaute sie es wieder sorgfältig, dieses Mal in einem Falz der orangefarbenen Plastikplane an der Wand. Sie setzte sich ans Feuer, umklammerte mit den Armen ihre Schienbeine und legte das Kinn auf ihr knochiges Knie. Ihr Körper bebte vor Erschöpfung.
    Sie überlegte, ob Aidan mit ihr gesprochen hätte, wenn er auf ihre Schule gegangen wäre, oder ob er eher zu den angesagten Cliquen gehört hätte. Sie konnte ihn sich genau vorstellen: selbstbewusst, unkompliziert und entspannt in einem coolen Basketball-Trikot, mit Julie und Hilly an seinen muskulösen Armen, die ihn anhimmelten. Aber wie war er wirklich? Einerseits erinnerte er Lucy tatsächlich an die Jungs von ihrer Schule. Er besaß diese Zuversicht, diese Gelassenheit, von der Lucy annahm, dass sie sich wohl einstellte, wenn im Leben einfach alles nach Wunsch lief. Und wenn man so aussah wie er. Wie ein Model aus einem coolen Sportklamottenkatalog. Auf der anderen Seite strahlte er aber auch etwas ganz anderes aus. Sie konnte nur nicht sagen, was es war.
    Zwei Dinge gab es, die Lucy störten: Das eine war, dass Aidan offenbar ganz gut Bescheid darüber wusste, dass es sie gab und wo sie wohnte. Sie überlegte, ob er ihr nicht doch hinterherspioniert hatte. Sie hatte ja schon eine ganze Weile das Gefühl gehabt, beobachtet zu werden. Und wenn dem tatsächlich so war, dann stellte sich die Frage: warum? Weitaus bedrückender war allerdings eine andere Sache: Was, wenn Aidan, was die Hunde betraf, recht hatte? Lucy konnte sich nicht vorstellen, warum jemand sie jagen sollte. Aber zum ersten Mal, seit sie die Senke mit den Weiden entdeckt und dort ihren Unterschlupf errichtet hatte, fühlte sie sich unsicher. Hier war es so warm und trocken, wie sie es nur hatte bewerkstelligen können. Auf sonderbare Weise hatte dieser Unterschlupf etwas Behagliches, vielleicht, weil er ganz allein ihr gehörte und weil er bewies, dass sie allein zurechtkam – ohne die anderen Menschen.
    Am Anfang war der Gedanke, allein zu sein, beängstigendgewesen. Dies war auch der Grund, warum Lucy ihr Elternhaus verlassen hatte und in die Stadt zurückgegangen war. Sie suchte jemanden, der ihr sagte, was sie nun anfangen sollte. Sie war blindlings durch die Gegend gelaufen, hatte versucht, ihre Erinnerungen an einzelne Straßen mit dem Schutt und der Verwüstung ringsum in Einklang zu bringen. Schließlich war sie eher zufällig einer Gruppe verängstigt dreinblickender Jugendlicher gefolgt, die offenbar irgendein Ziel hatten.
    Die Asyle, die nach der ersten und zweiten Welle der Epidemie eingerichtet worden waren, waren deprimierend und überfüllt mit Überlebenden, die nach Antworten oder Verantwortlichen suchten, die es aber nicht gab. Es mochte vielleicht fünf solcher Zentren geben, die man in leer geräumten Kirchen, Schulen und Sportstadien rund um das, was von der Stadt übrig war, eingerichtet hatte. Und sie sahen alle gleich aus: lange Reihen von Betten, flackerndes Röhrenlicht und zusammengekrümmte Leiber unter dünnen Decken. Die Menschen versteckten sich unter ihren Laken wie Kinder, die Angst vor der Dunkelheit haben. Lucy drängte sich die Erinnerung an ihre Eltern auf, wie sie sie zum letzten Mal gesehen

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