ePub: Der letzte Zauberlehrling
begrenzt, habe ich ein paar Möbelstücke nachbauen und auf alt trimmen lassen. Außerdem habe ich zusätzlich bei einigen Quellen eingekauft, die nicht ganz astrein waren.«
»Im Klartext heißt das: Du hast Antiquitäten gefälscht und Diebesware angekauft«, sagte Moriarty.
Nepomuk nickte. »Wie gesagt, es war eine Dummheit. Noch dümmer war, dass ich diese Stücke für viel Geld an einige einflussreiche Persönlichkeiten verkauft habe. Einer von ihnen hat den Schwindel entdeckt. So tauchte eines Tages Isidor Pathé bei mir auf.«
»Der Chef der Sicherheitspolizei?«
»Genau der. Mächtige Leute gehen nicht einfach zur Polizei. Sie wenden sich an diejenigen, die sie von ihren Empfängen und Zusammenkünften her kennen. Pathé bemühte sich persönlich zu mir und stellte mich vor die Wahl: Gefängnis oder Spitzeldienste.«
»Und du hast dich für das Spitzeln entschieden.«
Nepomuk schwieg. Die Antwort war offensichtlich. Fast tat er mir ein wenig leid, wie er so dahockte, nichts als ein Häufchen Elend. Aber dann erinnerte ich mich daran, dass er meine Gefährten wahrscheinlich in die Gewalt unserer Gegner gebracht hatte und Moriarty und ich es nur den Zauberkünsten des Magiers verdankten, noch in Freiheit zu sein.
»Woher wusste Pathé von meiner Ankunft?«, fragte Moriarty, der immer noch so aussah, als führe er eine belanglose kleine Plauderei. »Bist du zu ihm gelaufen und hast es ihm gesagt?«
Nepomuk schüttelte den Kopf. »Er tauchte vor einigen Tagen hier auf und informierte mich darüber, dass du die Insel verlassen hast und auf dem Weg hierher bist. Und zwar nicht zu einer Vergnügungsreise. Er habe Quellen in deinem Umfeld, sagte er, die ihn über deine Pläne informiert hätten.«
Moriarty zog die Augenbrauen hoch. »Sagst du das jetzt nur, um dich reinzuwaschen, oder ist es wirklich die Wahrheit?«
»Ich lüge nicht. Pathé wusste, dass ihr kommen würdet. Ich denke, er hat dich seit deiner Ankunft in Frankreich beobachten lassen.«
»Mir ist nichts aufgefallen. Aber ich habe auch nicht darauf geachtet, weil ich nicht mit einem Verrat gerechnet habe.«
Beide schwiegen.
»Was ich nicht ganz verstehe, ist, warum Pathé nicht einfach das Haus hat überwachen lassen«, sagte ich. »Dann hätte er uns doch ebenso gut gekriegt.«
»Da kennst du den Mann schlecht.« Nepomuk lachte freudlos. »Für ihn ist es eine persönliche Genugtuung, andere vor sich zu Kreuze kriechen zu sehen. Er will dich zu einer unmoralischen Handlung bringen, damit du auf dasselbe Niveau herabsinkst wie er. Denn wenn du etwas gegen deine Überzeugungen tust, dann wird dich die Schmach dein ganzes Leben lang nicht mehr loslassen. Das ist Pathés Ziel.«
Wir schwiegen einen Moment. »Und was machen wir jetzt mit Nepomuk?«, fragte ich schließlich. »Wir müssen schnellstens verschwinden. Wer garantiert uns, dass er das nicht sofort wieder der Polizei verraten wird?«
»Gute Frage, alter Knabe.« Moriarty stützte sein Kinn auf die Hände und blickte seinen Großcousin nachdenklich an. »Andererseits wird die Sicherheitspolizei hier sowieso irgendwann auftauchen. Spätestens dann, wenn Pathé erfährt, dass wir ihnen entwischt sind.«
Ich sprang auf. »Warum sitzen wir dann noch hier rum?«
»Keine Sorge. Die drei, denen wir entkommen sind, wissen nicht mehr, was geschehen ist. Ich habe ihnen ein wenig das Gehirn vernebelt, auch um den Journalisten zu schützen. Sie werden also noch immer denken, dass wir in der Stadt unterwegs sind, und uns suchen. Sie tauchen frühestens heute Abend hier auf.«
Er stemmte sich von seinem Sessel hoch und lief im Zimmer auf und ab, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. »Deshalb könnten wir Neppi einfach hierlassen. Er kann uns nicht mehr schaden.«
»Aber er könnte Pathé benachrichtigen, sobald wir zur Tür hinaus sind.«
Moriarty lächelte. »Außer dir und mir kann dieses Haus niemand verlassen. Dafür habe ich gesorgt.« Er stieß Nepomuk in die Seite. »Iss einen Keks, Neppi.«
Der Antiquar starrte den Magier verständnislos an. Dann nahm er langsam eine Biskuitrolle auf und biss zaghaft ein kleines Stück ab.
»Alles«, forderte ihn Moriarty auf.
Nepomuk verzehrte sichtlich widerwillig den Rest der Rolle. »Noch einen!« Der Magier setzte seine Wanderung fort. Erst als sein Großcousin ein halbes Dutzend Gebäckstücke vertilgt hatte, war er zufrieden. Es dauerte noch weitere fünf Minuten, bis Nepomuks Augen zufielen und sein Kopf zur Seite kippte. Moriarty
Weitere Kostenlose Bücher