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ePub: Der letzte Zauberlehrling

ePub: Der letzte Zauberlehrling

Titel: ePub: Der letzte Zauberlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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Scharlatan!« Er ruderte mit den Armen in der Luft herum, verlor das Gleichgewicht und kam ins Taumeln. Das Mädchen sprang an seine Seite, und er stützte sich auf ihrer Schulter ab, bis er seine Balance wiedergefunden hatte. Vorläufig, denn es war nur eine Frage der Zeit, bis er hinstürzen würde.
    »Nehmen Sie dann noch Lehrlinge an?« Ich hatte die Worte kaum ausgesprochen, da fragte ich mich schon, ob das, was ich gesagt hatte, wirklich so klug gewesen war. Prometheus mochte ein Zauberer Erster Klasse sein, in seinem gegenwärtigen Zustand war er lediglich ein Wrack. Was konnte ich von so jemandem schon groß lernen?
    Während die Aufmerksamkeit der Umstehenden auf den Alten gerichtet war, machte ich einen vorsichtigen Schritt zurück. Prometheus, der mir den Rücken zuwandte, fuhr herum und wäre beinahe wieder gestürzt. Er streckte den Arm aus und zeigte in meine Richtung.
    »Bu ... Bursche«, lallte er. »Hascht du eine Empfehlung?«
    Ich nickte unwillkürlich und verfluchte mich sofort dafür, denn jetzt war es noch viel schwieriger, mich aus der Affäre zu ziehen. Prometheus wankte auf mich zu. »Von wem?«
    »Von Gordius, einem Zauberer Fünfter Klasse.«
    Der Alte starrte mich wortlos an. Dann warf er den Kopf zurück und ließ ein gurgelndes Geräusch hören, das wohl ein Lachen darstellen sollte.
    »Go ... Gordiusch? Hah! Hah! Hah!« Sein Lachen ging in einen trockenen Husten über. Nachdem er sich wieder einigermaßen beruhigt hatte, machte er einen weiteren Schritt auf mich zu. Seine Augen funkelten, und für einen Moment schien es mir, als sei die Trunkenheit nur ein Schleier, hinter der sich ein messerscharfer Verstand versteckte.
    »Es gibt keinen Grund, sich über Gordius lustig zu machen«, sagte ich mit so viel Entschiedenheit, wie ich vermochte.
    »Ge … gewisch nicht.« Er musterte mich von Kopf bis Fuß. »Du bischt eingestellt. Komm!«
    Er drehte sich um und schlurfte, gestützt auf das Mädchen, dem Ausgang zu. Ich blieb stehen. Nach einigen Metern wandte er den Kopf. »Losch, Humpert!«, rief er. Agnetha lächelte mir aufmunternd zu. Ich lief zum Tisch zurück, holte meine Tasche und eilte hinter den beiden Gestalten her, die schon fast am Tor waren.
    »Losch, Humpert!«, grölte Ignatius mir nach. Seine Kumpane stimmten ein. »Losch, Humpert! Losch, Humpert!«, hallte es durch die Nacht, bis wir endlich außer Hörweite waren.
    Erneut fragte ich mich, ob ich wirklich die richtige Entscheidung getroffen hatte.

Fünftes Kapitel
    in dem Humbert erste Erfahrungen mit seinem neuen Meister macht
    I ch hielt mich ein paar Schritte hinter Prometheus und dem Mädchen, denn es war mir peinlich, mit ihnen zusammen gesehen zu werden. In gleichbleibendem Tempo zogen die beiden vor mir her.
    Es war ein schier endloser Marsch. Wir gingen durch schmale, nur schummrig beleuchtete Nebenstraßen, die mit Kopfsteinen gepflastert waren und in deren Häuserschatten sich schemenhafte Gestalten herumdrückten, die uns mit heiseren Stimmen zweifelhafte Angebote hinterherriefen. Wir kreuzten breite Hauptstraßen, auf deren Gehsteigen vornehm gekleidete Menschen im Licht der vielen Theater und Restaurants flanierten. Wir stiegen enge Treppen empor und überquerten kleine Brücken, unter denen sich der Mond im Wasser spiegelte.
    Schließlich erreichten wir ein Stadtviertel, das noch heruntergekommener aussah als die, durch die wir gelaufen waren. Prometheus und seine Begleiterin verschwanden in einer dunklen Toreinfahrt, die in einem ringsum von Häusern umgebenen Innenhof mündete. Im Mondschein erkannte ich eine schmale Holztreppe, die in einen Holzerker hineinführte, der einem der Gebäude vorgebaut war, und einen ziemlich windschiefen Eindruck machte. Die beiden hielten vor der Treppe. Prometheus kletterte als Erster die wackligen Stufen empor,wobei er nach jedem zweiten Schritt eine Pause einlegte. Als er fast ganz im Schatten verschwunden war, drehte sich das Mädchen zu mir um und winkte mir zu. Ich stand noch immer neben der Toreinfahrt.
    Noch hatte ich die Möglichkeit, einfach zu verschwinden. Ich brauchte mich nur umzudrehen und durch die Einfahrt auf die Straße zu laufen. Das Mädchen würde mich gewiss nicht verfolgen.
    Nur – wo sollte ich hin? Zu Papillon, wie meine unglücklichen Gefährten von vorhin? Das würde ein Eingeständnis meiner Niederlage bedeuten. Und Prometheus mochte ein Trunkenbold sein, aber er war immerhin ein Zauberer Erster Klasse, der mich als seinen Lehrling aufnehmen

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