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ePub: Der letzte Zauberlehrling

ePub: Der letzte Zauberlehrling

Titel: ePub: Der letzte Zauberlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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Zeit, groß darüber nachzudenken.
    »Bevor wir beginnen, solltest du deine Mitbewohner kennenlernen«, fuhr er fort. Er wies auf das etwa zehnjährige Mädchen, das, unbemerkt von mir, an den Tisch herangetreten war.
    »Das hier ist Samira«, sagte er.
    Sie machte einen Schritt nach vorn und deutete einen leichten Knicks an. Ich stand auf und streckte ihr meine Hand entgegen. »Freut mich, dich kennenzulernen, Samira.«
    Sie berührte kurz meine Hand und trat schnell wieder zurück. Dabei sah sie mich aus großen Augen an.
    »Samira ist stumm«, erklärte Prometheus. »Ihre Stimmbänder weisen keinen Defekt auf, aber sie will oder kann nicht sprechen. Dafür versteht sie umso besser.«
    »Ist sie … Ihre Enkelin?«, fragte ich, obwohl ich mir den alten, gebrechlich wirkenden Zauberer nur schwerlich als Großvater vorstellen konnte.
    »Sie ist der gute Geist unseres Hauses. Ohne sie würde hier alles zusammenbrechen.«
    Das war keine Antwort auf meine Frage, aber Prometheus schien nicht willens zu sein, sich näher zu erklären. Neugierig betrachtete ich das Mädchen.
    Der Alte klopfte dreimal auf den Tisch. Das, was ich für einen Mantel gehalten hatte, veränderte seine Position. Hinter dem Ofen tauchte zunächst eine spitze Schnauze auf, die sich vorsichtig nach vorne schob. Sie erinnerte mich irgendwie an einen Dackel, aber bei genauerem Hinsehen musste ich auch an einen Iltis denken, denn der Gesichtsausdruck hatte etwas Raubtierhaftes an sich, was so gar nicht zu einem kleinen Hund passen wollte.
    Ich zuckte unwillkürlich zurück, als das Wesen ganz um den Pfeiler herumgekommen war. So etwas hatte ich noch nie gesehen! Es kam mir vor wie eine Verhöhnung der Natur, denn der hundeähnliche Kopf saß nicht auf einem ebensolchen Körper. Es sah eher aus wie ein überdimensioniertes Eichhörnchen oder ein zu klein geratenes, buschiges Känguru. Es war einen guten halben Meter hoch und besaß einen langen buschigen Schwanz, den es in die Höhe gereckt trug. Sein Fell hatte die Farbe eines Nebeltages.
    Das Wesen kam auf seinen kleinen Pfoten, aus denen vorne schwarze Krallen herausragten, zu unserem Tisch. Prometheus legte ihm leicht die Hand auf den Kopf. »Das ist Lothar. Er ist ein Werhörnchen, der Einzige seiner Art.«
    »Ein Werhörnchen?«, fragte ich neugierig.
    »Er ist eigentlich ein ganz verträglicher Geselle, aber wenn Vollmond ist, überkommt es ihn und er muss ein paar kleinere Tiere töten und fressen.«
    »Kleinere Tiere, aha.«
    »Nichts Besonderes, lediglich Ratten, Mäuse und gelegentlich eine Katze«, sagte Prometheus beiläufig. »Ansonsten ist Lothar Vegetarier.«
    »Aha«, wiederholte ich. »Ein ungewöhnliches Haustier«, fügte ich nach einer kurzen Pause hinzu.
    »Ich muss doch sehr bitten«, protestierte eine tiefe Stimme.
    »Wie bitte?« Ich dachte, ich hätte mich getäuscht, denn weder Prometheus noch Samira hatten den Mund bewegt.
    »Ich bin kein Haustier, sondern ein vollwertiges Mitglied dieses Haushalts«, fuhr die Stimme fort. Jetzt erst erkannte ich, dass es das Werhörnchen war, das gesprochen hatte.
    »Es ... es kann sprechen?«, stammelte ich.
    » Es kann auch zubeißen«, erwiderte Lothar und machte einen Satz auf mich zu. Ich sprang zurück und stieß mir das Bein an der Tischkante.
    »Kleiner Scherz«, sagte das Wesen und verzog die Schnauze zu etwas, was wohl ein Grinsen sein sollte.
    Ich rieb mir den schmerzenden Oberschenkel. Wo war ich hier nur hineingeraten? Ein Zauberer, der dem Alkohol zusprach, ein stummes, rätselhaftes Mädchen und dann noch diese Kreatur, die eher lächerlich aussah, von der aber trotz ihrer geringen Größe etwas Bedrohliches ausging. Zumindest nahm ich das so wahr. Aber ich machte gute Miene zum bösen Spiel. »Kein Problem«, sagte ich und richtete mich wieder auf.
    Lothar beäugte mich mit schräg gelegtem Kopf. Ich beschloss, vor ihm auf der Hut zu sein. Zum Glück verzog er sich schnell wieder auf seinen Platz hinter dem Ofen. Es schien fast so, als wäre ihm meine Gegenwart ebenso unangenehm wie mir seine.
    »Warum haben Sie Ihre Zauber eigentlich nicht an Pompignac verkauft?«, wollte ich von Prometheus wissen. Diese Frage lag mir schon seit gestern Abend auf der Zunge.
    »Meister«, erwiderte der Alte.
    Ich blickte ihn verständnislos an. »Meister?«
    »Meister«, nickte er.
    Was sollte das nun wieder heißen? Welchen Meister meinte er und was hatte der mit Pompignac zu tun? Es war Samira, die mir zu Hilfe kam. Sie deutete mit dem

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