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ePub: Der letzte Zauberlehrling

ePub: Der letzte Zauberlehrling

Titel: ePub: Der letzte Zauberlehrling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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Finger erst auf mich, dann auf Prometheus. Ich errötete.
    »Entschuldigung, Meister«, sagte ich.
    Der Alte nickte gnädig. »Ich nehme an, du hast bei Gordius auch ein wenig die Theorie hinter der Zauberei studiert, oder irre ich mich?«
    »Das habe ich.« Eifrig bemühte ich mich, meinen Schnitzer von vorhin wieder wettzumachen. »Zauberei ist die Umwandlung von Energie von einer Form in die andere.«
    »Und woher stammt diese Energie?«
    »Sie umgibt uns überall.«
    Prometheus wackelte ungeduldig mit dem Kopf. »Nicht so allgemein, bitte.«
    Ich überlegte, was ich damals gelesen und von Gordius gehört hatte. »Eine der Hauptquellen für Zauber ist die Energie der Erde selbst.«
    »Richtig. Und was geschieht mit dieser Energie, wenn sie in einen Zauberspruch einfließt?«
    »Sie verwandelt sich?«, fragte ich zaghaft.
    Der Alte warf verzweifelt die Arme in die Luft. »Natürlich verwandelt sie sich! Aber in was ?«
    Mir war nicht klar, worauf er hinauswollte. Stumm starrte ich ihn an, gewiss ebenso verzweifelt wie er, falls das bei ihm vorhin nicht nur gespielt war.
    Prometheus seufzte. »Die Energie wird bei der Umwandlung in einen Zauberspruch zu einem Teil des Zauberers«, sagte er. »Zaubern bedeutet, dass wir mit dieser Energie auf eine bestimmte Art auf unsere Umwelt einwirken. Wenn ich also meine Zaubersprüche verkaufe, dann würde ich gleichzeitig auch diese besondere Energie verkaufen, die seit vielen Jahren einen Teil von mir darstellt.«
    »Sie meinen, die Zauberer haben einen Teil von sich selbst an Pompignac verkauft?«
    »Genau das haben sie. Viel war zwar von Anfang an sowieso nicht da, aber das Wenige haben sie auch noch verschachert.«
    »Aber wie geht das? Wie kann man etwas abgeben, das untrennbar zu einem gehört?«
    »Oh, das ist nicht schwer. Dazu benötigst du nur einen passenden Lösungszauber. Das ist so, als würde man dir einen Zahn ziehen. Der Zahn entspricht dem Zauber, die Zange dem Lösungszauber und das Geld, das Pompignac dafür bezahlt, dem Lachgas, das als Betäubungsmittel eingesetzt wird, damit man keinen Schmerz verspürt.«
    Das hörte sich alles überzeugend an. Und trotzdem konnte ich es mir nicht vorstellen. »Können sich die Zauberer ihre Zaubersprüche nicht wieder von Pompignac zurückleihen?«
    »Pah! Das ist genauso, als würdest du deine Seele verkaufen!«, ereiferte sich der Alte. »Selbst wenn sie dir der Teufel ab und zu für ein paar Tage wiedergeben würde, so wärst du dennoch ein Mensch ohne Seele. Und so ist das mit den Zauberern auch. Allesamt haben sie ihre Seelen verkauft. Jetzt befindet sich eine ungeahnte Macht in den Händen eines Mannes, der keine moralischen Bedenken kennt.«
    »Die Regierung wird das doch sicher kontrollieren, oder nicht?«, wandte ich ein.
    »Pompignac ist ein gerissener Hund. Ich war mit ihm zusammen auf der Akademie, und schon damals zeichnete er sich durch seine Skrupellosigkeit aus. Die Regierung glaubt vielleicht, ihn kontrollieren zu können, aber da täuschen sie sich!«
    Ob das stimmte? Prometheus und Pompignac hatten zur selben Zeit die Zaubererakademie besucht? Ich hatte den Alten für mindestens zwanzig Jahre älter gehalten als den Zaubereiunternehmer, den ich vor dem Grand Palais gesehen hatte. Doch bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, erhob er sich vom Tisch.
    »So, genug geredet. Nun zeige ich dir deinen Arbeitsplatz.« Prometheus winkte mir zu und ich folgte ihm eine schmale Treppe hoch. Sie führte in einen kleinen Raum, der auf den Innenhof hinausging. Er ragte zum Teil in den Holzvorbau hinein, durch den wir in der Nacht gekommen waren. Die Fenster waren schon lange nicht mehr geputzt worden und ließen nur ein trübes Licht herein.
    Das ganze Zimmer war ein einziges Tohuwabohu. Überall lagen Stapel von Büchern herum. Der Holztisch unter dem Fenster war mit Glasflaschen aller Größen bedeckt, von denen einige umgekippt waren und ihren Inhalt auf die Platte ergossen hatten. Dazwischen befanden sich schmutzverkrustete Apothekerwaagen, ein völlig verrußter Bunsenbrenner, angesengte Notizzettel, verbogene Messlöffel, ein zersprungener Mörser und Klumpen undefinierbarer Herkunft.
    Prometheus wühlte in einem Regal herum, das mit Schachteln, Dosen und Gläsern vollgestopft war, und zog schließlich eine schmale Röhre hervor, die eine gelbliche Flüssigkeit enthielt und mit einem Korken verschlossen war. Er hielt sie gegen das Licht und schwenkte sie leicht hin und her. Mit einem zufriedenen Lächeln

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