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ePub: Drachenhaut (German Edition)

ePub: Drachenhaut (German Edition)

Titel: ePub: Drachenhaut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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keinen Rückweg mehr, den sie finden musste.
    Sie hielten vor einem Gewölbe an, dessen niedriger Eingang mit einem dichten Vorhang vor Blicken geschützt war. Gwasila raffte den Vorhang einen Spaltbreit und ließ Lilya zuerst eintreten. Sie bemerkte, dass er sich noch einmal sichernd umschaute, ehe er den Kopf einzog und hinter ihr in das Gewölbe trat.
    »Tedus«, rief er laut und ließ noch ein paar Worte in seiner Sprache folgen.
    Aus dem rückwärtigen Teil des lang gestreckten, höhlenartigen Raumes erscholl eine Antwort. Die Stimme war rau und tief und ein Lachen klang in ihren Worten. Lilya mochte diese Stimme auf Anhieb.
    Der Mann, Gwasila, nickte ihr zu, und wieder las sie Verblüffung in seinem Blick. »Geh«, sagte er. »Tedus erwartet dich.« Er blieb mit locker herabhängenden Armen dicht hinter dem Eingang stehen. Lilya erkannte, dass er ihn zu bewachen dachte. Sie zögerte kurz, dann nickte sie ergeben und bahnte sich ihren Weg an Kisten und Regalen vorbei.
    Sie passierte eine zweite Türöffnung, die in einen kleinen, mit Teppichen und Kissen möblierten Raum führte. Auf einem Polster an der Rückwand thronte eine füllige Gestalt, die ihr freundlich zuwinkte. »Komm zu mir, kleine Schwester«, sagte die Frau. »Ich freue mich, dass du endlich da bist. Der Drache hat mich schon vor zwei Tagen auf deine Ankunft vorbereitet.«
    Lilya ließ sich sprachlos auf ein Kissen fallen und nahm den Becher Tee entgegen, den die Frau mit der tiefen Stimme ihr reichte.
    Der Tee war heiß und tat ihr wohl. Sie hatte seit dem Verlassen des Serails nichts mehr gegessen, und der Tee füllte ein wenig die Leere, die sie empfand und die mehr als nur Hunger oder Durst war.
    Sie betrachtete Tedus über den Rand ihres Bechers. Ihr Blick wurde freundlich und prüfend zugleich beantwortet. Die Frau hatte dunkelbraune Augen und ein flächiges Gesicht, das durch die dunkelblauen, grünen und orangefarbenen Tätowierungen etwas Maskenhaftes bekam. Als Tedus sich vorbeugte, um ihren Becher auf dem niedrigen Tisch abzustellen, fielen die Tücher auseinander, die sie um Kopf und Schultern drapiert hatte, und enthüllten einen Hals und ein Stück der Schultern, die ebenso gezeichnet waren, und auch auf den Händen und Handgelenken verschlangen sich farbige Zeichnungen zu augenverwirrenden Mustern.
    Lilya seufzte und ließ ihren Schleier vollständig auf die Schultern gleiten. Die Wüstenfrau nickte lächelnd. »Du bist die, auf die wir gewartet haben«, sagte sie in dem singend gefärbten Sardara, das die Wüstenleute sprachen. Sie hielt Lilya die Hand hin.
    Lilya ergriff sie und duldete, dass die Finger der Wüstenfrau über ihre Haut glitten und die Zeichnungen betasteten. Im Halbdunkel des kleinen Zimmers schienen sie zu schimmern wie helle Narben.
    »Wir müssen dich aus der Stadt bringen«, sagte Tedus. »Du musst lernen, deine Kräfte zu benutzen. Noch weißt du nicht viel darüber, habe ich recht?«
    Lilya schüttelte den Kopf. Sie wusste nicht, was die Frau meinte, aber sie ahnte es. »Ich habe einmal etwas beschworen«, sagte sie und machte eine Bewegung, als wollte sie etwas in die Luft zeichnen. »Es hat etwas bewirkt. Aber ich habe nur eine dunkle Ahnung davon, was die Zeichen vermögen. Ich beherrsche ihre Kraft nicht.«
    Tedus lächelte. Die Fältchen in ihrem Gesicht ließen die Tätowierungen tanzen. Lilya beugte sich nun ihrerseits vor, denn ihre Augen schienen ihr einen Streich zu spielen. Schimmerten die Zeichnungen im Gesicht der Wüstenfrau heller?
    Tedus ergriff schweigend ihr Handgelenk und zog Lilya nah an sich heran. »Sieh hin«, flüsterte sie.
    Lilya kniff die Augen zusammen. Sie hatte sich geirrt. Das waren keine Tätowierungen auf Tedus’ Gesicht. Sie konnte die Pigmente sehen, die sich in den Fältchen des Gesichtes und den Poren abgesetzt hatten. Da und dort waren Teile der feinen Zeichnungen ein wenig verwischt, wo Schweiß oder eine unachtsame Berührung sie zerstört hatten. Gesicht und Halsund auch die Hände und Arme der Frau waren sorgfältig bemalt worden, damit sie aussah wie eine der Tätowierten.
    Lilya hob den Blick und sah Tedus fragend in die Augen. »Warum?«
    Die Frau nickte. Sie befeuchtete einen Finger mit der Zunge und wischte sich über einen ihrer hohen Wangenknochen. Die farbigen Zeichnungen verschwanden, aber darunter kamen andere zum Vorschein. Blasser, weniger auffällig ‒ schimmernd wie Narben.
    Lilya schnappte nach Luft und wich zurück. »Du bist wie ich«, sagte

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