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ePub: Drachenhaut (German Edition)

ePub: Drachenhaut (German Edition)

Titel: ePub: Drachenhaut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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kleine Tatbirt war auch ein Drachenkind. Wenn man ganz genau hinsah, konnte man einige zarte Linien an ihrem Hals erkennen, aus denen später die Schnörkel und Kringel der Zeichnungen werden würden. Keine Narben. Keine hässliche, gerötete Haut, kein böses Auge.
    Lilya bemerkte, dass Gwasila sie ansah. Sie schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht zugehört. Was hast du gesagt?«
    »Die Drachenjäger werden bald wiederkommen«, sagte er. »Es wird Herbst. Der Shâya wird wie in jedem Jahr mit einer großenJagdgesellschaft hierherkommen. Das ganze Dorf wird gehen. Nicht nur du.«
    Lilya riss die Augen auf. »Alle?« Ihr Blick huschte zu dem alten Mann, der neben Tedus her auf das Versammlungshaus zuhumpelte, und sie dachte an die kleine Ultafa, die so schwer gestürzt war und immer noch nicht ohne Hilfe sitzen konnte. Wie sollten all diese Leute mit ihren Tieren, ihren Kindern und ihrer Habe den langen, beschwerlichen Weg durch die Wüste schaffen?
    Gwasila nickte bedächtig. »Nicht alle werden bis zu den Bergen gehen«, sagte er. »Wir haben ein Versteck auf der Hälfte der Strecke. Es ist ein Notquartier, aber besser das, als hier zu bleiben und sich töten zu lassen.«
    »Sie jagen doch nur solche wie mich«, wandte Lilya ein.
    Gwasila hob die Schultern. »Wenn bei der Jagd ein paar Sklaven abfallen, stört sie das auch nicht. Und manchmal jagen sie auch einfach alles, was aussieht wie ein Drache ‒ nur, dass sie den anderen Toten nicht die Haut abziehen.«
    Lilya erschauderte heftig. Gwasila hob die Hand zum Mund. »Verzeih mir«, sagte er. »Ich hätte das nicht sagen dürfen. Manchmal vergesse ich, dass du ein Drache bist, Lilya Banu.«
    Dieses Mal konnte sie über seinen Scherz nicht lachen. »Ich bin keine Banu mehr«, sagte sie heftig. »Ich bin eine von denen, die um ihrer Haut willen gejagt werden. Mein eigener Großvater war entschlossen, mich um meiner Haut willen einem Panther zum Fraß vorzuwerfen.«
    Der Wüstenmann machte eine abwehrende Geste. »Rakshasa«, sagte er. »Sie sind keine Feinde unseres Volkes.«
    Lilya schnaubte. »Amayyas ist kein Rakshasa«, sagte sie. »Er wurde verflucht. Er ist ein Mensch wie du.«
    Gwasila machte ein zweifelndes Gesicht. »Was ist der Unterschied?«, fragte er. »Rakshasa können wie Menschen aussehen, wenn sie es wollen.«
    »Aber sie sind Panther«, erklärte Lilya geduldig. »Panther, die wie Menschen aussehen können, sind etwas anderes als ein Mensch, der verflucht wurde, ein Panther zu sein.«
    Gwasila nickte langsam. »Du hast recht. Ich bin dumm, Lilya.«
    »Bist du nicht«, sagte sie. Seine zerknirschte Miene vertrieb ihr Unbehagen. Sie lächelte ihn vergnügt an. Er kniff ein Auge zu.
    Lilya begann zu lachen. »Du stellst dich nur dumm, um mich aufzuheitern«, sagte sie. »Gwasila, du bist raffiniert.«
    Er zog die Stirn in Falten und gab sich den Anschein, nicht zu verstehen, was sie meinte. Dann sah er mit zusammengekniffenen Augen über sie hinweg zum Versammlungshaus. »Sie warten auf mich«, sagte er. »Wir sehen uns nachher beim Fest. Hoffen wir, dass unsere Wetterfrau recht behält und der Sturm dort hinten vorüberzieht und das Dorf verschont.«
    Lilya hockte sich in den Schatten einer Hütte und sah zu, wie die Karawane sich nach und nach auflöste und dafür die Schar der Menschen wuchs, die Sitzgelegenheiten und kleine Tische mit Köstlichkeiten heranschleppten. Über allem lag der fröhliche Lärm eines Festes ‒ Kindergeschrei, Lachen, der quengelnde Ton einer Nasenflöte, das Scheppern von Geschirr und das Klirren, mit dem etwas zu Bruch ging. Klatschende Hände, stampfende Füße, Stimmen, die ein Lied anstimmten.
    Lilya grub ihre Finger in die Haare und leckte sich über die Lippen. Salz und Sand. Die Zeichen auf ihrer Haut begannen zu pochen und zu ziehen, als hätte sie einen Sonnenbrand. Sie wusste, dass die Male nun ganz schwach zu leuchten begannen.Man konnte es nicht sehen, wenn die Sonne so hell schien, aber im Halbdunkel einer Hütte war es so deutlich wie das Schimmern eines Glühwürmchens. Irgendetwas würde geschehen. Bald.
    Sie schabte nachdenklich mit den Fingern über ihre Unterarme. Die Male dort juckten wie Mückenstiche. Sie versuchte sich zu erinnern, welche Zeichen sie dort trug. Den Wetterzauber. Den Schutz gegen Ungeziefer. Die Verstärkung, den Bann und den Ruf ‒ alle drei Daeva-Zauber, die sie nicht beherrschte und auch nicht beherrschen wollte. Tedus hatte ihr in der kurzen Zeit, die sie gemeinsam hier im

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