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Equinox

Equinox

Titel: Equinox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
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Fernsehkommissar.
    »Der Käptn«, grunzte er mit einigem Gewicht, »wünscht bis morgen Mittag eine schriftliche Erklärung von Ihnen.«
    Und damit verließen wir die Kabine und eine Putzkolonne hielt Einzug.
    Während McNish geschockt davonwankte, die triefende Bibel mit spitzen Fingern auf Armeslänge von sich haltend, nahm unser Vorgesetzter uns beiseite. Am Arm, wie gewohnt.
    »Das war schnelle Arbeit«, knurrte er. Kam es mir nur so vor oder knurrte er es mit einer gewissen unterschwelligen Vieldeutigkeit? Schwer zu sagen. »Und der Schmuck ist auch wieder da, nach allem, was ich höre?«
    Jochen nickte. Und ich wusste, was jetzt kam. Oder glaubte, es zu wissen.
    »Und was den Reis angeht -«, begann ich hastig, doch Antonov winkte ab.
    »Nicht mehr euer Problem«, meinte er gelassen. »Ich habe mit dem Kapitän was anderes vereinbart. So ‘n Sack ist ja recht groß.«
    Er deutete den Umfang mit den Armen an und übertrieb, wie Männer es so tun. »Der muss ja irgendwo sein. Ich meine, etwas im Wert von fünftausend Dollar schmeißt man ja nicht über Bord, oder?« Er sah von Jochen zu mir, abwartend, ob wir die Vorstellung auch zum Lachen fanden.
    »War schön dumm«, sagte ich, damit er endlich weitermachte.
    »Also werden meine Jungs im Rahmen einer Übung einfach den kompletten Kahn danach absuchen.«
    Irgendwie war es auffällig, dass Jochen und ich nie mit in den Kreis seiner »Jungs« einbezogen wurden, doch das war es nicht, was mir die Socken feucht werden ließ, in diesem Moment.
    »Wir fangen an mit den Personal-Kabinen«, sagte Antonov.
     
    God didn ‘t make little green apples, and it don ’t rain in Indianapolis, umschmeichelte es die Dutzend und Aberdutzend von reglos ihr Mittagessen verdauenden Deckstuhlbeschwerern, die furzend und schnarchend die sonnige Windstille vor ausgerechnet unserer Kabine goutierten.
    Warum kann es nicht regnen?, dachte ich fahrig. Und wozu überhaupt Passagiere? Hatten wir nicht Ärger genug?
    Jochen hatte ich losgejagt, unauffällig herauszufinden, wie und wo mit der Suchaktion begonnen werden würde.
    Chicago, Chicago ‘s a wonderful taten, wurde mir versichert. Danach würde das gequälte Loco in Acapulco kommen, gefolgt vom impertinent fröhlichen Al-bu-quer-que, dann Frankieboy mit seiner Ode an The city that never sleeps, dann als Kontrast das eher schläfrige Ki-hingston Town und dann … Viva Las Vegas, genau! Ich kannte das verdammte Tape mittlerweile auswendig!, fiel mir mit heißer Empörung auf. Scuzzi! Wo war die Pfanne abgeblieben?
    Ich hatte Mühe, durchzukommen durch all die Stühle, all die Tischchen, all die Longdrinks. Hätten wir doch bloß eine Inboard-Kabine! Es war völlig undenkbar, den Leichnam während des Tages irgendwo anders hinbringen zu wollen, schon gar nicht, solange die Sonne schien, und die schien unaufhörlich auf die hähnchenbraunen Faltenbälge ringsrum. Hasserfüllt wünschte ich ihnen allen die Salmonellen ans Gedärm.
     
    Scuzzi kam gerade aus dem Bad, das schwarze Haar nach hinten gegelt, die immer ganz leicht urlaubgetönte Haut auf Seidenglanz gesalbt, summte die Melodie von draußen mit und trug um die Lippen dieses dünne, selbstzufriedene Grinsen, mit dem mich zu Hause schon immer die Katze wissen lässt, was sie im Grunde von mir hält. Zack, hatte ich ihn am Kragen.
    »Wann - wirst - du - dieses - Tape - wechseln?«, keuchte ich und schüttelte ihn durch dabei.
    »Bin ja schon unterwegs«, beschwerte er sich.
    »Gut.« Ich ließ ihn los. »Dann mach hin. Ich komm mit.«
    Er sah mich konsterniert an. Die Bordbeschallung wurde vom Studio des »Chagalle« aus bestückt, und Scuzzi kannte selbstverständlich meine Haltung zu seinem Arbeitsbereich. Zur Genüge kannte er sie.
    »Ich muss dein Angebot an Elvis-Soundtracks durchsehen. Und eine Vorauswahl treffen. Und gnade dir Gott, wenn du heute Abend etwas durcheinander bringst!«
    »Sag mal, hast du nichts Wichtigeres zu tun?«
    »Nein«, sagte ich und meinte es ernst.
    Ein kleiner Augenblick verging, in dem Scuzzi die Bedeutung meiner Worte klar wurde und er sich, nebenbei, die Schuhe anzog.
    »Das heißt mit anderen Worten: Du nimmst teil?«, fragte er dann und klang ungläubig. Kein Wunder, hatte ich doch vor nicht ganz dreißig Minuten noch laut und deutlich geschworen, keine Macht der Welt, keine wilden Pferde, wilden Hunde, wilden Schweine würden mich dazu bringen.
    Wortlos zeigte ich ihm das druckfrische Flugblatt mit der Ankündigung des Karaoke-Wettbewerbs

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