Er trank das ewige Leben
Mephistos, befreien sollte.
Im hinteren Teil des Innenhofes blieben wir stehen. Der Fackelschein erreichte uns nicht mehr. Die nähere Umgebung wirkte so düster wie alte Asche.
»Welche Seite nimmst du?« fragte Suko.
Ich deutete zur Nische hoch, wo ich Mephisto entdeckt hatte.
Mein Freund grinste. »Ich hatte mir schon gedacht, daß du dir die Rosinen herauspickst.«
»Ob sie es sind, weiß ich nicht.«
»Machen wir eine Uhrzeit aus, wann wir uns hier wieder treffen?«
»Nein.«
»Okay, du findest mich vielleicht auf meinem Platz. Wenn ich ihn stellen sollte und merke, daß sich tatsächlich ein Vampir hinter ihm verbirgt, wirst du es hören.«
»Die Beretta?«
»Wer sonst?«
»Okay, Alter, viel Glück!«
Dann trennten wir uns.
***
Mephisto stand in der Nische, schrie verhalten und ächzte zugleich.
Er hatte sich gezeigt, er hatte gelacht, und so war es in der großen Schau auch vorgesehen. Er hatte es nicht zum erstenmal getan, er wußte immer, wie er sich zu verhalten hatte, aber an diesem Abend war die Gier nach Blut bei ihm besonders schlimm.
Er spürte sie in seinem Innern wie einen heißen Strom. Lava rann durch seine Adern. Er war hin- und hergerissen, er war hungrig, und unter ihm saßen all die, die ihn sättigen konnten.
Sein Auftritt würde erst später erfolgen, und zwar dann, wenn auch das Publikum mit in das Spiel einbezogen war. Noch hatte er Pause, er lauerte nur als Drohung im Hintergrund, und er wollte diese Pause für seine Zwecke nutzen.
Blut, Menschenblut…
Er kicherte bösartig, als er dem Innenhof den Rücken zudrehte, um die Nische auf der anderen Seite zu verlassen. Geduckt kroch er aus ihr hervor, schaute in die Tiefe, wo es kein Licht gab und der Boden in dieser grauen Schwärze verschwand.
Aber eine Gestalt wie Mephisto kam auch bei Nacht zurecht. Das war schließlich seine Zeit. Den Weg fand er mit einer traumwandlerischen Sicherheit, landete mit einem letzten Sprung auf dem weichen Rasen, blieb noch in dieser hockenden Stellung und schaute sich um.
Ihn selbst umgab die Finsternis, aber weiter vorn, wo auch die Autos abgestellt waren, sah er einen Mann. Dort befand sich die Kasse, das wußte er, und er wußte auch, wer sich dort aufhielt.
Slim Abbot, der Manager und Agent.
Mephisto lächelte grausam.
Ein letzter Blick zum Himmel. Dort verteilte sich ein Meer aus dunklen und helleren Wolken und verdeckte einen Teil des Mondes.
Er war zufrieden.
Es war sein Wetter.
Es war seine Nacht.
Und vor ihm wartete das Blut…
***
Zwar kannte Slim Abbot die Schau, aber er würde sie sich trotzdem anschauen. Sie faszinierte ihn immer wieder, sie war nicht nur super gemacht, sie erlebte auch immer wieder eine tolle Steigerung, bis schließlich alles in einem furiosen Finale endete, wie es schauriger nicht sein konnte.
Das alles würde er später genießen. Zunächst einmal mußte er sich um die Kasse kümmern.
Der letzte Zuschauer hatte seinen Eintritt bezahlt, und Abbot war dabei, das Geld zu zählen. Auf die Geräusche im Innenhof der Burg hörte er nicht, er kannte sie, er kannte auch die Schreie und den Beifall und das oft hektische Lachen, das die Angst überwinden helfen sollte.
Die Leute heutzutage waren verwöhnt. Um so verwunderlicher war es selbst für Abbot, daß jeder Stuhl im Innenhof besetzt war. Es gab doch noch etwas, das die Menschen von der digitalen und oft für sie einsamen Haltung wegholte. Die Live-Show eben, wo die Figuren lebten, wo sie zum Greifen und zum Anfassen waren und nicht über irgendeinen Monitor wie fremde Wesen hetzten.
Die Kasse war gut gefüllt. Er würde das Geld mit in seinen Wagen nehmen und es den Leuten später auszahlen. Als Manager standen ihm zwanzig Prozent zu, das hatten sie abgemacht, daran würden sie sich auch halten. Er klappte den Deckel zu und schloß die Kassette ab. Dann nahm er den Griff in die rechte Hand und machte sich auf den Weg zu seinem Wohnmobil. Es war das kleinste, er brauchte auch nicht viel Platz, und er hatte es ebenso geliehen wie die anderen Wagen.
Die Fahrzeuge standen abseits, wo sie niemanden störten. Um sie zu erreichen, mußte er schon relativ weit gehen und die Burgruine umrunden. Nach einigen Schritten über den Grasboden blieb er stehen, weil er einfach das Gefühl gehabt hatte, von irgendeiner Gestalt verfolgt zu werden. Er ging trotzdem weiter, nun aber voller Spannung, blieb dann stehen und drehte sich blitzschnell um.
Nichts war zu sehen.
Es gab keinen Verfolger. Er war in der
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