Eragon 04 - Das Erbe Der Macht
den Springbrunnen unter ihnen gerichtet. »Wirst du zu Besuch kommen?«
»Ich werde es versuchen, aber … ich glaube eher nicht. Als Angela mein Schicksal voraussagte, meinte sie, ich würde niemals zurückkehren.«
»Oh.« Nasuadas Stimme klang belegt, als sei sie heiser. Sie drehte sich um und sah ihn an. »Ich werde dich vermissen.«
»Ich werde dich auch vermissen.«
Sie presste die Lippen aufeinander, als kämpfe sie mit den Tränen. Dann machte sie einen Schritt auf ihn zu und umarmte ihn. Er erwiderte ihre Umarmung und einige Augenblicke blieben sie so stehen.
Dann lösten sie sich voneinander und er sagte: »Nasuada, solltest du jemals genug davon haben, Königin zu sein, oder einen Ort suchen, an dem du in Frieden leben kannst, dann komm zu uns. Du wirst immer bei uns willkommen sein. Ich kann dich nicht unsterblich machen, aber ich kann dein Leben weit über die Spanne hinaus verlängern, die den meisten Menschen beschieden ist, und du würdest diese Jahre in Gesundheit verbringen.«
»Danke. Ich weiß das Angebot zu schätzen und ich werde es nicht vergessen.« Er hatte jedoch das Gefühl, dass sie sich niemals dazu überwinden könnte, Alagaësia zu verlassen, ganz gleich, wie alt sie wäre. Ihr Pflichtgefühl war zu stark.
Dann fragte er: »Wirst du uns deinen Segen geben?«
»Natürlich.« Sie nahm seinen Kopf zwischen beide Hände, küsste ihn auf die Stirn und fügte hinzu: »Mein Segen für dich und Saphira. Mögen Friede und Glück überall dort sein, wohin ihr geht.«
»Und mögen Friede und Glück auch mit dir sein«, erwiderte er.
Sie hielt sein Gesicht noch einen Moment in ihren Händen, dann ließ sie ihn los. Er öffnete die Glastür und ging durch ihr Arbeitszimmer hinaus. Sie blieb allein auf dem Balkon zurück.
EINE FRAGE DER EHRE
A
ls Eragon auf dem Weg zum Haupteingang des Gebäudes eine Treppe hinunterging, stieß er zufällig auf die Kräuterhexe Angela, die im Schneidersitz in der dunklen Nische einer Tür saß. Sie strickte etwas, was wie eine blau-weiße Mütze aussah, mit seltsamen Runen auf dem unteren Teil, doch er konnte nicht erkennen, was sie bedeuten sollten. Neben ihr lag Solembum, den Kopf auf ihren Schoß gebettet, während eine seiner schweren Pfoten auf ihrem rechten Knie ruhte.
Eragon blieb überrascht stehen. Er hatte die beiden nicht gesehen, seit – er brauchte einen Moment, um sich daran zu erinnern – seit kurz nach der Schlacht von Urû’baen. Danach waren sie wie vom Erdboden verschwunden gewesen.
»Sei mir gegrüßt«, sagte Angela, ohne aufzublicken.
»Sei gegrüßt«, erwiderte Eragon. »Was machst du hier?«
»Eine Mütze stricken.«
»Das sehe ich, aber warum hier?«
»Weil ich dich sehen wollte.« Ihre Nadeln klapperten mit schneller Regelmäßigkeit, faszinierend wie die Flammen eines Feuers. »Ich habe gehört, dass ihr Alagaësia verlassen werdet, du, Saphira, die Dracheneier und die Eldunarí.«
»Wie du es vorausgesagt hast«, gab er zurück, verärgert darüber, dass sie es schon herausgefunden hatte, obwohl dieses Geheimnis eigentlich gut gehütet werden sollte. Sie konnte ihn und Nasuada nicht belauscht haben – seine Schutzzauber hätten das verhindert –, und soweit er wusste, hatte niemand ihr oder Solembum etwas über die Existenz der Dracheneier oder der Eldunarí erzählt.
»Hm, ja, aber ich hätte nicht erwartet, dass ich dir tatsächlich Lebewohl sagen würde.«
»Wie hast du es erfahren? Von Arya?«
»Von ihr? Ha! Wohl kaum. Nein, ich habe meine eigenen Mittel und Wege, Erkundigungen einzuziehen.« Sie ließ ihre Stricknadeln sinken, schaute zu ihm auf und ihre Augen funkelten. »Nicht dass ich sie dir verraten würde. Ein paar Geheimnisse muss ich schließlich für mich behalten.«
»Pff.«
»Selber pff. Wenn du mir so kommst, frage ich mich, warum ich mir überhaupt die Mühe gemacht habe, herzukommen.«
»Entschuldige. Ich fühle mich einfach … nicht so gut.« Nach einem Moment fügte Eragon hinzu: »Warum wolltest du mich denn sehen?«
»Ich wollte Lebewohl sagen und dir viel Glück auf deiner Reise wünschen.«
»Danke.«
»Hm. Versuch, nicht allzu sehr in Grübeleien zu versinken, ganz gleich, wo du letztendlich landest. Und sieh zu, dass du oft genug an die Sonne kommst.«
»Das werde ich. Was ist mit dir und Solembum? Werdet ihr für eine Weile hierbleiben und ein Auge auf Elva haben? Du hast einmal gesagt, dass ihr das tun würdet.«
Die Kräuterhexe schnaubte auf eine sehr undamenhafte
Weitere Kostenlose Bücher