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Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Titel: Erbe des Drachenblutes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Thamm
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war zum obersten Ratssprecher gegangen und hatte ihm von Minas Plan erzählt. Mina wusste nun vom Orakel, und sie wollte unbedingt dorthin. Salvatorus war entsetzt. Jedem war klar, dass Jesa – die Verfluchte – nur Unheil brachte, und sie würde Mina sofort als das erkennen, was sie war: eine Drachentochter.
    »Mina«, rief er erneut hinter ihr her, »sie hasst alle Drachentöchter. Eine deiner Vorfahrinnen ist an ihrer Situation schuld, und keiner kann ihr helfen! Selbst wenn sie dich anhören würde, wird sie dich belügen und genau dorthin schicken, wo du nicht sein solltest!«
    Jetzt blieb Mina stehen. Sie blickte sich um. Gestern war ihre Mutter eingeäschert worden. Die Asche war feinsäuberlich aufgesammelt und in einer riesigen Urne zu den Grotten der Königswiege gebracht worden. An jenen Ufern waren schon viele Herrscher der Menschen, Elben und Schöpfungssänger beigesetzt worden, die umliegende Bucht galt als heilig. Nicht einmal die düstersten Kreaturen von Dra'Ira würden diese Ruhe stören.
    Mina hatte am gleichen Abend einen Konvoi aus Edelleuten aller Völker gesehen, die Samanthas Asche auf ihren letzten Weg begleitet hatten. Sie selbst jedoch hatte sich entschieden, in Tempelburg zu bleiben. Nachdem Nexus ihr von dem gebannten Orakel berichtet hatte, hatte sie die fixe Idee im Kopf: Sie musste zu Jesa und mit ihr reden. Und sie konnte sich nicht vorstellen, dass Jesa sie abweisen würde.
    »Lieber Salvatorus«, begann sie ruhig, »ich weiß deine Sorge wirklich zu schätzen, aber ich muss es versuchen. Jesas Bestrafung war zu hart und zu unmenschlich. Allein die Ausrottung ihrer ganzen Art hätte nie passieren dürfen. Ich habe Mitleid mit ihr, und wenn ich Mitleid mit ihr empfinden kann, dann kann sie es auch mit mir.«
    Salvatorus wirkte unglücklich. »Du kennst sie nicht, Mina. Du weißt nicht, welch böses und verbittertes Herz in ihrer Brust schlägt.«
    »Dann wird es eben Zeit, dass ich sie kennenlerne«, erwiderte Mina, schmunzelte und setzte sich wieder in Bewegung. Nexus hopste hin und her. Zwar hatte auch er Angst vor der Begegnung mit Jesa, aber er genoss den Optimismus, den Mina ausstrahlte.
    Sie hatten Tempelburg schon am frühen Morgen verlassen, und Mina genoss den kleinen Ausflug. Die Bäume rauschten im Wind, und der kleine, kaum sichtbare Trampelpfad vor ihnen war von Sommerblüten übersät. Blumen in Grün, Blau, Lila und Weiß bogen sich im sanften Luftzug und verbreiteten einen harmonischen Geruch. Mina atmete den Duft tief ein. Sie fühlte sich stark, stärker denn je, seitdem sie Dra'Ira betreten hatte. Etwas sagte ihr, dass der Besuch bei Jesa die richtige Entscheidung sein musste.
    Stunden vergingen, die Mittagssonne brannte inzwischen heiß auf ihre Köpfe nieder. Langsam war Essenszeit, und Mina bereute jetzt, dass sie Hals über Kopf aufgebrochen war. Sie hätten Pferde und Proviant mitnehmen können, aber Mina hatte es einfach zu eilig gehabt. Sie hatte sich nicht halten lassen wollen und war der Meinung gewesen, dass ein kleiner Spaziergang sicherlich nicht schaden konnte. Doch nun waren sie bereits einige Stunden unterwegs, und Salvatorus sowie Nexus waren weit zurückgefallen.
    Nexus hatte ihr erklärt, in welche Richtung sie gehen musste, und nachdem sie den kleinen Trampelpfad gefunden hatte, hatte sie schnell gemerkt, dass er genau in die richtige Richtung führte. Dafür, dass angeblich jeder das Orakel mied, war der Pfad gut ausgetreten. Sie hielt an, denn sie fühlte sich erschöpft. In der Ferne erkannte sie die Bergspitzen der Kette des Ohemes, das Reich der Zwerge.
    »Sieh doch! Dort ist der Eingang zur Höhle, wirklich!«, rief Nexus aufgeregt. Mina blinzelte verwundert. Sie standen auf einer Wiese, die links in einen Wald überging, aber von einer Höhle war nichts zu sehen. Nexus flitzte an ihr vorbei und bog nach rechts ab. Dort fiel die Wiese leicht ab. Mina folgte ihm und erkannte nur wenige Schritte vor sich ein Loch im Erdboden. »Das ist die Höhle des Orakels?«, fragte sie verwundert.
    »Ja! Ich habe Jesa selbst zwar noch nicht gesehen, aber ich war einst mit einem Düstersteinkobold hier, der auf meinen Ratschlag auch nicht hören wollte.«
    »Aber Düstersteinkobolde sind doch Feinde der Waldkobolde«, erwiderte Mina.
    »Na ja, meistens stimmt das, aber er war anders! Er kam einfach eines Tages in unsere Siedlung und erzählte uns, dass er sich ändern wolle. Er hatte sich von seinem Clan losgesagt, wollte bei uns leben. Doch es gab

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