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Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Erbe des Drachenblutes (German Edition)

Titel: Erbe des Drachenblutes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Thamm
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leben musste. Das Einzige, was ihnen blieb, war, dass sie sich aus dem Weg gingen. Sie betrachteten die Veränderungen in der Ewigkeit und ordneten sich ein. Nie wieder wollten sie sich gegenüberstehen.
    Äonen vergingen. Die Unendlichkeit veränderte sich stetig und wuchs, das Leben wandelte sich, bis es die ersten Funken von Intelligenz aufwies. Das Chaos erkannte die Entwicklung und erwachte aus seiner Lethargie. Es wollte etwas erschaffen, was all dem einen Sinn geben konnte, etwas, was selbständig denken und handeln konnte und sich weiterentwickeln würde. So erschuf es aus sich selbst heraus höhere Wesen mit Scharfsinn und Kreativität, damit sie gemeinsam mit ihrem Wissen die aufkommende Entwicklung in die rechten Bahnen leiten konnte. Sie waren die Ersten in der Ewigkeit, die Zwillingsgötter Nyx und Erebos sowie die Göttin Gaia.
    Nyx war die Göttin der Nacht, die auf dem Wind ritt und Dunkelheit wie Alpträume verbreitete. Es gab nichts und niemanden, den sie nicht das Fürchten lehren konnte. Erebos kam aus einer lichtlosen Ebene und war der Gott der Finsternis. Er wiederum erschuf Zwietracht, Verderben, Alter, Tod, Elend und viele weitere Übel. Beide verachteten die Ordnung und den Frieden und taten alles, um sie zu zerstören. Jene Einstellung war ein Erbe ihres Schöpfers und der maßgebliche Punkt, in dem sie sich von Gaia unterschieden. Sie war vollkommen anders. Als ausgleichende Kraft erschaffen, verehrte sie das Leben und alles, was Leben hervorbringen konnte. Sie sah sich selbst als eine Mutter, und sie kümmerte sich um ihre Schöpfungen mit Hingabe und Liebe, was so oft zu Streit zwischen ihr und den Zwillingen der Finsternis führte, bis sie sich dazu entschied, sich endgültig von ihnen abzuwenden und eine eigene Familie zu gründen. Das war der Grundstein einer ganzen Ahnengalerie von Göttern, Titanen und Zyklopen.
    Fast zeitlos verweilte Gaia in Frieden mit ihrer göttlichen Kinderschar, ohne ihren Geschwistern oder ihrem Erschaffer zu begegnen. Sie zog von einem leblosen Planeten zum nächsten und säte dort den Samen des Lebens. Das Spektrum ihres Ideenreichtums wurde zunehmend breiter, und gelegentlich verweilte sie Jahrtausende auf einem der Planeten, um dort Kontinente, Landschaften und Lebensformen zu kreieren.«
    Der alte Geschichtenerzähler fesselte seine Zuhörer mit einer solchen Intensität, dass alle völlig vergessen hatten, dass sie in einer gemütlich warmen Koboldbehausung auf dem Boden hockten. Selbst Mina fühlte sich, als schwebe sie inmitten des Geschehens und könne all das Erzählte mit eigenen Augen erblicken. Vieles kam ihr hierbei aber auch sehr bekannt vor. Die Menschen in ihrer Welt und die Bewohner von Dra'Ira kannten anscheinend die gleichen Götter. Zumindest trugen sie identische Namen und standen für dieselben Werte. So oft hatte sie schon Geschichten von `Gaia, der Göttermutter´ gehört oder gelesen, doch diese hier berührte sie im Innersten ihres Herzens. Als wenn die Geschichte ihre eigene wäre.
    Jetzt erst bemerkte sie, dass der alte Kobold weitergesprochen hatte. Er hustete und räusperte sich. In welchem Teil der Schöpfungsgeschichte war er angelangt?
    »Ihr endloser Weg führte sie und ihre Kinder zu einem Planeten, der glänzend rot im ewigen Schwarz verweilte. Als sie sich ihm näherten, erkannte Gaia, dass der Himmelskörper aus reinem, flüssigem Feuer bestand. Kaum eine Stelle der Oberfläche hatte seine Ruhe gefunden. Wie eine brodelnde Esse in der größten Schmiede des Lebens rumorte der Planet und wartete auf sein Schicksal. Vielleicht war er die größte Herausforderung, die Gaia je erblickt hatte, denn er bot die denkbar schlechteste Basis für ihre Vorstellung von Leben.
    Mutter, willst du tatsächlich mit dem Stück flüssigen Stein arbeiten? , fragte einer ihrer Söhne namens Okeanos. Er war der Gott des Wassers und einer ihrer engsten Vertrauten.
    Ja, mein Kind , antwortete ihm Gaia, und genau deine Aufgabe wird es sein, die Oberfläche zu gestalten. Lege du den Grundstein und ziehe die ersten Furchen, damit meine Saat später gut aufgehen kann.
    Gesagt, getan, glitt Okeanos in die Tiefe und stellte sich mitten in einen Vulkan. Dort verweilte er einige Jahrzehnte reglos. Als er dann seine Augen aufschlug, donnerten Ströme von Kälte und Wasser mit einer unvorstellbaren Urgewalt aus ihnen hervor. Es war der erste kleine Schritt in eine neue Welt.«
    »Dra'Ira«, flüsterte eines der Koboldkinder. Sein Mund stand offen, und

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