Erben der Macht
in dieser Welt verschlagen hatte. Sie lag in einer Wüstengegend, die dem Ursprungsterritorium der Ke’tarr’ha ähnelte. Offenbar hatte Reya ihrerseits ihren Leuten befohlen, sie hier in Ruhe zu lassen.
Dass sie nach über fünfzig Jahren vor seiner Tür stand, sagte ihm, dass sie ihn brauchte, und zwar dringend. Wahrlich, er sollte sie in alle Ewigkeit zappeln lassen; zumindest aber noch ein paar Jahre demütigen. Doch Reya würde sich nicht derartig demütigen, wenn nicht etwas auf dem Spiel stünde, das sehr viel schwerer wog als ihr Stolz. Und das konnte nur mit dem Einen Tor zu tun haben. Seit 208 Jahren Ortszeit versuchten sie vergeblich, einen Weg zu finden, die Magie zu brechen, mit der die Eingeborenen es damals geschlossen hatten. Das war selbst nach Kayápu-Zeit ein nicht unbeträchtlicher Zeitraum, der Mokaryon bereits daran zweifeln ließ, dass es ihnen jemals gelingen würde.
Nichtsdestotrotz war er neugierig, was Reya wollte. Er teleportierte zu ihr. „Was willst du?“
Er war nicht so dumm, sie in die Residenz zu lassen, denn dadurch würde er ihr uneingeschränkten Zugang gestatten. Zwar konnte er die Konditionierung, die für das Betreten erforderlich war, grundsätzlich wieder rückgängig machen, aber Reya besaß genug Macht, eben das zu verhindern. Und eine Py’ashk’hu Reyashai, die jederzeit seine Residenz betreten konnte, war ein Risiko, das er sich nicht leisten konnte, nachdem die Zahl seiner Clanmitglieder durch die vorangegangenen Auseinandersetzungen auf dreiundvierzig geschrumpft war.
„Ich habe herausgefunden, was erforderlich ist, um das Tor wieder zu öffnen“, beantwortete sie seine Frage.
Er grinste boshaft. „Was du ohne meine Hilfe offensichtlich nicht schaffst.“
Ihre roten Augen flammten wütend. Sie presste die Lippen zusammen und musste sich sichtbar beherrschen, um Mokaryon nicht zu schlagen, wie sie das mit ihren eigenen Leuten zu tun pflegte, um sich abzureagieren. „Nein. Weder du noch ich können das Tor öffnen. Kein kayápu kann das. Dennoch sind wir in gewisser Weise dafür erforderlich, dass es gelingt.“
Mokaryon gönnte ihr nicht die Befriedigung, zu fragen, was sie damit meinte. Er wartete, dass sie von selbst fortfuhr. Als sie es nicht tat, wandte er sich zum Gehen, um ihr zu demonstrieren, dass er nicht auf ihr Machtspielchen eingehen würde.
„Was weißt du über Liebe?“
Er drehte sich wieder zu ihr um. „Was?“ Hatte der Aufenthalt in dieser Welt ihren Verstand getrübt? Mokaryon hatte schon am eigenen Leib festgestellt, dass die Atmosphäre und die metaphysische Struktur dieser Welt seine Kräfte beeinträchtigten. Sie waren hier nicht annähernd so stark wie in seiner eigenen Welt. Wenn er das vorher gewusst hätte, wäre er nie hierhergekommen.
„Liebe“, wiederholte Reya und schürzte verächtlich die Lippen. „Das ist eine von diesen widerlichen Schwächen der Menschen. Sie strahlt eine besondere Energie aus, und die habe ich auch an dem Tor wahrgenommen. Komm mit und sieh es dir selbst an.“
Eine Falle! Sie wollte ihn garantiert in eine Falle locken, andernfalls sie ihn kaum in ihre Residenz lassen würde. Aber ihre Einladung abzulehnen, würde ihn erneut zum Gespött machen. Allerdings hatte Reya nichts davon, wenn sie ihn nach so langer Zeit tötete. Außerdem hätte sie sich nie vor ihm gedemütigt, indem sie ihn aufgesucht hätte, wenn sie ihn nur in eine Falle locken wollte.
„Ich sehe es mir an“, stimmte er zu.
Reya nahm seine Hand und teleportierte unmittelbar vor das Tor. Sie setzte einen Zauber ein, der die magische Struktur des Tores sichtbar machte in Form von Energiefäden, die miteinander verwoben waren und ein Geflecht bildeten, das nur Wesen wie die kayápu lesen konnten. Mokaryon studierte die Fäden, besonders die, die das Öffnen des Tores blockierten. Es handelte sich um nur fünf Stränge, die miteinander verwoben waren. Mokaryon hatte schon erheblich kompliziertere Blockierungszauber gesehen. Jedoch keinen, dessen Komponenten auch nur entfernt diesen ähnelten.
„Hier.“ Reya deutete auf einen Strang, der dicker war als die anderen vier und golden schimmerte. „Und nun sieh dir das an.“
Sie wandte einen Bringzauber an. Im nächsten Moment hockten zwei Menschen vor ihnen, ein Mann und eine Frau, die einander eng umschlungen hielten.
„Sieh dir ihre Emotionen auf magischer Ebene an“, riet Reya.
Mokaryon tat es und sog nebenbei die Angst der beiden in sich ein, die köstlich schmeckte und
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