Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erben der Macht

Erben der Macht

Titel: Erben der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mara Laue
Vom Netzwerk:
Magie es jedem, der es durchschreitet, ermöglicht, auf der anderen Seite zu leben, selbst wenn das nicht in seiner physischen Natur liegt. Außer der Prophetin, der Seherin, wie der Gelehrte sie genannt hat. Aber die Prophetin offenbart nicht alles, was sie weiß. Mit Sicherheit haben unzählige Dämonen sie aufgesucht, um die Lage des Tores zu erfahren. Wenn es stimmt, dass der Gelehrte sie zurate gezogen hat – und daran zweifle ich nicht –, dann hat sie gesehen, was mit beiden Welten passieren würde, wenn es gelingt, das Tor zu öffnen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Wissen um diese Folgen sie dazu veranlasst hat, die Lage niemandem preiszugeben.“
    „Aber wie haben Reya oder Mokaryon oder beide dann das Tor gefunden?“, wollte Devlin wissen.
    Gressyl runzelte die Stirn und dachte sichtbar angestrengt nach. Schließlich schüttelte er den Kopf. „Das ist so lange her, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich mich noch korrekt daran erinnere. Es begann, glaube ich, damit, dass Reya diese Welt immer öfter durch einen magischen Spiegel beobachtete“, er deutete auf den Spiegel, „und von ihr fasziniert war. Die Angst der Menschen und ihre verglichen mit der dämonischen sehr niedrige n Schmerzgrenze, ließ wahrscheinlich in ihr das Verlangen entstehen, diese bequeme Nahrung, die sich gegen uns kaum wehren kann, in Besitz zu nehmen. Jedenfalls wurde irgendwann ihre Begierde, in diese Welt zu gelangen, so stark, dass sie sich auf der Suche nach dem Einen Tor machte.“
    „Konnte sie kein anderes Tor benutzen?“, fragte Devlin.
    „Nein. Die anderen Tore – die meisten sind inzwischen unwiederbringlich zerstört oder für immer versiegelt – können entweder ausschließlich von dieser Seite aus geöffnet werden, oder das Öffnen erfordert eine sehr starke Magie, zu der nur wenige Dämonen fähig waren und sind. Und es gibt noch weniger Dämonen, die ohne ein solches Tor in der Lage sind, zwischen den Welten zu wechseln. Zum Glück für die Menschen haben nur vergleichsweise wenige von denen ein Interesse an dieser Welt, sodass nur selten welche hierhergekommen sind.“
    „Glück in der Tat“, meinte Devlin. „Wenn ich mir vorstelle, was die hier alles angerichtet hätten …“ Er schüttelte den Kopf.
    Bronwyn runzelte die Stirn. „Aber wenn es Dämonen gibt, die uneingeschränkt zwischen den Welten wechseln können, warum haben Reya und Mokaryon nicht einen von denen dazu gebracht, sie hierher zu bringen?“
    Gressyl grinste. „Du denkst zu menschlich, Bronwyn. Vielmehr kennst du die Gepflogenheiten der Dämonenwelt nicht. Wer uneingeschränkten Zugang zu dieser Welt hat, besitzt Macht, die er mit niemandem teilt; zumindest nicht freiwillig. Das ist der eine Grund, warum kein Dämon, der dazu fähig ist, nach Belieben zwischen den Welten zu wechseln, einen anderen Dämon hierher bringen würde. Ein anderer Grund ist, dass ein Dämon, der die Hilfe eines anderen braucht, um ein Ziel zu erreichen – zum Beispiel, hierher zu gelangen –, damit eine Schwäche offenbart, die jeder seiner Feinde gnadenlos ausnutzen würde. Und glaubt mir, es gibt keinen Dämon, der keine Feinde hätte. Im Gegenteil. In der Unterwelt entscheidet unter anderem die Zahl und Gefährlichkeit deiner Feinde über deine Stellung in der Hierarchie, vor allem aber über dein Prestige. Zu guter Letzt würde ein solches Ersuchen bedeuten, dass der betreffende Dämon um Hilfe bittet. Und ein Dämon, der um Hilfe bittet, ist das Gespött und die Schande der ganzen Unterwelt; außerdem wäre er von dem Moment an legitimes Freiwild. Man schmiedet allenfalls Allianzen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Mehr nicht.“
    Bronwyn schüttelte den Kopf. „Was für eine Welt!“
    „Du würdest sie als normal empfinden, wenn du in ihr aufgewachsen wärst. Dann käme dir diese Welt völlig fremd vor.“
    Gegenwärtig tat sie das sowieso, wie Devlin wusste. Bronwyn fühlte sich momentan weder hier noch anderswo zuhause. Ihre Psyche war nicht nur deshalb gefährlich destabilisiert. Sie hatte in den wenigen Wochen seit ihrem dreiunddreißigsten Geburtstag so viel erlebt, erfahren und verkraften müssen, dass es selbst den in sich gefestigtsten Menschen umgehauen hätte. Das machte ihm ein weiteres Problem bewusst. Für das Ritual, das sie beide am Sonnenwendtag durchführen mussten, war es zwingend erforderlich, dass sie beide ihr inneres Gleichgewicht besaßen. Er hatte keine Ahnung, was passierte, wenn Bronwyn dann immer noch

Weitere Kostenlose Bücher