Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition)
wissen, was sie taten, wenn sie allein waren, aber das heiterte ihn auch nicht unbedingt auf.
Jaden wollte gerade eine abfällige Bemerkung machen, aber Lily kam ihm zuvor.
»Das haben wir bereits geklärt. Jaden grübelt nicht. Jaden denkt. Und da ich ihm bereits gesagt habe, dass ich ihn in Ruhe weiterdenken lasse, gehe ich jetzt und erledige ein paar Anrufe. Wenn wir demnächst beim Rat eine Petition für ein eigenes Territorium einreichen wollen, müssen wir uns noch ein bisschen besser organisieren.« Sie zog die Nase kraus. »Wenn die Dracul nicht wären, müsste ich glatt die Shades um Hilfe bitten. Das würde einen prima Eindruck machen … wobei das vermutlich zu diesem Zeitpunkt auch schon egal ist.«
»Damien könnte das bestimmt für dich einfädeln«, sagte Jaden grinsend. Sein Blutsbruder hatte sich dem Schicksal als Ptolemy-Sklave entzogen, indem er im berüchtigten Haus der Schatten Karriere als Dieb und Mörder gemacht hatte. »Er kann gut mit dem Meister der Shades. Und sie wissen alles Mögliche über die Blaublute, die du gegen sie verwenden könntest.«
»Mit Erpressung habe ich nichts am Hut«, erwiderte Lily. »Und ich habe keine Lust, unseren Blutnachschub auf Gift hin untersuchen lassen zu müssen. Wie auch immer, die Pflicht ruft. Bis später.« Sie gab Ty einen flüchtigen Kuss, winkte Jaden zum Abschied und machte sich auf den Weg nach unten zu ihrem Büro.
Ty sah ihr hinterher, und sein Blick sprach Bände.
»Sie ist müde«, sagte er leise. »Verdammte Arsinöe. Dass Lily ihr das Leben gerettet hat, reicht ihr nicht. Sie muss trotzdem noch beweisen, dass ihre Dynastie die einzige von Bedeutung ist.«
»Das wird sich schon noch klären«, entgegnete Jaden. »So oder so. Das wissen wir doch beide.«
Ty nickte, dann richtete er den Blick wieder auf Jaden. Jaden fiel auf, dass Lily nicht die Einzige war, die müde aussah. Dass er sich hier aufhielt, trug noch zusätzlich zu ihren Sorgen bei. Sie hatten auch so schon genügend um die Ohren, auch ohne jemanden, der ganz oben auf Arsinöes Liste der meistgesuchten Vampire stand.
Vielleicht war es das Beste, die Stadt eine Zeit lang zu verlassen.
»Also, wem sollen wir denn nun die Hammelbeine lang ziehen?«, fragte Ty, der sich ein wenig zu entspannen schien.
Jaden verdrehte die Augen und kicherte.
»Niemandem. Aber du und deine Frau, ihr seid so erpicht darauf, dass ich mir wahrscheinlich was aus den Fingern saugen sollte, damit ihr losstürzen und meine Ehre verteidigen könnt.«
Mit Ty zu reden, war für Jaden deutlich einfacher, denn Ty war für ihn fast wie ein Bruder. Ty hatte ihn in seinen Anfangszeiten bei den Ptolemy unter seine Fittiche genommen. Er würde die Schwierigkeiten verstehen, die diese Situation mit sich brachte, im Gegensatz zu Lily, für die in der Vampirwelt noch alles neu war. Zwischen den Rassen der Nacht gab es tiefe Gräben. Ihm tat es fast leid, dass Lily das alles würde lernen müssen, um einen Weg durch dieses Minenfeld zu finden. Schon jetzt lagen viel zu viele Fallstricke auf ihrem Weg. Vielleicht war es besser, wenn sie nicht erfuhr, woher die Halskette stammte. Das würde ihr nur zusätzliche Sorgen bereiten, und das war das Letzte, was Jaden wollte.
Lily und Ty waren seine Familie, das wurde Jaden immer klarer. Er hatte vergessen, was für ein Segen – und gleichzeitig Fluch – Familie bedeuten konnte.
Jaden richtete den Blick wieder auf Ty, sah, wie ernst dieser ihn musterte, und beschloss, sich nicht länger zu zieren. »Wenn ich dir erzähle, was los ist, lässt du mich dann in Frieden?«
»Wahrscheinlich nicht.«
Jaden versuchte gar nicht erst, sein Lächeln zu unterdrücken, obwohl es bestimmt so müde wirkte, wie er sich die letzten beiden Nächte gefühlt hatte. »Wenigstens bist du ehrlich. Also gut. Als ich gestern Nacht unterwegs war, bin ich einer Frau begegnet, die gerade … Schwierigkeiten mit einem Mann hatte, mit dem sie nichts zu tun haben wollte. Ich habe mich des Problems angenommen, aber sie war, sagen wir es mal so, nicht gerade dankbar. Sie ist so schnell wie möglich abgehauen und hat dabei ganz vergessen, dass der blöde Kerl ihre Halskette auf den Boden geworfen hatte. Deshalb habe ich sie jetzt.«
Ty streckte die Hand vor. »Hm. Schauen wir sie doch mal an.«
Widerwillig händigte Jaden ihm die Kette mit der Scheibe aus. Ob Ty sie wohl wiedererkennen würde? Sein Freund betrachtete die Scheibe genau und drehte sie dann um.
»Ganz schön alt. Auf jeden Fall
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