Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition)

Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition)

Titel: Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kendra Leigh Castle
Vom Netzwerk:
brach mitten im Satz ab, schüttelte den Kopf und lächelte kläglich. Lyra, deren Neugier geweckt war, hoffte, er würde weiter erzählen. Wieso war es anfangs hart gewesen? Woher stammte er? Wo war er gewesen? Nicht, dass das eine Rolle spielen würde, redete sie sich selbst ein. Aber man konnte leicht vergessen, dass Jaden vor ein paar hundert Jahren ein richtiger Mensch gewesen war und sein Leben ganz anders geplant hatte, als es schließlich verlaufen war.
    »Warst du ein Landei?«, fragte sie. Er zögerte, nickte dann langsam.
    »Somerset. Damals bin ich nicht einmal bis London gekommen. Inzwischen allerdings … bin ich überall gewesen.« Er schob die Hände in die Jackentaschen und krümmte sich leicht zusammen, was Lyra mittlerweile als Abwehrhaltung kannte. Er wollte das Thema nicht vertiefen. Sie vermutlich genauso wenig, dachte Lyra, wenn sie alles verloren hätte und noch einmal bei null hätte anfangen müssen.
    Leute zu trösten, war keine ihrer angeborenen Gaben. Aber Jaden versuchte sie schon zu trösten, noch ehe ihr überhaupt bewusst war, was sie da tat.
    »Na ja, die englische Provinz ist das hier nicht, aber es hat was. Ich würde an keinem anderen Platz leben wollen«, sagte sie.
    Der Anflug eines Lächelns umspielte seine Lippen, völlig anders als das respektlose Grinsen, das er eben noch gezeigt hatte. Ein launisches Wesen, folgerte Lyra. In der einen Minute spöttisch, in der nächsten wehmütig. Er überraschte sie immer wieder.
    Noch ein Punkt, der ihr wider besseres Wissen gefiel.
    »Das Gefühl kenne ich«, sagte Jaden, und damit war das Thema für ihn offenbar erledigt.
    »Also schön. Warum erklärst du mir nicht zunächst diesen mysteriösen Vorgang, damit ich kapiere, worin diese Prüfung nun genau besteht.«
    Lyra nickte und versuchte, dankbar zu sein, dass sich das Gespräch weg vom Persönlichen wieder hin zum Sachlichen wendete.
    »Okay, komm mit.« Sie ging ein paar Schritte auf ihn zu, dann durchquerten sie nebeneinander den Park. Das junge Grün der Bäume und das Gras strahlten selbst in der spärlichen Beleuchtung der eisernen Laternenmasten, die in unregelmäßigen Abständen aufgestellt waren, eine besondere Kraft aus. Die Luft roch nach feuchter, fruchtbarer Erde und nach Frühling.
    Sie deutete nach rechts, wo sich das Gelände auf eine große, ebene Fläche hin senkte. Weiße Tore erhoben sich aus dem Boden wie Gespenster. »Da ist der Fußballplatz. Wir benutzen ihn nicht jeden Monat für das Vollmondfest. Das würde die Dinge … ein wenig zu offensichtlich machen. Aber es war seit jeher der Platz für die Prüfungen.«
    Jaden schnaubte. »Was alles andere als offensichtlich ist. Was habt ihr denn mit den Menschen vor, die in der Stadt leben, wenn es hier losgeht? Sperrt ihr sie in ihre Wandschränke ein?«
    Jetzt musste Lyra kichern. »In der Stadt gibt es keine Menschen, Jaden. Wenn Wölfe sich niederlassen, dann gründlich. Außerdem können sie uns spüren. Unterbewusst wahrscheinlich. Offenbar bewahren ihre Überlebensinstinkte die Menschen davor, eine Stadt voll natürlicher Feinde zu betreten. Sie zu jagen, mag jetzt gesetzlich verboten sein, aber das war nicht immer so, und etwas in ihnen erinnert sie daran.«
    Ihr Lächeln erstarb, als sie an ihren Cousin und seine Speichellecker im Rudel dachte, Wölfe, die die Uhren um einige Jahrhunderte zurückdrehen wollten. Natürlich hatte er nie offen zugegeben, wieder auf Menschenjagd gehen zu wollen – das würde das Ende all seiner Führungsansprüche bedeuten, egal wie stark er war –, aber seine Haltung Menschen gegenüber war einfach abstoßend.
    Falls Eric Black sein Ziel erreichen sollte, würde seine Regentschaft kein goldenes Zeitalter einläuten.
    Sie schob diesen verstörenden Gedanken beiseite. »Jedenfalls, auf der anderen Seite der Stadt liegt ein riesiger Acker, der für die Vollmondfeierlichkeiten besser geeignet ist und viel besser für das Leuchtfeuer. Der Wald hier ist ideal für die Prüfung. Auch die Wasserfälle sind nur wenige Meilen entfernt.«
    »Und wieso ist das bedeutsam?«
    »Weil dort mein Vater den Talisman verstecken wird, der das neue Alphatier bestimmt. Schau, es ist eigentlich ganz einfach. Wir rennen alle durch den Wald zu den Wasserfällen und versuchen, den Talisman zu erschnüffeln. Wer ihn findet, bringt ihn zurück. Auf zwei oder vier Beinen, egal. Alles ist erlaubt.«
    »Aha«, sagte Jaden in einem zweifelnden Ton, der Lyra gar nicht gefiel. »Im Grunde genommen ist das

Weitere Kostenlose Bücher