Erben des Blutes: Verborgene Träume (German Edition)
jetzt nicht gegen dich gerichtet.« Nachdenklich tunkte er einen weiteren Fisch in die Soße. »Vermutlich hätte ich gar nicht erst drauf eingehen sollen, als ihr Vater versucht hat, sie zur Heirat mit mir zu überreden.«
Jaden verschluckte sich an dem Bier, das er gerade trank, und fing an zu husten.
Simons Mund verzog sich zu einem zynischen Lächeln. »Ja, so ähnlich hat sie auch reagiert«, sagte er.
Als Jaden endlich wieder sprechen konnte, klang seine Stimme ein wenig rau und gepresst. »Ihr solltet miteinander verheiratet werden?«
Simon zuckte mit den Schultern. »Es war eher ein Vorschlag. Allerdings ein Vorschlag, den man kaum ablehnen konnte. Du weißt ja, wie Dorien ist, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat. Wenn Lyra nicht genauso stur wäre wie er, hätte ich längst einen Ring am Finger, ohne recht zu wissen, wie er dahingekommen ist.«
Simons niedergeschlagener Gesichtsausdruck ließ Jaden zweifeln, ob der Wolf wirklich so unglücklich darüber gewesen wäre. Sein Magen schnürte sich unangenehm zusammen. Er rief sich ins Gedächtnis, dass es bei den Wölfen ganz anders zuging als bei den Vampiren und dass Lyra nun mal über kurz oder lang den einen oder anderen Werwolf heiraten würde.
Aber einem der vorrangig infrage kommenden Anwärter gegenüberzusitzen, machte die Sache nicht gerade besser.
»Ich weiß nicht, wie man eine Frau wie Lyra für sich gewinnen könnte«, sagte er schließlich vorsichtig. Falls Simon ihn eingeladen hatte, um ihn über Lyras Gefühle auszuhorchen, wollte er damit nichts zu tun haben.
Simons Lachen trug nicht gerade dazu bei, seine Anspannung zu verringern. »Dann geht es dir wie mir. Aber selbst wenn ich es gewusst hätte … glaub mir, es hätte trotzdem nicht geklappt. Lyra und ich … so war es einfach nie zwischen uns. Damals, als wir Teenager waren, habe ich mir das durchaus manchmal vorgestellt. Ich bin schließlich nicht blind, und blöd bin ich auch nicht. Aber es hätte nicht gepasst. Als Freunde verstehen wir uns bestens. Darüber hinaus nicht so sehr.«
Bei Simons Worten entspannte Jaden sich wieder ein bisschen, obwohl sie derart auswendig gelernt klangen, als hätte Simon sie sich so oft vorgebetet, bis er selbst glaubte, was er sagte. Dass Lyra kein Interesse an ihm hatte, leuchtete Jaden sofort ein. Aber Simon erschien ihm ein bisschen zu fürsorglich und zu interessiert, um nur ein platonischer Freund zu sein. Dennoch würde Jaden nicht versuchen, ihm seinen Standpunkt auszureden, zumal ihm dieser durchaus gelegen kam.
»Immerhin seid ihr Freunde geblieben«, sagte er. Er konnte sich nicht vorstellen, wie Simon das all die Jahre ausgehalten hatte. Jaden hätte niemals derart viel Zeit mit Lyra verbringen können, ohne sie anzufassen. Das hatte er ja nicht mal zwei Tage lang geschafft. Jeder längere Zeitraum hätte ihn vermutlich dauerhaft in den Wahnsinn getrieben.
Simon machte ein nachdenkliches Gesicht und schnappte sich noch einen Fisch. »Ich hätte sie trotzdem geheiratet, versteh mich da nicht falsch. Dorien ist mein Alphatier, und es ist nie gut, sich mit ihm anzulegen. Außerdem kennen Lyra und ich uns schon ewig. Freundschaft ist ja für den Anfang nicht das Schlechteste, nicht wahr? Aber langfristig wären wir nicht glücklich miteinander geworden.«
»Wieso das?«, fragte Jaden, weil es ihn wirklich interessierte. Auf den ersten Blick – wenn er seine eigenen Gefühle mal hintanstellte – schien Simon gar nicht die schlechteste Wahl.
»Sie will das alles hier«, erwiderte Simon und machte eine ausladende Geste. »Lyra ist die geborene Anführerin der Thorn. Sie liebt diese Aufgabe. Sie liebt die Leute, den Ort, alles, was das Werwolfleben ausmacht, abgesehen von einigen, äh, geschlechtsspezifischen Problemen.« Er warf Jaden einen fragenden Blick zu. »Vielleicht hat sie die schon mal erwähnt. Oder auch nicht.«
Jaden rutschte unangenehm berührt auf seinem Stuhl hin und her. »Ich habe davon gehört. Woanders.«
Simon schien erleichtert zu sein, dass er sich nicht genauer dazu äußern musste. »Jedenfalls will sie Anführerin werden, und vielleicht würde sie auch das ein oder andere ändern, aber im Großen und Ganzen liebt sie alles, wie es ist: ein struppiges Wolfsrudel mitten im Niemandsland.«
»Und dir gefällt es hier nicht?«, fragte Jaden. Simons Worte zeugten von einer ziemlichen Geringschätzung. Dabei schienen sich die meisten Wölfe in ihrer kleinen Waldoase sichtlich wohlzufühlen. Tagsüber waren
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